Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
Monatelang hatte er kaum gewagt, abends ins Bett zu gehen, und sich schließlich eingeredet, ihm würde es nicht passieren. Für ihn würden sich die Gesetze des Universums ändern. Der Tod war nur eine weitere Barriere, die zerschmettert, eine weitere Hürde, die überwunden werden musste.
Wenn ihre Tränen bloß versiegen würden. Er wünschte, sie hätte den Tod nicht ins eheliche Schlafzimmer geholt. Entschlossen liebkoste er ihre Brüste. Mitten im Tod gibt es Leben, mitten im Tod gibt es ...
Aber sie schob seine Hand weg. »Nicht, Sam ...«
»Ja, Suzie«, flüsterte er. »Lass mich. Gleich wird’s dir viel besser gehen, das verspreche ich.« Als er ihr Nachthemd nach oben zog und ihre Beine spreizte, hörte sie noch immer nicht zu weinen auf. »Alles mache ich wieder gut«, versicherte er, »alles.«
Doch es gelang ihm nicht, und nachdem der Schauer des Höhepunkts durch seinen Körper geströmt war, fühlte sie sich einsamer denn je.
In den nächsten Tagen ging er sehr sanft und zärtlich mit ihr um. Aber am Morgen des Begräbnisses erwachte sie allein – Sam war verschwunden. Aufgeregt rief sie im Büro an. Weder Mitch noch Yank hatten ihn gesehen. Angela ließ sich schon seit Tagen nicht mehr blicken. In ihrem Haus nahm niemand den Telefonhörer ab. Schließlich erkannte
Susannah die bittere Realität – Sam war absichtlich geflohen, und sie musste ohne ihn zur Kirche fahren.
Sie ergriff den Schlüssel des alten Volvos, den sie gekauft hatten, und umklammerte ihn so fest, dass die Metallzacken schmerzhaft in ihre Handflächen schnitten. Gerade jetzt, wo sie Sam so dringend brauchte, war er nicht für sie da.
Auf unsicheren Beinen verließ sie das Apartmentgebäude. Im selben Moment bog ein dunkelbrauner Cadillac Seville auf den Parkplatz. Mitch stieg aus und eilte ihr entgegen. »Steig ein, ich begleite dich.«
Beinahe wäre sie vor Erleichterung an seine Brust gesunken. Er umfasste ihren Ellbogen und half ihr ins Auto. Auf der Fahrt nach Atherton starrte sie durch die Windschutzscheibe. »Sam fürchtet sich vor dem Tod«, sagte sie tonlos. »Sonst wäre er mit mir gekommen.«
Mitch gab ihr keine Antwort.
Während der Trauerfeier blieb er an ihrer Seite, ein ruhiger Fels in der Brandung. Manchmal hatte sie das Gefühl, nur seine Anwesenheit würde sie vor dem Zusammenbruch retten. Immer wieder wurde ihr Körper von Krämpfen erschüttert, und Mitch hielt ihre Hand fest. Sie weigerte sich zu weinen. Wenn sie damit anfing, würden die Tränen unentwegt fließen.
Wenn sie den edlen schwarzen Sarg betrachtete, klapperten ihre Zähne. Sie versuchte stumme Zwiesprache mit ihrem Vater zu halten. Zwischen uns ist nichts bereinigt, Daddy. Nichts wurde zu Ende gebracht. Trotzdem liebe ich dich wie eh und je. Aber aus dem Jenseits drang keine tröstende Stimme zu ihr.
Cal saß neben Paige. Nach der Zeremonie versammelten sich die Trauergäste um die beiden und bekundeten ihr Beileid. Mit Susannah redete niemand, nicht einmal einer der Menschen, die sie seit Jahren kannte. So als hätte sie ihnen
mit ihrer Flucht vor der Hochzeit, mit diesem schweren Regelverstoß, einen unverzeihlichen Schaden zugefügt ...
Auf dem Weg von der Kirche zum Friedhof hörte sie einen Trauergast murmeln: »Natürlich nicht seine leibliche Tochter – nur adoptiert ...« Die Worte erweckten den Anschein, sie wären aus einer besonders saftigen Zitrone gesaugt worden. Auch Mitch hatte es gehört, und er drückte beruhigend Susannahs Hand.
Barmherzigerweise dauerte das Ritual am Grab nicht lange. Als Mitch sie davonführte, kam Cal zu ihr. »Susannah?«
Vor einem Jahr hatten sie zuletzt miteinander gesprochen. Aus den Augen, die sie einst so stolz gemustert hatten, schien Gift zu sprühen. Mit diesem Mann hatte sie ihr Leben verbringen wollen! Jetzt traf sie sein Hass wie ein Schlag ins Gesicht.
»Hoffentlich bist du zufrieden«, höhnte er. »Du hast ihn umgebracht. Nach deiner Eskapade war er nie mehr der alte Joel.«
Sie zuckte zusammen, und Mitch machte drohend einen Schritt in Cals Richtung. »Halten Sie sich fern von ihr, Theroux«, befahl er in schroffem Ton.
Da durchdrang eine sanfte Berührung den Nebel ihres Schmerzes, eine Hand streifte ihren Arm. Nur sekundenlang. Dann schien sie wie ein Schmetterling davonzuflattern. Halb benommen wandte sich Susannah zu ihrer Schwester.
Einst in hautengen Jeans und kecker Pose, trug Paige nun ein konservatives schwarzes Kleid und die alten Perlen ihrer Mutter Kay.
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