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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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sie den Zentgrafen an. Er machte eine auffordernde Geste und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Luzia hatte das untrügliche Gefühl, es wäre besser, wenn sie tat, was er verlangte. Also bückte sie sich zum Eimer, setzte die Perücke ab, wusch kräftig das Gesicht und trocknete sich mit ihrer Schürze ab. Es erschienen noch Spuren von Farbe auf dem Tuch und sie wischte sorgfältig um die Augen herum, bis sie keine Flecken mehr fand. Dann löste sie den Knoten in ihrem Nacken und stellte sich wieder dem Zentgrafen gegenüber. Diesmal zeigte sein Gesicht Wohlwollen, fast ein Lächeln. »So gefällst du mir schon viel besser. Du bist also unverheiratet. Wie kommt das?«
    »Wie das kommt? Äh … mein Verlobter … er macht eine Wallfahrt und wenn er wiederkommt …«
    »So triffst du dich mit einem anderen, während dein Verlobter Gottes Gnade sucht?« Wie ein Messer stachen seine Worte in ihr Herz. Das hatte sie übersehen. Sie verstrickte sich in ihrem Lügengespinst!
    »Äh, nun, wenn er denn nicht käme … ich betrog ihn nicht. Es war nur …«
    »Ah ja. So.«
    Unter seinem Blick krümmte sie sich zusammen. »Ich tat doch nichts Böses, Euer Gnaden. Darf ich nicht hier raus?«
    »Bevor wir darüber sprechen, muss ich dich bitten, meine Fragen zu beantworten.«
    »Aber ich sage ja alles. Mein Verlobter ist so lange schon weg und da machte mir ein anderer schöne Augen, dass ich überlegte, ob er nicht besser sei. Um sicher zu gehen, dass er keine andere hat, verkleidete ich mich und beobachtete ihn. Da, unvermutet, packten mich die Wachen und brachten mich hierher, wo ich doch nichts Böses getan habe, hierher in den verdammten Kerker …«
    Belustigung blitzte aus den Augen des Zentgrafen. »Wenn du das ›nichts Böses‹ nennst, acht Säuglinge zu morden, was ist dann böse für dich? Und ich bestehe darauf, dass du das Fluchen unterlässt.«
    »Fluchen? Ich habe doch nicht geflucht!«
    »Ist es so geläufig für dich, dass du nicht einmal weißt, wie sehr du dem Bösen verfallen bist?«
    Wahrscheinlich sah Luzia nicht besonders gescheit aus, als sie den Sinn dieser Frage begriff. »Verfallen? Euer Gnaden! Was redet Ihr denn da nur? Und was ist denn so verd… Ach, das meint Ihr. Was ist denn also so sehr böse daran, dass ich nicht weiß, weshalb ich hier bin? Und wann darf ich denn bitte gehen?« Langsam, Luzia, ganz ruhig und auf jedes Wort achtgeben. Du bist eine unbescholtene Jungfrau und hast nichts zu befürchten.
    »Mein liebes Mädchen, du wirst gehen, nachdem du meine Fragen beantwortet hast. Wohin, darüber reden wir später. Wie ist es, willst du kooperieren oder muss ich Maßnahmen ergreifen?«
    »Maßnahmen? Euer Gnaden, wie meint Ihr das? Herr Zentgraf, ich weiß nicht, weshalb ich hier bin und was Ihr von mir wollt, aber ich weiß, dass ich immer gottesfürchtig war. Mit den Kindern habe ich nichts zu schaffen und weiß auch nichts von ihnen. Einem Christenmenschen kann nichts Böses geschehen. Ich sparte für meine Aussteuer und möchte bitten, mir einen Advokaten zu besorgen.«
    Seine Augen begannen zu funkeln, er beugte sich gespannt vor. »Für die Aussteuer gespart? Wie viel mag das sein? Ein Advokat ist teuer. Wo hast du denn dein Geld versteckt? Na, das sagst du mir später. Sicherlich. Den Advokaten wirst du vor dem Prozess kennenlernen, wenn es denn zu einem käme. Ich werde dir einen aussuchen. Bis dahin wirst du mit mir vorliebnehmen müssen und nur mit mir. Niemand sonst wird dich auch nur ansehen. Extra dafür bin ich von Miltenberg hergekommen. Du wirst nicht hier rausgehen, bis ich es erlaube. Ich habe hier das Sagen. Nur ich. Und je schneller du das begreifst und demütig meine Fragen beantwortest, desto eher weiß ich, was mit dir zu geschehen hat. Hast du das verstanden?«
    Für einen Moment verschlug es Luzia die Sprache. Sie konnte nur die drohende Miene des Zentgrafen betrachten, bis sie dann schluckte. »Euer Gnaden, ich habe gehört, was Ihr sagtet. Verstanden habe ich es nicht. Ich bin das erste Mal bei einer Befragung. Bitte verzeiht, wenn ich mich ungeschickt anstelle.«
    »Ich bin es, der hier die Fragen stellt. Aber da du einen so offensichtlich verwirrten Eindruck machst, will ich es dir erklären wie einem einfältigen Kind. Ich bin Zentgraf Balthasar Noß, oberster Richter des Fürstabts in Fulda. Da ich in Miltenberg weilte, rief man mich wegen meiner Sachkenntnis des Hexenwesens. Ich bin hier zur Wahrheitsfindung in der Anklage der Hexerei gegen die unbekannte

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