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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Aufenthalts bei den gräulichen Hexen im Rathaus ersparen.«
    Trotz seiner derangierten Verfassung hob der Advokat den Finger. »Das wird es sein, Herr Professor. Das gesamte Rathaus ist vollgestopft mit schauderhaften Weibern, denen die Boshaftigkeit aus den Augen starrt. Jede Verrichtung auf dem Amt wird zur Tortur bei den giftigen Dämpfen, die aus den Arrestzellen durch die Stuben ziehen. Wohlgetan, das edle Fräulein von diesem Spektakel fernzuhalten.«
    Da sich sein Atem mittlerweile erholt hatte, ging Lukas trotz des Japsens seines Begleiters langsam weiter. Nicht mehr weit bis zur Kapelle, ein warmes Licht schien durch die Bäume und Lukas strebte wieder schneller voran, ohne Rücksicht auf den kurzatmigen Advokaten.
    An der Kapelle angelangt stieß Lukas gleich die Tür auf. Vor dem hell erleuchteten Altar kniete eine dunkle Gestalt, die sich erst rührte, als die Eingangstür gegen die Wand schlug. Der Vikar aus der Stadtkirche erhob sich mühsam und kam ihnen entgegen. »Herr Professor! Wie unerwartet. Was treibt Euch hierher?«
    »Herr Vikar, ich will nicht um den heißen Brei herumgehen und auch von Euch nicht verlangen, dass Ihr Euch verstellt. Ich weiß, dass meine Schwester hier festgehalten wird. Glaubt mir bitte, dass sie unschuldig angeklagt wird. Bevor Ihr etwas entgegnet, seht, was ich unter meinem Pult fand.«
    Aus seiner Jacke holte er den in einen Umschlag gehüllten Taufschein hervor und reichte ihn dem Vikar. Misstrauisch nahm er das Dokument entgegen und las es aufmerksam im Licht der Altarkerzen.
    »Der Taufschein, tatsächlich. Allerdings befreit das Eure Schwester nicht von jeglichem Verdacht.«
    Lukas spürte sein Herz klopfen und das nicht allein von dem anstrengenden Weg. Je kritischer der Geistliche auf das Papier sah, desto schneller pochte es. »Herr Vikar, ich bitte Euch. Meine Schwester besucht regelmäßig Euren Gottesdienst und lässt keine Beichte aus. Welche Sünde wusste sie Euch je zu beichten, außer die Köchin gescholten zu haben, weil sie das Essen anbrennen ließ? Sie lebt keusch und fromm in Abgeschiedenheit, um mir die Liebe zu vergelten, die ich ihr als Bruder nach dem frühen Tod ihrer Mutter gab. Die Sorge um mein Wohlergehen hindert sie sogar an der Pflicht, einem Ehemann zu dienen. Wäre nicht meine ungeschickte Art, die mich vom Heiraten abhält, sie diente dem Herrn im Kloster, da bin ich sicher. Was nur wirft man ihr vor, außer dem Ungeschick, ihre Papiere nicht selbst gefunden zu haben?«
    Nachdenklich starrte der Vikar auf das Dokument. »Nun … so lernte ich sie kennen. Allerdings, was der Herr Zentgraf von ihrer Vorgeschichte aus Fulda berichtete …«
    »Sie wurde entlassen. Herr Vikar, wenn Ihr den Herrn Zentgraf beobachtet habt, wisst Ihr, dass er keine Schuldige freilässt. Meine Schwester wurde verleumdet von Studenten, die mir mein missbilligendes Urteil übel nahmen. Als Lehrer muss ich manchmal Schüler tadeln, das werdet Ihr nachvollziehen können. Und dass Schüler manchmal bösartig handeln, dürfte Euch auch keine Neuigkeit sein. Meine Reputation war untadelig, weshalb ihre billige Rache sich gegen meine tugendhafte Schwester richtete. Doch selbst dieser Bösewicht zog seine Anklage zurück, als ihm die Konsequenz seines Tuns ersichtlich wurde. Nichts konnte ihr nachgewiesen werden, weshalb man die Anklage ohne weiteres fallenließ.«
    »Weshalb dann geriet sie heute in diesen argen Verdacht?«
    Lukas seufzte auf und beschwor sich, ruhig zu bleiben. »Weiber! Der Herr Zentgraf wollte in seiner Güte die ehemalige Angeklagte aufsuchen, um sich nach ihrem Wohlergehen zu erkundigen. Völlig aufgeschreckt, weil sie das Schlimmste befürchtete und auf einmal an ihrer eigenen Tugend zweifelte, brach sie zusammen, sowie er die Schwelle überquerte. Dies sah der Mann, der aufgrund seiner Berufung nur mit den bösartigsten Weibern zu tun hat, als klares Zeichen des schlechten Gewissens und Schuldeingeständnis. Obwohl auch er nichts Nachteiliges über meine Schwester ergründen konnte, verlangte er das Dokument von ihr. In ihrem Fieber wusste sie nicht, wo oben und unten war, und konnte es nicht finden. Um sicher zu gehen, nahm er sie mit. Nun, hier ist das Dokument. Es gibt keinen Grund mehr, sie festzuhalten. Ich verbürge mich für sie.«
    »Nun, Herr Professor, das ist ehrenhaft, jedoch …«
    Sofort unterbrach Lukas ihn, richtete sich zu seiner vollen Körpergröße auf und gab seiner Stimme den Ton, den er gegenüber rechthaberischen Kollegen

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