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Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
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öffnete, unverändert bebrillt, eine Glastür zu einem Raum voller Ledersofas. »Hier sind wir ungestört. – Bitte.« Sie ließ ihm den Vortritt und wartete, bis er sich setzte, ein selbstsicheres modernes Dienstmädchen. Dann nahm sie ihm gegenüber Platz und wurde zur Gastgeberin. »Hatten Sie denn eine gute Reise?«
    Gregor bewunderte die ausgefeilte Körpersprache der jungen Frau. Alles an ihr signalisierte Interesse. Sie saß leicht nach vorn gebeugt und musterte ihn mit offenem Blick. Klar, sagten ihre Augen hinter der Brille, ich bin abgestellt zum Smalltalk mit dir, aber in der Sendung wird es nicht anders, wir machen dich hier schon ein bisschen warm. Außerdem – sie klemmte sich noch die letzten freien Härchen hinters Ohr – bist du spannend, ganz ehrlich.
    Er bejahte einsilbig, nur um zu sehen, was sie sich als Nächstes einfallen lassen würde.
    »Vielleicht brauchen Sie vor der Sendung noch etwas Ruhe?«, fragte Janine sofort verständnisvoll. »Soll ich uns noch einen Kaffee bringen lassen? Oder was anderes? Saft?«
    »Nein«, antwortete Gregor, »ich möchte einfach nur hier sitzen.« Er lächelte. Janine war seine Sklavin für heute Abend.
    »Kommen Sie mit mir, ich werde mich bis zur Sendung um Sie kümmern«, hatte sie am Eingang zu ihm gesagt, »Sie können mich alles fragen.« – »Alles?« Er brauchte noch eine Frau für die Nacht. »Alles.«
    Nun ließ sie sich ein wenig zurücksinken in die schwarzen Polster, die glänzten wie Sitze in einem Taxi, und lächelte Gregor zum ersten Mal zu. Mit dem Lächeln, merkte er, war Janine sparsam, zuvor hatte sie hauptsächlich aufmerksam ausgesehen. Jetzt wirkte sie unter der vielen Schminke fast ein wenig schalkhaft. »Wir sind alle wahnsinnig gespannt auf Ihre Begegnung«, erklärte sie mit einem ganz neuen Ton in der Stimme. »Die Redaktion findet es bemerkenswert, dass Sie gekommen sind, wo wir doch Anna Oberhuber eingeladen haben. Das ist groß. Toll, dass Sie keine Angst wegen dem Niveau haben, aber die Leute, die sich deswegen Sorgen machen, sind meistens die Ersten, die sich ausziehen.« … lassen , klang in Janines ironischem Tonfall mit. Sie blickte spöttisch, die Farbe ihrer Augen war hinter den Gläsern und unter dem heftig braun schattierten Augen-Make-up kaum auszumachen. »Na, jedenfalls freuen wir uns riesig auf die Sendung. Es wird hochinteressant, da wette ich.« Sie lehnte sich zurück und wartete auf seine Reaktion.
    Anna Oberhuber. Gregor starrte seine selbstbewusste Sklavin an. Leichtes Boulevardprogramm, hatte der Redakteur im Vorgespräch gesagt, wir plaudern ein wenig über Ihren Vater und sein Werk, für Bildungsbürger, versteht sich, immerhin sind wir öffentlich-rechtlich und Sie kennen unsere Sendung ja. Es wird nett. Ein bisschen Studiopublikum, Caféhausatmosphäre, wenn es sein muss, dürfen Sie rauchen. Und Ihr Leben als Wissenschaftler interessiert uns natürlich auch. Wir werden Ihr Buch vorstellen – von Ovid, nicht? Dieser Fund, eine bibliografische Sensation, ein richtiger Schatz, und dann noch mit ungewisser Herkunft, das ist schon spannend. Aber vielleicht lesen Sie uns auch eine Stelle aus den Aufzeichnungen Ihres Vaters, da haben Sie doch auch Sachen, eben was Persönliches, das lieben die Leute. Außer Ihnen werden wir noch sechs weitere Gäste haben, die Liste faxen wir gleich morgen, falls Sie das möchten.
    Von einer hochinteressanten Gegenüberstellung mit einer Fremden war nie die Rede gewesen. Die bewusste Liste war für Gregor nur eine Reihe Namen mit Berufsbezeichnung. Eine Schauspielerin, eine Tänzerin, ein Mitglied der Brave Bloodhounds, wer immer das war, ein Sternekoch aus dem Osten, ein Sportreporter, eine Wahrsagerin und er selbst, Sohn des bekannten Abenteuerromanautors Georg Krampe, Semiprominenz eben, sonst wäre gerade er kaum eingeladen worden.
    »Anna Oberhuber, ist das die Wahrsagerin? Sollte ich sie kennen?«
    »Hahaha«, lachte Janine und ihre Brillengläser funkelten. »Sie sind ja richtig gut.«
     
    Auch als Anna Oberhuber ihm auf dem Gang gegenüberstand, selbst als sie ihm einen tiefen Blick schenkte und anschließend unerwartet zwei Küsse auf die Wangen knallte, blieb sie für Gregor eine Fremde. Diese Frau kannte er nicht, bestimmt nicht, an die hätte er sich erinnert. Sie war eine vitale Erscheinung, groß, braun gebrannt, mit dickem gelblichem Haar und hellen blauen Augen. Auf dem Kopf trug sie eine völlig unpassende Mütze, ein ballonförmiges Etwas aus Leder mit

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