Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
ihrer Faust steckte der Autoschlüssel, den die Schwester ihr zugeworfen hatte. »Wie du meinst. Morgen früh schicke ich dir das Auto zurück.«
Susannah stand am Küchenfenster und starrte ins Dunkel hinaus. Wie in Zeitlupe verstrichen die Sekunden. Paiges schneeweißes Kleid schwebte vorbei. Kurz danach erklangen Schritte hinter ihr.
Unverwandt betrachtete sie die Schwärze jenseits des Fensters. Da draußen war es so dunkel wie im Schrank ihrer Großmutter. So unheilvoll wie eine Hütte am Wüstenrand...
»Wieder das alte strafende Schweigen, Suzie? Typisch für dich. Keine Ahnung, warum ich überrascht bin ...«
Ihr Atem erstickte in einem Schluchzen. Also ging er sofort in die Offensive. Warum hatte sie nicht vorausgesehen,
dass er sich so verhalten würde? Das Leid schwelte wie glühende Asche, und sie fürchtete, sie würde es nicht verkraften. Doch sie riss sich zusammen, so gut sie es vermochte.
Langsam wandte sie den Kopf zu ihrem Mann. Glattes schwarzes Haar fiel über seine Stirn und stand bei einem Ohr ein wenig ab. So wie immer, wenn sie beim Liebesakt mit ihren Fingern hindurchfuhr. Diesmal waren es Mindys Finger gewesen, die das geliebte Haar zerzaust hatten.
»Ich habe Mindy weggeschickt«, verkündete er, als würde das alles in Ordnung bringen.
An Susannahs Lippen rannen Tränen herab. Sie schmeckte das Salz und dachte, wie hart sie für ihre Ehe gekämpft hatte, für das Baby, das sie sich so sehnlich wünschte. »War Mindy die Erste?«, fragte sie gegen ihren Willen. Aber sobald sie ihre eigene Stimme hörte, wusste sie, dass sie eine Antwort brauchte.
Sam zuckte die Achseln. Beinahe glaubte sie zu sehen, wie er seine Streitkräfte für den Kampf zusammentrommelte – und wie er ihn genießen würde. Das konnte er am besten – blindlings ein unüberwindliches Hindernis angreifen und darauf einzuschlagen, bis es nachgab. Zitternd schluckte sie ein neues Schluchzen hinunter.
»Warum stellst du so eine blöde Frage, Suzie? Wie viele – das spielt keine Rolle. Untreue. Treue. Nur Wörter. Mit uns beiden hat das nichts zu tun.« Erbost, von rastloser Energie elektrisiert, begann er in der Küche auf und ab zu gehen. Sein Körper vibrierte vor innerer Anspannung, während er die schwarzen Granitinseln umrundete. »Niemals haben wir versucht, unsere Ehe den Konventionen anzupassen. Deshalb hat sie so gut funktioniert. Weil wir schlauer sind. Was wir wollen, wissen wir ganz genau ...«
Er redete und redete und redete.
»... über die Tradition sind wir beide erhaben. Gemeinsam erreichen wir alles, das macht uns stark. Was heute
Nacht geschehen ist, spielt keine Rolle, Suzie. Vielleicht hätte ich’s nicht tun sollen. Aber es ist unwichtig. Verstehst du das? Einfach nur belangloser Mist! Völlig uninteressant, verdammt noch mal!«
Ihre Hände umschlossen eine Keramikschüssel, die vor ihr auf der Theke stand, schwangen sie empor, und das Gefäß zersprang zu ihren Füßen in tausend Scherben. Und dann stellte sie die Fragen, die so leidvoll auf ihrer Seele brannten. »Ich will wissen, ob sie die Erste war? Gab es noch andere? Wie viele?«
Angesichts ihrer Verzweiflung geriet sein Kampfgeist ins Wanken. Zum ersten Mal wirkte er bestürzt.
» Wie viele? «, schrie sie.
Sam war ein Idealist, ein Mann, der sich der Wahrheit verschrieben hatte, und er blieb seinem Ehrenkodex treu. »Ein paar Mal – auf Reisen«, murmelte er. »Ein Mädchen, mit dem ich eine Zeit lang zusammen war. Was bedeutet das schon? Begreifst du’s nicht? Mit uns hat’s nichts zu tun.«
»Doch!«, protestierte sie schrill, ergriff eine weitere Schüssel und schleuderte sie quer durch die Küche. »Wir sind ein Ehepaar. Und wenn man verheiratet ist, fickt man nicht mit anderen Leuten.« Fast genüsslich bestrafte sie ihn mit diesem obszönen Wort, denn sie wusste, er würde es hassen.
»Hör auf!« Das Gesicht verzerrt, stürmte er zu ihr. »Erspar mir das!«
Gepeinigt rang sie nach Atem, als er ihre Schultern packte. Und dann, ohne jede Vorwarnung, schlug er mit dem Handrücken auf ihre Wange.
Aus dem Gleichgewicht geraten, prallte sie gegen eine Granitkante. Keuchend vor Schmerz, berührte sie ihr Gesicht. Ihre Nase lief, und sie tastete danach. Als sie die Finger sinken ließ, sah sie einen Blutfleck.
Den entdeckte auch Sam. Als ihm bewusst wurde, was er
getan hatte, weiteten sich seine Augen. Unsicher trat er einen Schritt vor. »Suzie, ich ...«
Beim Anblick ihres Blutes fröstelte sie. Halb benommen
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