Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
schönes Gesicht vor Schmerzen. Besorgt sprang Luzia hinzu. Sie half ihr herein durch die enge Tür und bugsierte sie in einen Sessel. »Oh mein Gott, Herrin, es tut mir ja so leid! Was hat er dir nur angetan!«
Magdalene lehnte sich schwerfällig zurück und versuchte ein Lächeln. »Das wird schon wieder. Ich kenne es. Morgen geht es mir besser. Ich muss nur eine Weile ausruhen.«
Luzia hockte vor ihr und sah zu Lukas hoch. »Sie muss zu einem Arzt!«
Er schüttelte den Kopf. »Das geht jetzt nicht. Balthasar gab sie nur heraus, weil wir ihn überrumpelten. Der Vikar ging mit uns in den Keller und überreichte ihm den Taufschein. Balthasar war allein mit ihr und konnte sich nicht weigern, so sehr er auch zeterte und tobte. Er drohte dem Vikar und versprach, gleich morgen früh mit Ermächtigung des Erzbischofs die Befragung fortzuführen. Gott war uns gnädig und ließ den Vikar standhaft bleiben. Als er dann die Tür öffnete und den Blick freigab auf meine Schwester … Mein Herz brach. Luzia, er wird ihr niemals Frieden gönnen. Du bleibst jetzt mit ihr hier drinnen und wir lassen Gras über die Sache wachsen. Auch ich darf mich nicht rühren. Wenn es einigermaßen sicher ist, werde ich euch beide außer Landes bringen. Ich muss nach oben. Sobald ich kann, komme ich wieder. Haltet durch!«
Lukas gab Magdalene einen Kuss auf die Stirn und reichte Luzia die Hand, die er auffällig lange drückte, drehte sich abrupt um und verschwand durch die Tür. Luzia sah ihm nach und rieb mit den Fingern über die Stelle, die er berührt hatte. Die Wärme seiner Hand hielt sich lange und schien sich über die Haut in ihrem Körper zu verteilen. Versunken lächelte sie, bis sie Magdalene hinter sich stöhnen hörte. Wie ein Stich in die Brust meldete sich ihr schlechtes Gewissen und sie wandte sich schnell zu Magdalene. »Kann ich dir etwas Gutes tun, Magdalene? Möchtest du Wasser?«
Ohne auf Antwort zu warten, brachte sie gleich einen Becher und Magdalene trank durstig.
»Danke«, murmelte sie, während Luzia den leeren Becher wegstellte und sich den Stuhl heranzog. »Danke für alles. Du könntest schon lange weg sein, aber du bist das Risiko eingegangen, mir zu helfen. Lukas hat es mir erzählt.«
»Pah, das ist doch alles meine Schuld! Durch mich sitzt du in dieser Patsche, da ist es das Mindeste, dass ich meinen Fehler wiedergutmache.«
»Er hätte mich sowieso geholt. Das war doch nur ein willkommener Anlass. Sonst hätte es sechs Wochen oder drei Monate länger gedauert. Er lässt mich nie in Frieden. Dafür habe ich ihn zu sehr gedemütigt.«
»Gedemütigt? Du hast Zentgraf Noß gedemütigt? Weil er dich nicht verbrennen durfte?«
»Es ist eine alte Feindschaft. Auch das erste Mal nahm er mich nur deshalb fest. Wir kennen uns seit der Kindheit.«
Spontan lachte Luzia auf. »Seit der Kindheit? Grundgütiger Heiland, dieses Scheusal war einmal ein Kind? Unglaublich.«
Irritiert sah Magdalene sie an, dann senkte sie den Blick. »Oh ja, er war einmal ein vielversprechender Knabe. Und ich ein von vielen begehrtes Mädchen. Bis Gottes Gericht uns beide traf.«
Magdalene stierte so trübsinnig vor sich hin, dass Luzia das Lachen vom Gesicht fiel. Arme Jungfer. Luzia hatte noch vom Berg herunter rennen können, aber wie Magdalene aussah, hatte Lukas sie den ganzen Weg tragen müssen. Was musste sie erdulden? Nun, Trübsal blasen nützte keinem. Vielleicht half eine kleine Aufmunterung? Meistens tat es schon gut, zu einer mitfühlenden Seele zu reden. Sie räusperte sich.
»Es sieht so aus, als ob wir eine ganze Zeit hier bleiben müssten. Wenn ich diese Geschichte erfahren dürfte, wäre es schön.«
Luzia holte Magdalene einen frischen Becher Wasser, reichte ihr eine Wolldecke und machte es sich auf ihrem Stuhl bequem. Zuerst sah Magdalene aus, als ob sie nicht den Mund auftun wollte, doch dann begann sie mit leiser Stimme zu erzählen.
»Die Schwägerin unseres Vaters sorgte für mich, als Lukas nach Prag und von dort aus in den Orient reiste. Sie steckte mich in eine Klosterschule. Auf dem gleichen Gelände gab es auch ein Knabengymnasium. Balthasar war ein Externer, der begabte Sohn eines Försters aus der Umgebung, der jeden Morgen zur Schule kam und nach dem Unterricht wieder ging. Wie Kinder so sind, hielten wir Mädchen uns natürlich nicht daran, dass wir mit den Knaben nicht reden durften. Heimlich trafen wir uns, ließen uns Komplimente und kleine Geschenke machen und mussten stundenlang darüber
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