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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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sichtbar für jeden. Wir brennen der Hure das Brandmal auf die Stirn oder schneiden dem Betrüger die Nase ab, damit das Zeichen den gottesfürchtigen Mann warnt. Doch der Teufel will nicht, dass wir Diener des Herrn die Seinen erkennen. Du bist begehrenswert, Luz, und deine Schönheit nutzt Satan, reine Seelen zu verderben. Da wäre ein sichtbares Mal hinderlich. Darum steckt er dieses Mal unter die Haare. Besonders unter diese.« Er schob seine Hand zwischen ihre Schenkel. Unwillkürlich entfuhr ihrer Kehle ein Laut des Ekels. »Das ist der Grund, warum die Wachmänner dich als erstes dort scheren müssen, Kind.«
    Er zupfte an den Haaren. Luzia versuchte sich abzuwenden, aber außer dass sie stechende Schmerzen in ihren Schultern bewirkte, nützte es ihr nichts. Er packte sie mit Gewalt und hielt sie fest, starrte ihr in die Augen, dass sein Atem übelriechend in ihr Gesicht schlug. »Wo finde ich dein Mal, Kleines? Oft sitzt das Zeichen tiefer. Je reicher Satan seine Lieblinge belohnt, desto umsichtiger versteckt er es. Stell dir vor, Luz, ich fand schon ein Mal versteckt tief in der Scheide einer Frau und eines im Rektum eines Mannes. Da muss ich bei der Suche natürlich auch sorgfältig nachschauen. Ach, das wird eine unangenehme Aufgabe. Oft ist es übelriechend und eng, so dass ich bei sorgfältiger Inspektion etwas zerreiße und vor Blut wenig sehe. Doch ich werde meine Pflicht erfüllen. Wenn es dann entdeckt ist, muss es sorgfältig ausgebrannt werden. Nicht einmal dafür sind hier die Voraussetzungen. Ich erwarte einen Hochofen, mit dem ein Eisen blitzschnell weißglühend ist. Hier bekomme ich ein Holzkohlebecken, ein besseres Gartenfeuer, mit dem es ewig dauert, etwas herauszubrennen. Da muss ich mehrere Male ansetzen, wieder und wieder, bis alle Spuren des Teufels beseitigt sind, wie ein Krebsgeschwür tief im Gesunden.«
    Luzia atmete flach, um sich nicht erbrechen zu müssen. Die Bilder dessen, was er ihr androhte, flimmerten vor ihren Augen. Ihr Herz galoppierte, Schmerzen rasten aus ihren Schultern durch ihren Körper. Endlich ließ er sie los, dass sie wieder ihr Gleichgewicht finden konnte. »Ach, wenn mir alle Werkzeuge fehlen, werde ich das Feuer so nehmen müssen. Feuer reinigt. Der reine Schmerz wird die Wahrheit aus dir sprudeln lassen, so es meine guten Worte nicht vermögen. Und wenn du nicht gestehst, ja, höre die Rechtsprechung bei einer nicht geständigen Hexe: Brennt das Übel aus ihr heraus, sagt das Recht. Auf dem Weg zum Scheiterhaufen werden alle Stellen herausgerissen und verbrannt, die Satan der Hexe verdarb. Da wäre zuerst die Zunge, mit der sie ihre Unschuld heuchelt. Dann die Augen, mit denen sie jammervoll Gnade erschwindelt. Die Brüste, deren Zweck nur das Ködern der Keuschen ist. Und zum Schluss die Scham, die sie aus Wollust spreizt und Satan zur Unzucht darreicht. Was sich dann noch in Qualen auf dem Scheiterhaufen windet, wird geradewegs in die Hölle fahren. Ist das der Weg, den du beschreiten willst, Luzia?«
    Seine Worte wurden laut, er brüllte sie ihr ins Gesicht, so dass sie zurückweichen wollte. Sie glitt mit ihren bloßen Füßen auf dem Steinboden aus und fiel in die Fesseln hinein. Wie ein Speer stach der Schmerz in ihre gequälten Schultern, dass sie aufschrie. Befriedigt lehnte der Zentgraf sich zurück. »Nein, Luz, mein Kind, dieses Schicksal wünsche ich niemandem. Und du wünschst es dir auch nicht. Gestehe den Pakt mit dem Teufel und du entgehst der Hölle.«
    Ohne Anklopfen öffnete sich die Tür, was Luzia an einem kalten Zug merkte, der über ihren Körper strich. Die beiden Wachleute kamen herein und trugen einen schmalen Tisch zwischen sich. Sie stellten ihn im Rücken des Inquisitors ab und gingen hinaus. Er drehte sich nicht einmal um, behielt nur Luzia im Auge. Sekunden später kehrten die beiden zurück und legten ein ganzes Bündel Ruten auf den Tisch. Daneben warfen sie scheppernd rostige Werkzeuge, Brecheisen, Zangen und spitz zulaufende Eisen. Das Kohlebecken mussten sie zu zweit tragen. Einer füllte aus einem großen Sack grobe Brocken Holzkohle hinein, der andere leerte die ganze Flasche Branntwein darüber. Danach verließen sie den Raum. Zentgraf Noß nahm einen Kienspan, entzündete ihn an der Kerze, sah einen Moment in die kleine Flamme und warf sie in die Kohlen. Fauchend entzündete sich die Flüssigkeit und brannte mit einer Stichflamme.
    »Nein«, flüsterte Luzia. »Euer Gnaden! Das könnt Ihr nicht machen! Oh Gott, ich bin

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