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Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
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diese Schneiders mit Hunderttausenden, fragte sich Bettina, wo sie nicht mal mit Hunderten zurechtkamen. Und dann stand sie nur noch und hielt sich fest in dem schwankenden Bus und war plötzlich ganz weit weg, bei Ballier, die gesagt hatte, das Einzige, worum es in diesem Buch ginge, dem sie alle hinterherjagten, sei die Liebe. Und bei Gregor, in dessen Auto man rauchen durfte. Sie vermisste ihn. Ihn und seinen bequemen Beifahrersitz und seine Zigaretten. So einfach war das.
    »… tausend Euro!«, hatte Vera Schneider gesagt, die Worte hallten aus irgendeinem Grund in Bettinas Kopf wider, vielleicht wegen der Antwort, die Marc Schneider darauf gab:
    »Das wird jetzt immer so weitergehen, oder?« Sein Ton war plötzlich besorgniserregend endgültig.
    »Sie hat mich angerufen«, sprach Vera Schneider, die sich davon nicht bremsen ließ. »Ich weiß es von ihr. Du hast dir von einer Spielotess, die praktisch alleinerziehend ist, tausend Euro fürs Zocken geliehen. Hast du eine Ahnung, was diese Frauen verdienen?«
    »Das geht dich nichts an«, sagte Schneider klar und leise. »Und sie kriegt es zurück.«
    »Nie und nimmer«, versetzte Vera Schneider boshaft.
    Langes Schweigen.
    »Sie will kein Geld«, sagte Schneider dann. »Du willst das Geld. Du bist die Banktussi mit den großen Ansprüchen.«
    »Nein«, sagte Vera Schneider hart. »Ich bin deine Frau. Ich kenne dich. Du wirst nichts zurückgeben, denn das hast du noch nie gemacht. Du wirst es nicht können. Du wirst im Gefängnis sitzen. Deine Bea und ihr Balg werden noch hundert Jahre auf ihr Geld warten.«
    »Ich werde nicht im Gefängnis sitzen. Niemals. – Und jetzt hältst du an.«
    »Hier?«
    »Auf dem Seitenstreifen.«
    »Wieso?«
    »Ich will, dass du aussteigst.«
    Die anderen Polizisten im Bus sahen sich mit neuer Hoffnung an. Aussteigen, das hörte sich gut an. Bettina aber hatte ein schlechtes Gefühl. Halt nicht an, dachte sie. Steig nicht aus. Rede weiter. Du hast doch die Stimme dazu.
    »Jetzt auf einmal?«, fragte Vera Schneider.
    »Mach!«
    Der Kollege am Funkgerät begann halblaute Befehle in sein Headset zu murmeln. Auf Eberts Zeichen hin stellte er den Ton lauter. »… wechselt auf die rechte Spur«, sagte nun eine tiefe Stimme vernehmlich. »Vor uns ist eine Gruppe Lastzüge. Etwa fünfzehn Stück. Ich bin jetzt hintendran. Auf dem Seitenstreifen. Da sind sie. Haben gehalten. Höhe – zirka achthundert Meter bis zur Ausfahrt Vaihingen. Ich halte auch. Sollen wir absperren?«
    Der Funker sah Ebert an, der sagte: »Die rechte Spur«, und der Kollege gab es weiter:
    »Wagen sieben, Wagen fünf, rechte Spur ab einen Kilometer vor der Ausfahrt Vaihingen sperren, mittlere Spur in Schrittgeschwindigkeit –«
    »Raus«, hörten sie Schneider sagen.
    »Warte«, sagte Vera Schneider.
    »Sofort!«, brüllte Schneider.
    »Aber die Lastwagen –«
    Ein Schuss knallte. Alle zuckten zusammen und schwiegen beklommen.
    »Ich geh ja schon«, sagte Vera Schneiders Stimme zittrig, und man atmete wieder auf.
    »Tür auf der Fahrerseite wird geöffnet«, meldete jetzt die tiefe Stimme des Kollegen aus dem Einsatzwagen. »Sowie die Lastwagenkolonne vorbei ist, können wir sperren, da hängt Wagen 19 hintendran, das sind die nächsten, die machen schon langsam – sie steigt aus. Gut so, Baby, schön vorsichtig.«
    Nun war aus allen Lautsprechern durchdringendes Hupen zu hören. Die Lastzüge.
    »Ganz vorsichtig – he! Er kommt nach – och nein, Junge, nein –«
    Brüllender Lärm schrie unvermittelt auf sie ein. Hupen, Knallen, dumpfe Schläge, Knirschen, ein schreckliches Unheil verheißendes metallisches Reißen.
    Dann war Stille.
    »Wagen 17, sind Sie noch da?«, sagte der Funker schließlich.
    »Entschuldigung. Jawohl, auf dem Posten. Wir sind gleich direkt vor Ort.« Die tiefe Stimme klang ein wenig brüchig.
    »Was ist passiert?«
    »Ein Unfall. Es sieht so aus, als wäre die Frau vor den Zug gestürzt.«
    »Bitte genauer«, sagte der Funker ungehalten.
    »Halte hier. – Verdammte Scheiße«, antwortete die Stimme dann mit einem völlig unprofessionellen Schwanken, das fast wie ein Schluchzen klang. »So eine Sauerei – ich –« Schlucken. »Entschuldigung. Ich schildere Ihnen jetzt meine Beobachtung. Die Frau ist ausgestiegen, der Schneider ihr nach. Zumindest so halb. Ich glaube, er hat sie gestoßen.« Der Sprecher atmete tief aus. »Jedenfalls ist sie vor den letzten Lastzug gefallen.« Er räusperte sich. Es klang schmerzhaft. »Das sieht

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