Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
die anderen aus dem Staub gemacht und überließen ihr den Rest der ganzen unangenehmen Pflichten. Yank arbeitete am Prototyp, Mitch war nach Boston geflogen, um seine Kinder zu besuchen. Und Sam, der ihr eigentlich helfen sollte, war vor zwei Stunden davongelaufen und nicht zurückgekehrt.
Die meisten Schwierigkeiten der letzten zwei Wochen hatte sie umsichtig gemeistert, und die Firma existierte tatsächlich noch. Obwohl Yank murrte, weil sie ihn zu dritt unter Druck gesetzt und gezwungen hatten, bei Atari zu kündigen, machte die Entwicklung des Prototyps für den selbstständigen Computer jetzt viel schnellere Fortschritte. Sie hatten einen talentierten Ingenieur vom Homebrew Club engagiert, der die Energiezufuhr konzipierte, und stundenlang über den Namen der Maschine debattiert. Wie sie feststellten, gefiel ihnen ein Image, das mit Hitze und Feuer zusammenhing, am besten. Und nach einer langen Diskussion entschieden sie sich schließlich für »Blaze«.
Wenn Susannah die neuen Schaltkreise studierte, erinnerte sie sich manchmal an den Abend, den sie mit Sam auf dem Spielplatz verbracht hatte. Weißt du, was Yanks Computer dir geben wird, hatte er gefragt. Mut – den wird dir dieses Meisterwerk einimpfen ... Auf seltsame Weise war die Prophezeiung Wahrheit geworden.
Als hätte sie ihn mit ihren Gedanken heraufbeschworen, steckte er den Kopf zur Garagentür herein. Mittlerweile war sein Haar noch länger geworden. Wann immer sie nachts erwachte, kämmte sie’s gern mit ihren Fingern und legte die tintenschwarzen Strähnen über ihre Brüste.
»Wird auch Zeit«, schimpfte sie.
Sam grinste wie ein Junge, der soeben bei einer Unart ertappt wurde. »Tut mir Leid, ich hatte zu tun.«
»Darauf wette ich. Sicher bist du auf deiner Harley durch die Gegend gebraust.«
Da nahm er ihr ein paar Schraubenzieher aus den Händen, umfasste ihre Hinterbacken, presste ihre Hüften an seine, so dass sich beide Jeans aneinander rieben, und küsste sie. »Jetzt führst du dich auf, wie eine mörderische Ehefrau. Und wenn ich’s mir recht überlege, ist das gar keine schlechte Idee. Wasch dein Gesicht, in einer halben Stunde heiraten wir.«
Ruckartig hob sie den Kopf. »Was?«
»Alles arrangiert«, erwiderte er triumphierend. »Gerade ist Mom losgefahren, um Yank und Roberta zu holen, und wir treffen uns auf dem Spielplatz mit dem Klettergerüst aus Traktorreifen. Genau der richtige Schauplatz für unsere Heirat, nicht wahr? Der Typ, der uns trauen wird, ist der Bruder eines Freundes. Um eins muss er noch eine Zeremonie über die Bühne bringen. Also sollten wir uns beeilen.«
Entgeistert starrte sie ihn an. Er trat zurück, legte den Kopf schief und warf ihr den dreisten, herausfordernden Blick zu, den sie so gut kannte. In der Ferne heulte eine Polizeisirene.
Worauf er wartete, erriet Susannah – auf eine lange Liste aller vernünftigen Gründe, warum sie nicht so impulsiv handeln dürften. Sie dachte an die vielen hundert Telefonate und endlosen Termine, die ihrer geplanten Hochzeit mit Cal vorausgegangen waren – an all die komplizierten, pingeligen und letztlich sinnlosen Vorbereitungen.
Und obwohl sie Sam erst seit sechs Monaten kannte, weigerte sich ihr Herz, ein Leben ohne ihn auch nur sekundenlang zu erwägen. Bis zu ihrer letzten Stunde musste sie seine Haut berühren, seinen Atem in ihre Lungen saugen. »Also gut«, hauchte sie, »einverstanden.«
Mit einem Freudenschrei riss er sie wieder in seine Arme. »O Gott, ich liebe dich!« Dann zog er sie ins Haus, wo er ihr knapp fünf Minuten Zeit gab, damit sie sich kämmen und zumindest die Spur eines Make-ups auftragen konnte. Sie vertauschte ihr T-Shirt mit einer violetten Gazebluse. Aber bevor sie aus den Jeans schlüpfen konnte, um eine passende Hose anzuziehen, zerrte er sie zu seiner Harley hinaus.
Im selben Moment, als Angela mit Yank aus ihrem roten Toyota stieg, erreichte auch das Brautpaar den Spielplatz. Zerstreuter denn je, schien Yank nicht die leiseste Ahnung zu haben, was hier geschehen würde. Angela stieß einen Wortschwall hervor und betupfte ihre Augen mit einem Papiertaschentuch. Zu Susannahs Überraschung zog Sam eine Blumenschachtel aus der Satteltasche seines Motorrads. Darin lag ein Brautbukett aus gelben Rosen.
Der Priester, ein gewisser Howard, tauchte in einem Grateful-Dead-T-Shirt auf und versicherte Sam, wie cool er die Szenerie fand. In der Nähe tummelten sich Kinder auf dem Klettergerüst, dann folgten sie den Spuren der
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