Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
nie sah ich wieder solchen Hass in den Augen eines Mannes.«
Oh ja, an diese Augen konnte Luzia sich erinnern und ihr wurde noch immer kalt, wenn sie daran dachte. Sie rutschte herüber und nahm Magdalene noch fester in den Arm. Dabei merkte sie, wie sehr sie selbst zitterte. »Krank. Hochgradig krank. Dieses Ungeheuer muss unbedingt beseitigt werden, schnellstens. Weil er seine eigenen Triebe nicht beherrschen kann, hasst er alles Weibliche und vor allem dich. In dir sieht er jedes Mal seine eigene Schuld, die er auch mit der schlimmsten Folter nicht aus sich herausbrennen kann. Erlösung erhofft er sich nur, wenn er alles Weibliche aus dieser Welt getilgt hat. Und so lange wird er wüten und toben und alle Frauen vernichten, derer er habhaft wird.«
Luzia spürte, wie Magdalene ihre Tränen abwischte und dann nickte. »Ja. So ist es. Vielleicht reicht es ihm auch, wenn er nur mich vernichtet. Wir sind vor ihm geflohen und dachten, hier sei ich sicher. Lukas nahm die Berufung nach Mainz an, ohne zu ahnen, dass der Erzbischof und der Fürstabt gemeinsame Sache machen. Für Lukas‘ Forschungen leben wir in kleinen Städten, damit er ungestört arbeiten kann, nichts den Glanz des Firmaments trübt. Aber hier spricht sich alles so schnell herum, es gibt so viele Gerüchte, so schnell ist man als Hexe verschrien.«
»War es wieder eine Denunziation?«
»Nein, diesmal wohl nicht. Noß erfuhr, dass ich hier bin, das reichte ihm. Der Stadtrat hat ihm aus Hexenfurcht alle Befugnisse übertragen und er führt sich auf wie ein König. Er schickte seine zwei Büttel, die mich ohne große Fragen gleich packten und aus dem Haus zerrten. Sie schleppten mich zur Kapelle. Die Falltür war blockiert, was sie sehr irritierte. Von unten wurde dagegen gepoltert, also befreiten sie die anderen. Ich war Nebensache, wurde wie ein Stück Gepäck mitgeschleift, bis sie sich meiner erinnerten. Gleich kam ich in die Zelle, die ja gar nicht so furchtbar ist. Es gab Geschrei und Aufregung, weil du geflohen warst. Sie sprachen dermaßen laut und aufgeregt, dass ich jedes Wort verstand. Es sei unmöglich, die Handschellen selbst zu öffnen, das sei eindeutig Hexerei. Balthasar ist sehr vertraut mit seinen Henkersknechten, auch wenn er vor seinen Opfern so tut, als ob sie sich kaum kennen. Mir scheint jedes Wort abgesprochen zwischen ihnen, um die Opfer noch mehr zu quälen. Ihre Belohnung sind die hilflosen Frauen, an denen sie sich reichlich bedienen. Stunden ließen sie mich allein, während sie dich suchten. Bei seiner Rückkehr war Balthasar außer sich. Er ließ mich auf einen Tisch binden und nahm mich gleich so.«
»Im Angesicht seiner Büttel?« Ganz deutlich malte Luzia sich die beiden aus, wie sie dem Schauspiel beiwohnten und sich sabbernd freuten, selbst abschließend an die Reihe zu kommen, wie sie ihre Hände nicht stillhalten konnten und sich bearbeiteten, um gleich bereit zu sein, wie sie lautstark ihren Herrn zu seinem Geschick beglückwünschten. Übelkeit wühlte in ihren Eingeweiden.
»Ohne Rücksicht darauf, dass sie feixend zusahen. Es ging ganz schnell vorbei, kaum dass ich aufschrie. Erst danach kam er zu sich und schickte sie hinaus. Seine eigene Bestrafung dagegen dauerte lange. Er malträtierte sein Gemächt mit glühenden Nadeln und saß dabei auf Eisendornen, die sich tief in sein Fleisch bohrten. Das erschöpfte ihn so sehr, dass er, nachdem er seine Kleidung zurechtgezogen hatte, nur die Knechte rufen konnte. Er befahl, mir die Gerte zu geben, und sank dabei in die Knie und las aus seinem Gebetbuch, wobei er immer wieder das Medaillon küsste. Die Knechte schlugen mich lustlos ohne Nachdruck. Das erzürnte ihn und es kam zum Streit. Sie wiesen die Schuld für deine Flucht von sich, während Balthasar ihnen mit Strafe drohte.«
»Soll er sie totschlagen«, zischte Luzia.
»Balthasar befahl, mich aufzuziehen. Sie beschwerten sich, es gäbe keinen Flaschenzug und sie wollten nicht schon wieder den Weg hinunter in die Stadt und den steilen Berg hinauf. Dann müsse es eben ohne gehen, er bestand darauf. Oh, Luzia, es ist eine entsetzliche Prozedur. Die Hände werden auf dem Rücken zusammengeschnürt und dann mit einem Seil zur Decke hochgezogen. Die Schmerzen waren ungeheuerlich, aber immer nur kurz, weil sie ja keinen Flaschenzug hatten und mich halten mussten. Sie wechselten sich ab, trotzdem tobte Balthasar, so ginge das nicht. Dann müsse er eben anderes machen. Er schickte sie weg, Bretter und Schrauben zu
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