Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
glatt rasierte Kinn wirkte verkniffen. Noch feucht von der Dusche, war das rotblonde Haar gescheitelt, sorgsam gekämmt und zu widerstandslosem Gehorsam gezwungen worden. An der Kleidung gab es nichts auszusetzen. Obwohl das hellgelbe Sporthemd und die teure Freizeithose eine Nacht im Koffer verbracht hatten, wagten sie, keine einzige Falte aufzuweisen. Der Kater musste geradezu mörderisch sein. Trotzdem ließ sich Blaine die Tortur nicht anmerken. Hoch aufgerichtet stand er da, ohne seinen kalten Zorn zu verhehlen.
»Wie möchten Sie Ihren Kaffee?«, fragte Susannah nervös und füllte eine Tasse.
»Schwarz«, stieß er kurz angebunden hervor und nahm am Tisch Platz.
Sie reichte ihm die Tasse und richtete das Frühstück an, das sie für ihn vorbereitet hatte. Da ihre Kochkunst zu wünschen übrig ließ, waren die Eier an den Rändern ein bisschen angebrannt. Dazu gab er keinen Kommentar ab. Nicht zum ersten Mal überlegte sie, ob sie in die Garage flüchten sollte. Aber sie zwang sich, eine zweite Tasse Kaffee auf den Tisch
zu stellen. Seltsamerweise rückte ihr Blaine einen Stuhl zurecht. Statt erleichtert aufzuatmen, fand sie die höfliche Geste so beklemmend korrekt, dass sie sich noch viel schlechter fühlte.
Unsicher nippte sie an ihrem Kaffee und beobachtete Blaines untadelige Tischmanieren. In seinem betrunkenen Zustand hatte er ihr Mitleid erregt. Jetzt, wo er nüchtern war, erinnerte er sie viel zu sehr an die Männer, denen sie weggelaufen war.
Da er beharrlich schwieg, stellte sie sich zögernd noch einmal vor. Während er sie musterte, schien ihm alles zu missfallen, was er sah. Schließlich schaute er durchs Küchenfenster. Beinahe spürte sie, wie viel Mühe ihn seine Selbstkontrolle kostete, und sie wappnete sich gegen das Unvermeidliche.
»Was ist das, Miss Faulconer?«, fragte er tonlos, und sie folgte seinem Blick.
»Wo?«
»In der Ecke des Hofs.«
»Meinen Sie die Palme?«
»Palme?« Einen Daumen an seine Schläfe gepresst, fügte er sarkastisch hinzu: »Im Staat Massachusetts wachsen keine Palmen, nicht wahr, Miss Faulconer?«
»Das stimmt.«
»Und wo wachsen sie, Miss Faulconer?«
Rastlos rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her und verfluchte Sam, der sie so schmählich im Stich ließ. »In Kalifornien. Sie befinden sich südlich von San Francisco, Mr. Blaine, in der Nähe von Menlo Park.«
»Im Silicon Valley?« Jede einzelne Silbe troff geradezu vor Abscheu.
In diesem unheilvollen Moment trippelte Angela zur Tür herein. Ihre hohen Absätze trommelten aufs Linoleum, und die silbernen Armreifen klirrten so laut, dass Blaine zusammenzuckte.
Lächelnd begrüßte sie ihn, dann wandte sie sich zu Susannah. »Gestern ist Mrs. Albertson gestorben. Vor der Aufbahrung muss ich ihr Haar färben. Sei so lieb Suzie – wenn Mrs. Leonetti heute Morgen auch noch das Zeitliche segnet, ruf mich sofort im Bestattungsinstitut an, damit ich nicht umsonst nach Hause fahre. Zum Glück haben sich die beiden meist die gleiche Farbe ausgesucht.«
Sobald sie die Küche verlassen hatte, schwang die Hintertür auf, und Yank schlurfte herein, in einer Hand einen Voltmesser, in der anderen seinen Schuh. »Die Schnittstellenkarten«, teilte er niemandem im Besonderen mit und hinkte ins Wohnzimmer.
Um Blaines Gedanken zu lesen, musste Susannah ihn nicht anschauen. Er gehörte ganz sicher nicht zu den Männern, die exzentrisches Personal tolerieren würden. Hastig stand sie auf. »Jetzt führe ich Sie in die Garage. Da können Sie meinen Partner kennen lernen. Eigentlich sind Sie ihm schon gestern begegnet, aber ...«
»Nein, Miss Faulconer, ich werde Ihnen nirgendwohin folgen.« Er erhob sich, und sein Gesicht erschien ihr frostiger denn je. »Was Sie mir gestern angetan haben, weiß ich nicht. Und ich werde auch nicht lange genug in dieser Irrenanstalt bleiben, um es herauszufinden.« Entschlossen ging er zum Telefon und riss den Hörer von der Gabel. Nachdem er bei der Auskunft die nötigen Informationen erfragt hatte, zog er eine Kreditkarte aus seiner Brieftasche und rief die Fluglinie an. Zwischendurch musste er warten, und Susannah versuchte so professionell wie möglich zu erklären, welche Ziele SysVal anstrebte. Aber er ignorierte sie.
Während Blaine ein Taxi bestellte, tauchte Yank wieder auf. Susannah packte seinen Arm und schob ihn ins Wohnzimmer zurück. »Sag Sam, ich brauche ihn sofort.«
Blicklos starrte er sie an. Nur mühsam widerstand sie der Versuchung, ihre Faust auf seinen
Weitere Kostenlose Bücher