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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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seine Faust um den Griff seines Rapiers und lächelte tapfer.
    »Keine Sorge, Bichler, Ihr werdet mich nur begleiten müssen und ein gescheites Gesicht dabei machen. Es geht lediglich darum, ein Dokument zu übergeben.«
    Deutliche Erleichterung spiegelte sich in den Augen des Männleins wider und flugs trappelten seine Filzpantoffeln die Treppe empor. Gezeter klang aus dem oben gelegenen Schlafzimmer, dann klappte die Tür und Bichler kam in seinem schwarzen Rock herunter. Der gefältelte Kragen ragte halb in, halb aus dem Mantel und er trug noch seine Nachtmütze, aber prächtige Schnallenschuhe zierten seine Füße. Lukas überragte den Rechtskundigen um fast einen Kopf und zog am Zipfel der Nachtmütze, dass sie mitsamt dem spärlichen Haupthaar senkrecht emporstand. Bichler fasste nach und glättete die Strähnen über die dazwischenliegende Glatze, dann griff er zu der weiß gepuderten Perücke, die auf einem Wandbord neben der Eingangstür lag. Anscheinend hatten entweder Motten oder der Schoßhund der Gemahlin sich einen Teil des guten Stücks einverleibt, aber Bichler sah zufrieden aus und bereit für einen Ausflug. Lukas öffnete die Tür hinter sich und schob das Männlein hinaus.
    »Alles Wichtige erkläre ich Euch auf dem Weg.«
    Eine Gasse weiter wohnte einer der Torwächter, aber die vielversprechendere Adresse lautete Kellerwirtschaft. Lukas ließ Bichler davor stehen und ging selbst durch die Tür aus schwarzem Holz. Mit einem Blick über die weißgescheuerten Tische hatte er entdeckt, wen er suchte. Weil sowieso die meisten Augen aus dem Raum auf dem Neuankömmling lagen, hielt er mit einer Hand eine Silbermünze hoch, mit der anderen deutete er auf den Torwächter. Diese Sprache verstand der Mann auch über die Geräuschkulisse der Zechenden hinweg, er stand auf und ging mit Lukas durch die Tür. Ehrerbietig verneigte er sich und steckte die Münze ein.
    »Herr Professor, wie kann ich zu Diensten sein?«
    »Schließe uns das obere Tor auf, dann bekommst du noch eine Münze. Der Herr Advocatus und ich haben außerhalb der Stadt Geschäfte. Und wenn du auf uns wartest, bis wir zurück sind, und uns wieder herein lässt, das ist mir sogar einen Gulden wert. Was sagst du?«
    Der deutlich angeheiterte Mann machte große Augen, als Lukas die goldene Münze hochhielt, dann nickte er eifrig und ging mit großen Schritten voran. Selbst Lukas hatte Schwierigkeiten, mit ihm mitzuhalten, und der kleine Advokat geriet ins Rennen, um den Anschluss zu bewahren.
    »Wohin geht’s denn, Herr Professor?«, keuchte er, erwartete aber wohl keine Antwort bei diesem Tempo.
    Eine Lampe hätte er mitnehmen müssen, erkannte Lukas, nachdem er dem Wächter seine zweite Münze gegeben hatte. Der Weg lag stockdunkel vor ihm.
    »Herr«, meinte der Wächter, »Ihr wisst, dass der Bürgermeister verboten hat, nachts das Tor zu öffnen?«
    Noch eine Münze wechselte den Besitzer. »Dann ist es ja gut, dass du deinen Schoppen heute nicht verlassen hast!«, lachte Lukas mit falscher Fröhlichkeit. Sicher wusste er das. Und er wusste auch, dass die Kapelle auf dem Berg für Besucher gesperrt war. Hätte Luzia ihm nicht von ihrer Gefangenschaft berichtet, er hätte Margarete vergeblich in der Stadt gesucht. Wut ballte sich in seinem Magen und er strebte mit noch höherer Geschwindigkeit den Berg hinan als vorher neben dem Wachmann. Diese Unholde! Verschleppten Frauen in die schwärzesten Kerker, um sie ohne Recht und Gesetz zu quälen, weit weg von allen beobachtenden Augen, damit kein Anwalt ihnen beistehen konnte.
    »Herr, Herr, so wartet doch!«, keuchte der Advokat mit ersterbender Stimme und jetzt erst merkte Lukas, dass er mit geballten Fäusten wie ein Stier davongeprescht war. Auch sein Atem ging angestrengt. Er hielt an und drehte sich um. Tief atmend wartete er auf das Männlein, das jetzt langsamer herbeikeuchte.
    »Herr Professor, so sagt mir doch, wohin es denn geht!«, japste der Advokat und hielt sich die Seiten.
    »Bichler, Ihr müsst nur eifrig nicken, wenn ich Euch ansehe. Mehr nicht. Wir gehen zur Kapelle. Dort wird meine Schwester festgehalten, weil sie ein wichtiges Papier nicht finden konnte. Weiber! Keine halbe Stunde später sah ich es unter meinem Pult liegen.«
    Der Advokat rang nach Luft und stemmte die Hände auf die Oberschenkel. »Was … was tut sie in der Kapelle?«
    »Ja, lieber Bichler, wenn ich das wüsste! Meiner Schwester als Spross eines alten Adelsgeschlechts wollten sie wohl die Schmach des

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