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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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er, schlug ihr aber gleich drauf vor: „Ich könnte dich zu Pferd nach Hause bringen, dort steht mein Scalla, der macht das gerne.“
„Das wäre nett“, stimmte sie, gegen ihren Willen, freudestrahlend zu.
Darauf nahm er ihr den Einkaufskorb ab, schnallte ihn auf Scallas Rücken vor dem Sattel fest, half anschließend Siglind hinter dem Sattel auf Scalla hoch und kletterte am Schluss selbst zwischen sie und den Korb. „Halte dich am Sattelbogen fest“, sagte er ihr, als er Scalla in Bewegung versetzte.
Sie tat es. Lieber hätte sie sich an Waldur festgehalten, die vor Aufregung bebende, sechzehnjährige Siglind, doch sie zwang sich, wieder reserviert zu sein.
Nachdem sie die breite Schlossallee überquert und die zum Künstlerviertel führende Seilergasse erreicht hatten, drehte Waldur kurz seinen Kopf zu ihr hinter, um sich zu erkundigen: „Dein Vater hat letzthin erwähnt, seine jüngste Tochter wolle mal die Druidenschule besuchen, bist das etwa du?“
„Ja, und ich bin auch schon für nächstes Jahr angemeldet.“
„Sieh an“, sagte er, „und sicher studierst du dann Musik.“
„Nein, Waldur, Heilkunde. Aber bis vor kurzem habe ich tatsächlich Tempelmusikantin werden wollen.“
„Weiß ich doch noch“, lächelte er zu ihr hinter, „hast es mir doch damals stolz erzählt, und in der Andachtshalle hast du dann wunderhübsch Rohrflöte gespielt. War das nicht sogar dein Geburtstag? Dein Vater spricht oft so reizend von seiner Sonnwendtochter.“
„Nett von ihm. Aber ich bin kein Mittwinter-, sondern ein Mittsommerkind, meine Mutter hat mich zur Welt gebracht, als die Sonne gerade das Sternbild Krebs, den Brachetmond, begrüßte.“
Eine Krebsgeborene also, merkte er auf, daher dieses Nixenhafte. Und gefühlsbetont müsse sie sein, sogar verletzlich, doch ausgestattet mit zähem Willen. Eine gefühlvolle Jungfer also, die weiß, was sie will.
Sie unterbrach seinen Gedankengang: „Seit ich damals in der Andachtshalle Flöte gespielt habe, erteilt mir ein Tempelmusikant Unterricht.“
„Wie schön, Siglind, wie schön. Ich wollte, ich könnte ebenfalls Musikstunden nehmen. Welches Instrument spielst du denn?“
„Mehrere Instrumente, doch am liebsten die Pan- und die Doppelflöte.“
Das erstaunte ihn: „Respekt, Siglind!“
Dann wurde er nachdenklich, und nach einigen Schritten hielt er Scalla an, wandte sich zu ihr um und fragte sie: „Sag, Siglind, würdest du auch gerne Lurenspielen lernen?“
Ihr Gesicht wurde noch durchscheinender, als sie ihm darauf gestand: „Mein Traum, Waldur. Aber solch ein Instrument findet man höchstens noch in alten Tempeln, behütet wie ein Heiligtum.“
Sie lieb anschauend, bot er ihr an: „Ich habe eine Lure, die stelle ich dir gerne zur Verfügung. - Nein, ich schenke sie dir.“
„Eine - wirklich eine Lure?“
„Sicher, ich habe sie vom Nordsvebenfürsten bekommen, er hat mal Skalde werden wollen. Wenn du heute Nachmittag zu mir in den Palast kommen willst, gebe ich sie dir, andernfalls bringe ich sie dir heute Abend vorbei.“
„Waldur“, fragte sie nochmal nach, „du willst mir wirklich eine Lure schenken?“
„Aber ja. Ich wüsste nicht, in welchen Händen sie besser aufgehoben wäre, als in deinen.“
Auf dem Rest des Weges musste sie sich zusammennehmen, um nicht vor Glück überzusprudeln. Ihr erstes, so lange erträumtes Gespräch mit Waldur, der greifbar vor ihr saß, und dann - sie soll eine L u r e bekommen.
    B ereits zwei Stunden später betrat Siglind erwartungsfreudig den Palast. Im Parterreflur begegnete ihr Hilibrand, der sie zwei Stockwerke höher in Waldurs Arbeitszimmer führte.
Dort saßen sie ein Weilchen zu dritt beisammen, wobei sie über die Wintersonnenwende vor fast vier Jahren plauderten und darüber lachten, wie Siglind rückwärts ins Wasser geplumpst war und Hilibrand sie wieder herausgefischt hatte. Doch bald fiel Waldur bei Siglind, trotz ihrer zur Schau gestellten Reserviertheit, Unruhe auf. „Entschuldigt mich einen Moment“,bat er deshalb und eilte hoch in seine Dachstube, um den Birkenholzkasten mit der Lure zu holen.
Rasch damit wieder zurück, legte er ihn in Siglinds ausgestreckten Arme. Von da an war sie nicht mehr ansprechbar, betrachtete nur den Lurenkasten, ehrfürchtig wie ein Heiligtum, fand Waldur. „Möchtest jetzt wohl gehen“, sagte er ihr deshalb, worauf sie dankbar einging:
„Ja, ich will das Instrument doch meinem Musiklehrer zeigen, bevor er Unterricht halten muss.“
„Dann führen wir dich

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