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Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Titel: Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Janssen
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geräumigen Boxen grenzten. Mondlicht fiel in silbrigen Streifen auf den Boden. Tonnelle wieherte, also blieb er bei ihr stehen, tätschelte ihre Schulter und ließ sie in sein Haar schnauben. “Warum schläfst du nicht?”, fragte er leise. Natürlich gab sie ihm keine Antwort. Guirlande war ebenfalls noch wach und blinzelte ihn verschlafen über die untere Hälfte der Tür an, auf der in verblasster Goldschrift ihr Name stand. Henri zog ihren Kopf zu sich heran und presste seine Stirn an die des Pferdes. Er sog den vertrauten Pferdegeruch ein. Am liebsten hätte er mit ihr geredet und ihr all die wundersamen Dinge erzählt, die ihm heute passiert waren, aber das wäre mehr als dumm gewesen, weil ihn jemand hätte belauschen können. Er durfte nie darüber sprechen, ja nicht einmal daran denken, was heute zwischen ihm und der Herzogin passiert war. Es könnte sie das Leben kosten und würde für ihn den sicheren Tod bedeuten.
    Henri gähnte und begann, über die niedrige Boxentür zu klettern, auf der
Poire
geschrieben stand. Auf halbem Weg schnappte er nach Luft und wollte sich hastig zurückziehen. Doch die dunkle Gestalt, die er gesehen hatte, packte ihn bei den Schultern und zerrte ihn hinunter ins Stroh.
    Er landete auf etwas Weichem, aber augenblicklich wurde er herumgeworfen und auf den Boden gedrückt. Strohhalme bohrten sich hart in seinen Nacken, als sein Angreifer den Unterarm gegen seinen Hals drückte. Henri rang nach Atem, und der Griff lockerte sich. Abrupt ließ die Gestalt ihn los und trat zurück.
    “Du hast mich überrascht”, sagte sie. Als wäre es sein Fehler, dass sie versucht hatte, ihn zu erwürgen.
    Er erkannte die Stimme. Es war Sylvie, die Zofe der Herzogin, die ihn am Nachmittag abgeholt hatte. “Oh”, sagte er verwirrt und zitterte dabei von Kopf bis Fuß.
    “Du hättest nicht so spät heimkommen dürfen”, erklärte Sylvie. “Ich musste über eine Stunde auf dich warten.” Mit ihrer behandschuhten Hand klopfte sie sich den Staub ab und öffnete den Blendschutz ihre Laterne. Sie trug eine eng anliegende Reithose, ein Männerhemd und derbe Stiefel, ihr Haar hatte sie unter einer Kappe verborgen. Seine Augen weiteten sich. Wenn er sie aus der Entfernung gesehen hätte, wäre er nicht auf die Idee gekommen, eine Frau vor sich zu haben. Vielleicht war das der Sinn ihrer Verkleidung. Eine einsame Frau, die zu dieser Nachtstunde in den Stallhöfen herumlief, konnte leicht in Schwierigkeiten geraten.
    “Worauf hast du gewartet?”, erkundigte sich Henri.
    Ihr harter Schlag gegen seine Schulter traf ihn völlig unerwartet, und es gelang ihm nicht, sich rechtzeitig zu ducken, um die Wucht des Hiebs zu mildern. “Das ist also die Ergebenheit eines Stallburschen”, zischte Sylvie. “Du hast es bereits vergessen! Madame wird sehr enttäuscht sein!”
    Henri setzte sich ins Stroh. Er hatte nicht beabsichtigt, sich zu setzen, aber plötzlich saß er dort und suchte mit den Fingern im Stroh Halt. “Madame?”, flüsterte er.
    “Ja, Dummkopf! Hast du nicht gesagt, du könntest ihr helfen zu fliehen, wenn es nötig ist? Nun, jetzt ist es nötig. Sie muss fliehen, und sie geht
nirgendwo
ohne mich hin, außerdem werden wir einen Wächter bei uns haben, einer der Eunuchen wird uns begleiten. Und sie sagt –
sie
sagt –, wir brauchen dich. Obwohl ich kaum sehe, wo du uns von Nutzen sein kannst. Der Eunuch und ich können uns genauso gut um die Pferde kümmern, wenn wir uns darin abwechseln, sie zu beschützen. Aber Madame soll bekommen, was sie will. Darum musst du mit uns kommen.”
    Henri blinzelte verwirrt. “
Jetzt?”
    Sylvie packte sein Hemd, riss ihn hoch und schüttelte ihn. “Ich bin nicht um meiner selbst willen hier, du dummer Junge! Bereite alles vor, wir brechen morgen auf.”
    Sofort fing Henri an, im Kopf wild zu rechnen. Wenn es um komplizierte Berechnungen ging, brauchte er einen Stecken, mit dem er die Zahlen in den Staub schreiben konnte. Aber selbst ohne dieses Hilfsmittel wusste er, dass er nicht genug Geld hatte, um sich auf einer Reise, egal wie lang sie war, zu versorgen. Es reichte erst recht nicht für die Herzogin und ihr Gefolge, selbst wenn das nur zwei Personen waren. Es würde ihm auch nicht möglich sein, unterwegs genügend zu verdienen. “Es wird nicht reichen”, gestand er und versuchte, es der Zofe zu erklären. “Ich gebe ihr nur zu gern alles, was ich habe, aber es wird nicht lange reichen. Was werden wir tun, wenn mein Geld ausgeht?”
    Sylvie

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