Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
käme ihr wohl zupass. Und schon lange brauchte sie eine Freundin, der sie sich anvertrauen könnte. Warum nicht Cäcilie Ausbusch? Ihr Gesicht strahlte so viel Freundlichkeit aus, die roten Lippen formten so oft ein Lächeln, da musste doch Magdalene Sympathie empfinden.
Nein, mit diesen Gedanken betrog er sich selbst. Sicher wäre es schön, wenn Magdalene sich mit Frau Cäcilie anfreunden könnte, aber eigentlich war er es, der die schöne Nachbarin gerne im Herrenhaus sehen würde. Wie es wohl sein mochte, ihre Wange zu berühren, ihre Lippen zu schmecken? Es drängte ihn, seinen Arm um ihre Taille zu legen und ihren Körper dicht an sich zu pressen.
Was hatte er heute nur für Gedanken? Er musste sich rasieren und anziehen, wenn er nicht am Nachmittag wie ein Bauer vor ihr stehen wollte. Und dann musste er dieses elende Horoskop berechnen, bevor er darüber verzweifelte. Erst dann durfte er an Zerstreuung denken.
---
Beim Klappern der Schlüssel in der Tür schreckte Luzia auf. Ein Büttel, den sie nicht einmal vom Sehen kannte, öffnete und hielt die Tür für jemanden, der hinter ihm stand. Wer herein kam, war ein Priester. Überrascht erhob Luzia sich und sah ihn an. Er erwiderte ihren Blick. Oh, welch ein gutaussehender Mann! Fast stahl sich ein Lächeln in ihr Gesicht wegen seiner muskulösen Schultern. Unter der Tür musste er sich leicht bücken, dabei fiel eine Locke seines dunklen Haares in sein männlich geschnittenes Gesicht. Ein wahrer Adonis - genau Luzias Typ. Trotzdem gefiel ihr etwas an ihm nicht. Als er näher kam, bemerkte sie es um den Mund, einen Zug wie ein Kranker, als ob er an etwas leide. Sein langes, schwarzes Gewand mit weißem Kragen ließ ihn blass wirken. Jetzt erkannte sie, dass es kein Priestergewand war, nur ähnlich. Sie stand also keinem Priester gegenüber, wohl aber jemandem, der es gern wäre. Und in seinen Augen lag keine Spur Freundlichkeit. Als sie das sah, wurde ihr kalt.
»Guten Tag«, grüßte er und lehnte die Tür hinter sich an. »Ich bin Zentgraf Balthasar Noß aus Fulda. Wie bist du in diese Lage gekommen?«
Seine Stimme klang tief und volltönend und ließ einen angenehmen Schauer auf Luzias Rücken entstehen. Jetzt lächelte sie doch, achtete aber darauf, keine Verführung in ihrem Gesicht entstehen zu lassen. Sie wollte auf gar keinen Fall mit diesem Mann tändeln.
»Luzia Heußer, Euer Gnaden«, stellte sie sich vor, knickste und schlug die Augen nieder. »Ich weiß nicht, was man von mir will. Ich habe nichts Böses getan.« Bei diesen Worten klopfte ihr das Herz bis zum Hals und sie war sicher, dass diese kalten Augen das sonnenklar erkannten.
Der Büttel kam herein und stellte einen Stuhl hin, auf den sich der Zentgraf setzte. Luzia blieb davor stehen.
»Man behandelt dich doch gut?«
»Abgesehen davon, dass man mich einsperrt, keiner ein Wort mit mir redet und mich nicht einmal jemand anschaut - ja, Euer Gnaden.«
»Nun, ich denke, das musst du verstehen. So würdest du dich doch auch verhalten.«
»Wieso, Euer Gnaden? Warum sollte ich mich so verhalten? Ich habe doch nichts Unrechtes getan. Was wirft man mir denn vor?«
Das Lachen des Mannes klang nicht freundlich. »Na, es passiert doch nicht jeden Tag, dass plötzlich acht Kinder tot umfallen!«
Luzia wurde totenblass und fühlte ihre Knie weich werden. Das wollte man doch wohl nicht ihr anhängen! »Bei der Liebe unseres Herrn, damit habe ich nichts zu tun!«
Aufmerksam beobachtete er sie und sah in ihr Gesicht, dann rutschte sein Blick hoch auf ihre Haare. »Du trägst eine Perücke.«
Erst jetzt dachte Luzia an ihre Verkleidung. Im ganzen Keller gab es keinen Spiegel, sodass sie nicht einmal wusste, ob nicht ihr Gesicht verschmiert war. Unwillkürlich berührte sie ihre Wange. Noß sprang auf, griff nach ihrer Hand und betrachtete sie. »Das ist nicht deine natürliche Hautfarbe. Du bist gefärbt. Warum läufst du herum wie eine Zigeunerin?«
Als ihre Augen sich trafen und sie bemerkte, mit welch unwiderstehlicher Kraft er ihre Hand hielt, begann sie zu zittern. »Es … es geht um einen Mann. Ich traf mich mit ihm hier in der Stadt und … ich habe das Gefühl, es gibt da eine andere. Da wollte ich … ihm folgen, ihn beobachten. Und damit er mich nicht erkennt …«
»Wasch dich!«
Der Befehl kam mit einer solchen Wortgewalt, dass Luzia schon neben dem Eimer stand, bevor sie den Sinn überhaupt begriff. So hatte noch niemand mit ihr geredet, nicht einmal ihr Vater. Staunend sah
Weitere Kostenlose Bücher