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Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)

Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)

Titel: Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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Mit seinen durchdringenden dunklen Augen und den hohen, flachen Wangenknochen glich er einem Vollblut-Komantschen, obwohl nicht nur amerikanisches Blut in seinen Adern zu fließen schien. Vielleicht entstammte ein Elternteil dem Mittelmeerraum. Seine Haut war olivfarben, seine schmalen Lippen wirkten fast grausam. Von der San Francisco Bay wehte eine Brise herauf und strich das schulterlange Haar aus seinem Gesicht. Wie eine Fahne flatterte es hinter seinem Kopf.
    »Was ist los, Suzie? Hast du vergessen, mir eine Einladung zu schicken?« Seine hypnotisierenden Augen schienen sie zu durchbohren.
    Aufgeregt begannen die Gäste zu tuscheln – teils empört und verblüfft, teils in wohliger Sensationslust, weil sie eine so ungeheuerliche Szene miterlebten. Zählte dieses Individuum zu Susannahs Freundeskreis? Das konnte sich niemand vorstellen. Vielleicht hatte sich Paige mit ihm eingelassen. Aber Susannah ? Niemals!
    Nur vage hörte Susannah die Brautjungfer hinter sich murmeln: »O Gott! O Gott! O Gott ...« Immer wieder. Wie ein Mantra. Und sie selbst klammerte sich an Cals Arm, als wäre er ein Rettungsanker. Sie versuchte zu sprechen. Aber ihre Stimme versagte. Mit ihren schmalen, aristokratischen Fingern zerrte sie an den Perlen und versuchte, sie von ihrem Hals zu lösen.
    »Tu das nicht, Suzie!«, warnte der Biker.
    »Moment mal!«, stieß Joel Faulconer hervor und drängte sich zwischen den schmiedeeisernen Stühlen hindurch, zu dem weißen Seil, das die Sitzreihen absperrte.
    In ihrem Entsetzen vermochte Susannah gar nicht an die Blamage zu denken, die sie vor den Gästen erlitt, und die Demütigung wurde ihr kaum bewusst. Was immer auch passiert, du musst deine Fassung bewahren, ermahnte sie sich.
    Der Mann, der auf dem Motorrad saß, streckte ihr eine Hand entgegen. »Komm mit mir!«
    »Wer ist das, Susannah?«, fragte Cal.
    »Rufen wir die Polizei!«, kreischte irgendjemand.
    Der Harley-Fahrer hielt ihr nach wie vor die Hand hin.
    »Komm, Suzie, steig auf meine Maschine!«
    Unter ihren Fingern gab das Bennett-Erbstück nach, die kostbaren Perlen rieselten am weißen Brautkleid hinab und kullerten ins Gras. Mein Hochzeitstag, dachte sie verzweifelt. Wie konnte ein so grauenhafter Zwischenfall diesen wichtigen Tag verderben? Ihre Großmutter würde sich im Grab umdrehen.
    Verächtlich wies er auf die Gästeschar. »Willst du für den Rest deines Lebens Partys geben? Oder begleitest du mich und steckst die Welt in Brand?«
    Da riss sie sich von Cal los und presste ihre Hände auf die Ohren – eine schockierende, peinliche Geste, einer Faulconer unwürdig. »Verschwinde! Ich höre dir nicht zu!« Und dann entfernte sie sich vom Altar, von ihrem entgeisterten Publikum.
    »Komm mit mir, Baby«, bat er. »Lass das alles hinter dir zurück.« Die dunklen Augen schienen sie in einen magischen Bann zu ziehen. »Spring auf meinen Feuerstuhl, und wir fahren davon!«
    »Nein«, würgte sie hervor. »Nein ...«
    Er war ein Rüpel, ein Chaot. Jahrelang hatte sie mit klarem Verstand ihre Entscheidungen getroffen, zuverlässig nur richtig gehandelt und sämtliche Regeln befolgt. Kein einziges Mal war sie ein Risiko eingegangen. Wieso geriet
sie jetzt in eine so unerträgliche Situation? Warum entglitt ihr die Kontrolle über ihr eigenes Leben?
    Neben ihr stand Cal, der seriöse, ehrbare Cal, ihr Seelenverwandter, der Mann, der alle Dämonen vertreiben konnte. Und vor ihr saß ein abgebrühter Schurke auf einer Harley. Instinktiv wandte sie sich von beiden ab und schaute zu ihrer Schwester hinüber, die wie versteinert dasaß, das Gesicht eine schreckensbleiche Maske. Nein, Paige würde ihr nicht helfen. Weil Paige ihr niemals half.
    Susannah griff sich wieder an die Kehle. Aber das Perlenhalsband war verschwunden. Die alte Panik krampfte ihr das Herz zusammen. Wie schon so oft fühlte sie sich in das Grauen jenes Frühlingstags im Jahr 1958 zurückversetzt.
    An jenem Tag war sie das berühmteste Kind von Amerika geworden. Die Erinnerung drohte sie zu lähmen.
    Doch da sah sie ihren Vater, der das Ende der Stuhlreihe erreichte. Und endlich bot sie ihre ganze innere Kraft auf, um die Vergangenheit abzuschütteln.
    Nur ein kurzer Augenblick blieb ihr, ein winziges Fragment der Ewigkeit, um etwas zu tun, bevor ihr Vater die Kontrolle übernahm.
    Neben ihr stand Calvin Theroux, der ihr Liebe, Sicherheit und Luxus versprach. Und da drüben saß ein Messias auf einem Motorrad und versprach ihr gar nichts. Mit einem leisen

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