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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Hilfsbereitschaft, Vorboten für inneren Anstand, der jeden Adeligen auszeichnete.
Nun auch einige Worte zu den Nachmittagen. Da erhielten die Junker zwar zweimal wöchentlich auf Frowangs Turnierplatz ihren Offiziersunterricht, doch an den übrigen Tagen waren sie, wie alle Druidenschüler, zu Hilfstätigkeiten in der Stadt oder deren Umgebung eingeteilt. Die verrichteten die Studenten gerne, da sie stets nach ihren persönlichen Ausbildungszielen oder Neigungen gewählt wurden. So bekam Chlodwig, der Kontaktfreudige, von den Ratsleuten kleine Botenritte zu den Bürgermeistern der umliegenden Frowanger Bezirksdörfer aufgetragen, und der Kunst liebende Waldur durfte in den Werkstätten des Baumeisters Erik helfen, was sein Interesse an Kunst und Architektur zunehmend steigerte.
Blieben noch die abendlichen Freistunden der Studenten. Die verbrachten sie auf ihrem wunderschön mit Zierbäumen und -sträuchern angelegtem Druidenhügel mit Gesang, Tanz und Gesellschaftsspielen. Es sei denn, es fand ein Volksfest statt, dann mischten sie sich auf den Festwiesen oder in den vielen einladenden Gartenschänken der Stadt unter die Frowanger, die sie mit Freuden mitfeiern ließen.
    A lles in allem kann man sagen, dass es den acht Hohen Ratsstudenten in Frowang gefiel. Besonders, als sich das erste Schuljahr dem Ende zuneigte und jeder von ihnen hoffen konnte, in die nächste Klasse versetzt zu werden. Und bereits dieses eine Ausbildungsjahr hatte sie sichtbar verändert. Schaut sie euch an, sie wirkten jetzt vergeistigter und stachen schon mit ihrem zuvorkommenden Benehmen von den anderen Druidenschülern ab - überboten natürlich von den Hohen Ratsstudenten der höheren Klassen, zu denen ja auch Hilibrand zählte.
Eine geradezu frappierende Veränderung aber wies Waldur auf. Er, seit jeher voll heller Magie, lernte nunmehr mit ihr umzugehen, was sich äußerlich am deutlichsten an diesem aufgekommenen und immer intensiver werdenden Phosphorisieren seiner tiefblauen Augen zeigte. Er war der bestaussehende Junker seiner Klasse geworden - athletische Figur und ebenmäßiges Gesicht, aus dem jetzt diese magischen Augen leuchteten. Trotz seiner kaum merkbar nachgelassenen Tapsigkeit wurde er von den Jungfern umschwärmt wie sonst kaum ein Jüngling.
    S iglind, die Waldur auf ihres Vaters Kunstgelände hin und wieder begegnete, reihte sich nicht unter diese Schwärmerinnen ein - oder etwa doch? Wohl eher nicht, denn sie trug zu jener Zeit noch Kinderschuhe, ebenso wie in Miltenberg Gudrun. Und gewiss interessiert euch in diesem Zusammenhang auch, wie es jetzt um Chrodegilde und Waldur stand. Nun ja, vergessen hatten sie einander nicht, doch ihre gegenseitigen Gefühle waren im Laufe des zurückliegenden Jahres, bedingt durch ihre Ausbildungen, in den Hintergrund getreten. Natürlich hatte Waldur Chlodwig zwischenzeitlich seine Romanze mit Chrodegilde bis in die Einzelheiten erzählt, worauf Chlodwig ihm empfohlen hatte, brieflichen Kontakt mit ihr aufzunehmen. Gut gemeint von ihm, nur konnte Waldur diesen Rat wegen Chrodegildes scharfer Überwachung, die sich gewiss auch auf ihre Post bezog, nicht befolgen.
Schließen wir uns also Waldur an und üben uns diesbezüglich gemeinsam mit ihm in Geduld.
    A ls schließlich wenige Tage nach Ostern alle acht Hohen Ratsschüler glücklich ihr Klassenziel erreicht hatten, brachen sie frohgemut nach Hause in die großen Ferien auf. Waldur und Hilibrand dagegen machten sich auf, um gemeinsam in den Alpen bei Waldurs Großeltern mütterlicherseits eine erholsame Zeit zu verbringen.
Was Chlodwig seinem Freund verübelte, denn hatten sie sich letzten Sommer nicht geschworen, sich nie wieder so lange zu trennen, zumindest nicht freiwillig? Und nun ließ er ihn einfach an den Stallungen zurück - eine zwar warmherzige Umarmung, dann „ade, Floh, ade“, noch mehrmaliges Nachwinken von den Pferderücken her, dann war er verschwunden, mit seinem Vetter, nicht mit ihm.
Chlodwig graute vor dem bevorstehenden endlos langen Trennungsschmerz, sicher werden ihn dann wieder diese seltsamen Krampfanfälle und dieses Kopfzurren sporadisch überfallen, war seine Befürchtung. Deshalb hatte er Waldur in letzter Zeit immer wieder zu überreden versucht, wenigstens die ersten zwei Wochen der Ferien mit ihm in Frowang zu verbringen, wo sie dann etliches miteinander unternehmen könnten. Jedoch vergeblich, denn Waldur hatte der Anordnung des Fürstenpaars, mit Hilibrand zu seinen Großeltern zu reiten, gehorchen

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