Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
bei dem unheiligen Handel zu bleiben. Es stellt doch nur einen Vorgeschmack dessen dar, was dich nach dem Tode erwartet. ›Die Hölle‹ ist zum geflügelten Wort geworden. Was es wirklich bedeutet, das weiß niemand. Und glaube nicht, dass ich dir auch nur eine gelinde Ahnung dessen zu vermitteln vermag. Nicht im Geringsten. Was dich erwartet, ist viel, viel schlimmer. Viel schlimmer als alles, was ich dir antun kann.«
Er sah sich um und Luzias Blick folgte seinem. Sie befanden sich in dem kahlen Raum gegenüber ihrer Zelle, dessen Zweck sie sich nicht hatte erklären können. Jetzt kannte sie ihn.
»Ach«, seufzte Zentgraf Noß, »niemand dachte, dass diese Räume so bald benötigt würden. Noch nichts ist fertig. Schon den Rathauskeller wähnte ich schlecht genug, und jetzt dies hier. Das Miltenberger Rathaus sieht eindrucksvoller aus, Zweckdienlichkeit gibt es jedoch dort auch nicht. Das hatte ich mir hier erwartet. Was brauche ich die alten Ungetüme? Eiserne Jungfrau, Dornenstuhl, Spanisches Pferd … Das benutze ich nicht. Nur ein Minimum benötige ich und selbst das finde ich nicht vor. In Fulda haben wir alle Möglichkeiten, aber hier ist alles so primitiv! Als ich erfuhr, was mich erwartete, konnte ich gerade das Nötigste in mein Bündel stecken. Hätte ich sie nicht mitgebracht, es gäbe nicht einmal diese Handschellen hier. Ich brachte nur die Fesseln und eine Peitsche.«
So sanft und liebevoll sprach er, dass es Luzia kalt den Rücken herunterlief. Das Grauen erfüllte sie bis in ihr Innerstes. Die Blicke des Mannes liebkosten das Marterinstrument auf dem Boden. »Es ist diese lange, aus festem Leder geflochtene, die ich am liebsten verwende. Man kann damit die Schläge dosieren. In den richtigen Händen tut es nur gehörig weh - oder es platzt die Haut auf, dass ein Leben lang wulstige Narben zurückbleiben - ganz wie man wählt. Hundert Schläge sind tödlich, aber nur, wenn man tüchtig ausholt. Das Fleisch wird von den Rippen gerissen, die Eingeweide kann man damit herauszerren. Und, Luz, die Auspeitschung gilt noch nicht als Folter. Das ist nur die Strafe für Verstocktheit. Man nimmt die Rute oder die Peitsche, wenn der Inquisit nicht antworten will. Wie gut, dass ich mir meine eigenen Büttel mitbrachte. Die wackeren Burschen besorgen kräftige Ruten, denn für den Anfang will ich dir noch nicht zu sehr wehtun, Luz. Ich erwarte Reue und Umkehr, meine Liebe. Jeder ohne Buße hingerichtete Ketzer ist eine verlorene Seele. Der Rauch des Scheiterhaufens saugt seine Seele zur Hölle. Unser lieber Herr Christus verliert ungern Seelen.«
Luzia verlagerte ihr Gewicht auf die Zehenspitzen und rasselte dabei mit den Ketten, die sie an den Haken in der Decke fesselten. »Bitte, ich bin keine Hexe! Glaubt mir doch!
»Ach, Kleines, wie gerne würde ich dir glauben.« Zärtlich berührte er ihre Rippen dicht unterhalb der Brust und die Wärme seiner Hände wirkte beruhigend, als er sie dort liegen ließ. Er strich sacht über ihre Körperkonturen. »Weiche, zarte Haut. Du bist eine Schönheit, Luz, weißt du das überhaupt? Das haben dir schon viele Männer gesagt, oder? Dein wohlgeratener Leib zieht die brünstigen Hengste an. Du hast alle Möglichkeiten, einen lieben Ehemann zu finden. Selbst ein Edelmann wird schwach bei diesem Prachtgewächs. So schlanke Taille, so fester Busen. Dein Haar hat die Farbe, dass es jeder Mann sich gerne auf seiner Brust ausgebreitet vorstellt. Dein Gesäß fasst sich stramm an und deine Hüften versprechen eine gesunde Kinderschar. Einen jeden Bullen überkommt es beim Anblick deiner Lenden, seinen Stempel in deine Punze zu stoßen.«
Übelkeit überfiel Luzia bei seinen sanften Berührungen, dem zarten Streicheln seiner Fingerspitzen, seinem heißen Atem auf ihrer Haut. Er trat einen Schritt zurück, seine Stimme klang auf einmal rau wie aus einer Kehle aus Gusseisen. »Für mich bedeutet es eine Überwindung, wenn ich das alles zerstören muss. Aber manchmal ist es einfach nötig. Wenn mich hier auch nicht die gewohnten Voraussetzungen erwarten, ich werde schon mit den Gegebenheiten zurechtkommen. Nicht einmal ein Rasiermesser gibt es hier! Dabei ist es doch so wichtig, dich am ganzen Körper zu scheren. Der Teufel macht nämlich - sagte er es dir überhaupt? - auf jeden Körper ein Mal, wenn der Vertrag unterzeichnet ist. So wie der Bauer sein Vieh zeichnet, so wie man in ein Buch seinen Namen schreibt. Der Teufel ist nicht dumm, sein Mal macht er nicht offen
Weitere Kostenlose Bücher