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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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schien das Zwischenspiel gar nicht bemerkt zu haben. »Du willst mir nicht antworten, Katharina Grueber? Das ist nicht gut für dich!« Zuckendes Lid gegen flackernde Augen. Kinderaugen, uralt im Wissen darum, was hier auf dem Spiel stand. Die geistige, seelische Dumpfheit der Kerkerwochen war nun endlos weit von Katharina entfernt. Sie schwieg, aber ihre Gedanken jagten sich.
    Der Inquisitor schien es beinahe zu genießen, daß sie stumm blieb. Sein fleischiger Finger suchte in dem Protokoll, das der Pfatterer Pfleger angefertigt hatte. »Als du in Burgweinting als Kindsmagd gedient hast, da ist dir ebenfalls der Teufel erschienen, nicht wahr? Dem Eisenamtmann Hanndloß hast du gesagt, daß er dir in Gestalt einer Katze erschienen ist, stimmt's?«
    Katharina schwieg weiterhin.
    Statt dessen flüsterte Monhaim, neben diesem sitzend, dem Jesuiten zu: »Haltet ihr doch ihre Mutter und die Weinzierlin vor! Wie die beiden auf Gabeln …«
    »Schweigt – Bruder!« In diesem Moment schien Straßmayr den Kapuziner zu hassen, nicht die Angeklagten. Er nahm sich zusammen. »Später«, setzte er hinzu.
    Plötzlich schoß seine fleischige Rechte vor, Katharina entgegen. Zwischen den derben Fingern das Protokoll des Geislinger Pflegers mit den Aussagen von Simon Hanndloß.
    »Hier ist alles aufgeschrieben, was du im April dieses Jahres dem Eisenamtmann zu Pfatter, dem Simon Hanndloß, gestanden hast. Und daß du ihm zuvor im Hof des Pflegschlößchen nackt erschienen bist und ihn zur teuflischen Unzucht aufgefordert hast …«
    »Aber das stimmt nicht! Der Hanndloß ist zu mir in die Mägdekammer geklettert und wollte …« Katharinas Empörung war stärker als ihre Angst geworden. Es sprudelte nur so aus ihr heraus. »Er wollte, daß er es mit mir machen darf wie der Stier mit der Kuh. Hat mir keine Ruh' gelassen. Hat nach mir gegriffen. Und da hab' ich in meiner Angst von diesen Dingen geredet. Hab' ihm eingeredet, daß ich es mit dem Teufel hätte, damit er mich in Ruh' läßt.« Plötzlich lachte sie gellend. »Es hat auch gewirkt. Der hat die Hosen voll gehabt, der Hanndloß. So voll, daß ich ihn leicht wieder zum Kammerfenster hinaus hab' schieben können. So ist's gewesen. Bloß aus Angst vor dem geilen Hanndloß hab' ich das alles gesagt. Aber ich hab' nichts mit dem Teufel! Ich bin keine Hex: Das schwör' ich. Bei der Muttergottes. Herr! Bei der Muttergottes. Hochwirnig, Jumpfengranz, Domkron …« Katharina wiegte sich, wiegte sich in ihrem Sack, hatte sich in ihre alte Litanei geflüchtet.
    »Was treibst du da?« unterbrach sie grob, angewidert, Notthafft.
    »Beten, Herr! Jumpfengranz …« Katharinas Antwort kam nur noch murmelnd.
    »Du Hundsmatz! Eine Hexe betet nicht!« schrie der Graf. Doch der Inquisitor gebot ihm Schweigen. Er spürte genau, daß dem Mädchen jetzt nicht mehr beizukommen war. Sie leierte ihre Litanei; er selbst hatte sich einst auf ganz ähnliche Weise mit seinen Büchern geschützt. Sein Augenlid zuckte. Er übersah den empörten Grafen, den dienstbeflissenen, zum gnadenlosen Verhör willigen Monhaim. Er übersah sie alle und winkte dem Kerkermeister.
    »Laß das Mädchen zurück ins Verlies bringen!« befahl er. Als die immer noch monoton murmelnde Katharina die Fragstätte verlassen hatte, wandte er sich seinen Beisitzern zu: »Wir wollen nun die anderen verhören. Aber es wird nichts bringen. Nachdem das Mädchen nichts gestanden hat, werden auch sie schweigen.«
    »Versuchen wir es!« drängte Monhaim.
    Aber der Jesuit sollte recht behalten. Die alten Grueberschen, Christine, sie alle hatten sich an Katharina aufgerichtet. Sie gaben nichts zu, blieben standhaft, stundenlang, bis der Inquisitor auch sie in die Verliese zurückführen ließ.
    Als Monhaim und Straßmayr die Fronfeste verlassen hatten, sich im noch kräftig sonnenbestrahlten Frühsommerabend dem Kloster näherten, tadelte der Kapuziner: »Ihr habt die Hexen immer nur wegen der Teufelserscheinungen der Katharina inquiriert. Jedoch nichts davon, daß auch die alten Grueberschen und die Weinzierlin involviert sind und es gar noch schlimmer getrieben haben müssen. – Mit Verlaub, aber hätt' man's der hexischen Mutter und der verbuhlten Christine gleich hart genug vorgehalten, daß sie sich mit der schwarzen Salbe geschmiert …«
    Der Jesuit verhielt den Schritt. Eine Gänseherde schnatterte vorbei. Der barfüßige, halbwüchsige Hirte dahinter musterte die Kleriker verstohlen und verschüchtert. Als es wieder ruhig

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