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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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worauf er auf dem Tisch zusammenbrach.«
    Luzia konnte nicht anders, sie klammerte sich an Magdalene fest und hielt die Luft an, um nicht laut aufzuschreien. So hatte der Henker einen Verbrecher behandelt, der sich an der Tochter eines Grafen vergangen hatte, öffentlich zur Strafe für sein Vergehen. Viel hätte damals nicht gefehlt und das Volk hätte revoltiert, die Strafe sei unmenschlich und man möge ihm lieber den Kopf abschneiden, als ihn das erdulden zu lassen. Selbst der Klerus hatte gemurrt. Um das Volk zu beruhigen, hatte der Graf schließlich dem Henker befohlen, den Mann freizulassen, statt ihn anschließend zu rädern. Bei diesem Mann allerdings war keine Steife des Gliedes eingetreten, wie die Zuschauer aus den ersten Reihen berichten konnten. Luzia teilte deren Empörung nicht. Viel zu wenige Männer wurden für das bestraft, was sie Frauen antaten. Meist hieß es, Frauen müsse man so behandeln, sie verdienten es nicht anders und sie wollten es ja auch so. Dieses Exempel gab es nur bei dem Stallknecht, der sich an der Tochter des Grafen verging, nur, weil sie danach nicht mehr für eine Heirat taugte. Hätte der Stallbursch seine Großtat nicht überall herumposaunt, wäre ihm wohl nichts passiert.
    Die Gnade des Grafen hatte das Volk damals versöhnt. Der Stallknecht allerdings war tags darauf ertränkt aufgefunden worden, was bestimmt kein Zufall war. Also schien doch wohl jemand die Bestrafung gerecht gefunden zu haben.
    »Dass sich jemand selbst so was antut …«
    »Sein Gewissen ließ es nicht zu, dass sein Verhalten ungesühnt blieb. Nach einer Weile zog er mit einer Zange den Nagel heraus. Das sei seine Strafe, sagte er, und er geißele sich täglich für seine Wollust. Das sah ich auf seinem Rücken: tiefe, eiternde Wunden.«
    Vor Luzias Augen zogen die Bilder der Flagellanten vorbei, die im letzten Jahr durch Augsburg gezogen waren, eine Horde Halbnackter, die sich selbst mit ihren Peitschen bis aufs Blut schlugen. Nicht nur die Protestanten beschwerten sich über dieses lautstarke Spektakel, auch genügend Papisten wandten ein, es sei von Seiner Heiligkeit verboten. Trotzdem mussten sich die Männer nicht über zu wenige Zuschauer beklagen. Von allen Seiten wurden sie bejubelt, weil sie durch ihr Opfer die Pest fernhielten. Beinahe hätte sie Magdalenes Murmeln überhört, mit dem sie weiter erzählte.
    »Er zog sich wieder an und rief auf dem Gang den Henkersknechten zu, er wolle beten für mein Seelenheil, und dass er am Morgen mein Geständnis einhole. Die zwei kamen herein und beide nahmen mich so, wie ich über den Bock hing. Dabei erzählten sie mir von Folter und den endgültigen Strafen auf dem Weg zum Scheiterhaufen, bis ich nicht einmal mehr wimmern konnte. Sie zerrten mich herunter, einer hielt meine Arme hoch, der andere schlug meine Brüste mit der Gerte. Dann sengten sie die Haare am Körper ab, um das Hexenmal zu suchen, wobei die Haut Blasen schlug. Nach ihrem Spaß schleiften sie mich in die Zelle und ketteten mich dergestalt an die Wand, dass ich nicht liegen und nicht stehen konnte. So verbrachte ich die Nacht. Am nächsten Morgen kam Balthasar Noß und tat freundlich, machte mich los, damit ich kniend im Büßergewand beten sollte. Er zeigte mir sein Gebetbuch, das er von seinem Vater hat, und das Medaillon seiner Mutter, welches er als Lesezeichen benutzt.«
    Genau an dieses Gebetbuch erinnerte Luzia sich auch, es war ihr aus seiner Rocktasche ans Bein geschlagen.
    »Das Buch trägt er immer bei sich. Er brauchte nicht viel, mich auf die Gebetsbank zu drücken und mir seine Bitten um Vergebung vorzubeten, die ich nachsprach. Dieser Heuchler tröstete mich, wischte die Tränen ab und streichelte meinen schmerzenden Rücken. So fand mich in lieber Vertrautheit der Advokat, den mein Bruder für viel Geld bestellt hatte. Lukas ließ verlauten, wenn seiner Schwester etwas geschehe, dass er keinen Studenten mehr annehme, dass er die Universität verlasse. Es gab einigen Wirbel an der Universität und der Denunziant nahm die Meldung zurück. Der Advokat fragte mich, ob ich gestanden habe, eine Hexe zu sein. Nein, antwortete ich. Er wusste, viel Blut sei wegzuwischen gewesen und die Schreie hätten Stunden aus dem Gelass getönt. Damit und weil die Anklage wegfalle, sei meine Unschuld erwiesen. Er nahm mich beim Arm und führte mich im Büßergewand barfuß durch die Straßen, um nur keinen weiteren Aufenthalt zu riskieren. Zentgraf Noß ging uns hinterher bis zum Ausgang und

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