Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
Vom Netzwerk:
sich mit der Hand über die Haare. »Ich weiß nicht, woher das Teil stammt. Das ärgert mich. Und noch sonst so das eine oder andere.«
    Seine Laune hatte sich sichtlich verschlechtert. Dennoch musste Bettina nach dem schmutzigen kleinen Geheimnis fragen. Jetzt oder nie. »Soviel ich gehört habe, besitzt das BKA eine alte Akte über Herrn Krampe. Noch aus den Sechzigern. Gibt es da nicht vielleicht einen Hinweis auf Kontakte zu kriminellen Organisationen? Auf Leute, die Zugang zu Waffen und Sprengmitteln haben?«
    Zack, fuhren die Rollläden herunter. Jaecklein richtete sich auf und tastete seine Brusttasche ab. Dann sah er sich suchend um, als säße er allein am Tisch.
    Treffer, dachte Bettina. »Diese Akte scheint interessant zu sein«, sprach sie gedehnt. »Immerhin hat sie Frau Syra in die Lage versetzt, den Ovid-Kodex in eine bestimmte römische Bibliothek zurückzuverfolgen.«
    Der Name Syra war zu viel. Jaecklein zog die Sonnebrille aus seinem Jackett und setzte sie auf. »Welche Akte?« fragte er obenhin.
    »Eine informative.« Bettina versuchte, die spiegelnden Gläser vor Jaeckleins Gesicht mit ihrem Blick zu durchdringen. »Die uns vielleicht verraten würde, was Krampe und Frau Oberhubers Mutter überhaupt zusammengeführt hat, damals in Rom. Und warum Angelina wirklich sterben musste.«
    »Es war ein Unfall.« Er stand auf.
    »Von dem das BKA noch nach vierzig Jahren eine Untersuchung aufgetrieben hat.«
    »Sie!« Jaecklein richtete seinen rechten Zeigefinger bedrohlich auf Bettina. Und seine Brillengläser auch. »Sie mit Ihren Haaren und Augen und Ihrem ganzen verdammten Getue! Nur weil Sie aussehen wie, wie – und weil Sie diesen Krampe und dann noch Kinder und ein Nikotinproblem haben, meinen Sie, dass Sie sich aufspielen dürfen! Sie wollen sich wichtigmachen! Sie wissen nicht wirklich, was Sie sagen, Sie raten und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein! Haben Sie nicht genug angerichtet?! Eine Kollegin ist gestorben! Eine – besondere! Wegen Ihnen! Schwätzerin!«
    Bettina starrte ihn an. Alle Umsitzenden starrten Jaecklein an. Er war sehr laut geworden, und die Stille, die ihn nun umgab, war umso tiefer.
    »Ach!«, schnaubte er böse, wandte sich ab und ging.
     
    Sie saß allein unter den Blicken. Dachte Bettina. In diesem Moment bezog sie alles auf sich: das Schweigen im großen hellen Speisesaal, dass irgendwer aufsprang, sogar das stumme Achtung!, das plötzlich durch den Raum ging. Nun erhoben sich mehr Umsitzende, es waren alles Kollegen. Leute, die wie sie nur darauf warteten, dass die Karawane weiterzog, der Fall gelöst wurde, Schneider aufgeben musste. Und erst als sie mehrere Telefone gleichzeitig klingeln hörte und eine ganze Gruppe Polizisten gestikulierend zum Ausgang laufen sah, merkte sie, dass etwas passiert sein musste. Sie stand auf und folgte der Herde. Das Geschirr ließ sie stehen.
    Draußen war es dunkel und kalt. Vereinzelt begannen Kollegen zu rennen. Jaecklein war schon weit vor ihr und sprach in sein Handy. »Was ist passiert?«, fragte Bettina einen langsameren Uniformierten, der neben ihr hertrabte.
    »Die Tochter ist kollabiert«, sagte der und lief zu.
     
    Rund um den Bus stand alles voll mit Einsatzfahrzeugen. Ihre Lichter blinkten unternehmungslustig. Bettina quetschte sich durch die Massen. Die Tür des Busses war geöffnet, im Innern sah sie Ebert an seinem Schreibtisch stehen. Er brüllte das Mikrofon an. Der Psychologe legte ihm die Hand auf die Schulter. Irgendwer packte Bettina am Arm, sagte: »Da sind Sie ja!«, und zog sie in den hell erleuchteten Bus. Dann wurde die Tür zugeknallt.
    »Geh dran, du Hund!«, schrie Ebert indessen. »Verdammt noch mal, Schneider, geh dran!« Er wandte sich vom Mikrofon ab und einem Kollegen mit Kopfhörer zu.
    »Kritischer Zustand bei der Tochter«, sagte der rasch, bevor er den Ärger abbekam. »Irgendeine Art von spastischem Anfall. Ausgelöst durch Schock, Dehydration oder Drogen. Letzteres ist wahrscheinlich. Die Beruhigungsmittel, von der die Kollegin gesprochen hat. Es waren wohl doch zu starke. Immerhin ist das Kind jetzt im Krankenwagen und versorgt.«
    »Versorgt?«, fragte Bettina leise die Kollegin, die neben ihr stand. Der Bus setzte sich in Bewegung.
    »Schneider hat seine Tochter aus dem Auto geschmissen«, flüsterte die zurück. »Nachdem das Kind sich übergeben hat und krampfte und eine Art Atemstillstand hatte. Es hat ihn schwer getroffen. Kurze Zeit war er total panisch.« Sie sah Bettina mit

Weitere Kostenlose Bücher