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Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
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auch, wenn Sie mir erzählen, wo er war.«
    »In Frankfurt in seiner Wohnung«, sagte Bettina.
    »Die ganze Zeit?«
    Allerdings, dachte Bettina. »Ja.«
     
    Jaecklein bestellte telefonisch Spurensicherer zu dem Bauwagen, wies sie ein und trat dann mit Bettina den Rückweg an. Auf dem Parkplatz trafen sie Ballier, die im geöffneten Kofferraum ihres jagdgrünen Benz kramte. Vergnügt blinzelte die alte Dame in die durchbrechenden Sonnenstrahlen. »Guten Morgen, guten Morgen!«, rief sie Bettina schon von weitem zu. »Hierher, Liesel. Tja, Frau Boll!« Sie betrachtete Bettina lächelnd, und ihre dünnen Haare stellten sich im kaum merklichen Wind auf. »Das war wohl eine rauschende Nacht.«
    Jaecklein musterte die Erscheinung mit der unordentlichen Frisur argwöhnisch.
    »Das ist Frau Ballier vom Genfer Herold«, stellte Bettina vor. »Und Herr Jaecklein vom BKA.«
    Beide machten »Ah!« und schüttelten sich die Hände.
    »Der Ovid ist gestohlen worden«, sagte Bettina in Balliers unverändert fröhliches Gesicht.
    Die alte Dame krauste die Nase und sagte verschwörerisch: »Ich weiß. Ich wollte gerade rausfahren und nach dem Rechten sehen, da rief meine Agentur an. Ich bin voll im Bilde.«
    »Der Diebstahl scheint Sie nicht sehr zu erschüttern«, sagte Bettina.
    Ballier blickte belustigt. »Meine liebe Frau Boll, dieser kleine Ovid ist nicht das erste Buch, das ich wiederbeschaffen werde. Ich wusste, dass so etwas passieren würde, erinnern Sie sich?«
    »Wieso waren Sie dann gestern Abend nicht da?«
    »Ich war nicht eingeladen«, sagte Ballier hoheitsvoll. »Dr. Ritter mag mich nicht. Und ich hatte Sie ausführlich eingeweiht. Ich dachte, eine von uns ist genug.« Sie blickte in Bettinas Gesicht und tätschelte dann begütigend ihre Schulter. »Wenn Sie den Raub nicht verhindern konnten, hätte ich es auch nicht geschafft. Es gibt diese Dinge, die irgendwie in der Luft liegen, doch man muss sie erst geschehen lassen, um sie überhaupt zu begreifen, nicht wahr?« Ihr Blick streifte Bettinas offene Haare, die in der Sonne kastanienrot leuchteten. Ihre Augen blitzten amüsiert, dann wurde sie ernst. »Tja. Nun hat der Herr Krampe ein wasserdichtes Alibi, hab ich recht?«
    Jaecklein wandte sich dem Haus zu. Bettina konnte das nicht. Sie stand nur da und sah Ballier an. Die nahm eine Hundeleine aus dem Kofferraum und befestigte sie am Halsband ihres Dackels. »Ist gut, Liesel. – Also, Frau Boll.«
    Bettina verschränkte die Arme, merkte, dass sie so ihr tiefes Dekolleté betonte, und ließ sie wieder sinken. »Krampe hat den Ovid tatsächlich nicht gestohlen.«
    »Nein«, sagte Ballier aufmerksam. »Und Sie auch nicht, meine Liebe. Aber Sie haben die Seiten gewechselt.«
    »Quatsch«, sagte Bettina.
    »Wenn Sie mich fragen, war das riskant«, sagte Ballier. »Ihr Wort ist jetzt nicht mehr viel wert.«
    »Ich frage Sie aber nicht, und mein Wort ist so viel wert wie das Wort eines Unschuldigen.«
    »Hören Sie.« Ballier hob die Hände. »Es ist fies, ich weiß. Doch ich sage Ihnen jetzt was, als Frau und Kollegin.«
    Nein, dachte Bettina, sprach es aber nicht aus.
    »Herr Krampe brauchte vielleicht ein Alibi, und darum … Tja, damit muss ich bei meiner Arbeit einfach rechnen, wissen Sie, und Sie bei Ihrem – Sie auch. Aber keine Sorge. Nun hat er es, und um es nicht zu gefährden, wird er alles tun, um Ihre Glaubwürdigkeit wieder aufzubessern.«
    Bettina starrte die alte Dame an. »Als da wäre?«
    »Distanz. Er wird von nun an Distanz halten.«
    Bettina wurde wütend. Etwas gesunde Distanz würde der ollen Ballier auch nicht schaden. »Und wenn nicht?!«
    »Dann verbeuge ich mich vor der Macht der Liebe.«
    Bettina holte Luft. »Also –«
    Doch sie wurde von Liesel unterbrochen, die bellte und eifrig zu wedeln begann. Ballier sah sofort auf. »Margarete!«, rief sie erfreut.
    »Franziska«, erwiderte Syra fast herzlich.
    Und hier wurde Bettina Zeugin einer seltenen und seltsamen Szene: wie ihre strenge Chefin der verschmitzten Ballier Küsse verabreichte, Knall, Knall, auf jede Wange einen, energisch und ernst und mit weit nach vorn geneigtem Oberkörper. Auch Ballier beugte sich vor, eine spontane und vielleicht unbewusste Karikatur von Syras Haltung, zwei spitzschnäbelige Stelzvögel, die sich begrüßten. Danach richteten sich beide erleichtert auf.
    »Du bist schnell wie immer«, sagte Syra mit ihrer tiefen Stimme. »Du hast es also schon gehört.«
    »Kann ich gleich mit Ritter sprechen?«, fragte Ballier

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