Die Hexe und der Herzog
kennen.«
Niklas warf Hella einen langen, vielsagenden Blick zu, dem sie schließlich auswich, nahm seine Laute und begann zu singen:
Verheiß mir bald, du schöne Els
Du traust dich keinem anderen an!
Des heiaho!
Viel eher stürz ich mich vom Fels
Eh mich beschlief ein anderer Mann …
»Ich störe, verzeiht, Euer Hoheit!« Lena stand plötzlich in der Tür. Ihre Blicke flogen über die Herzogin, die gerade von Hella frisiert wurde, die stickenden Hofdamen und die Hofmeisterin. Ganz kurz streiften sie auch Niklas, der plötzlich nur noch auf den Boden starren konnte. Dann schaute Lena schnell wieder in die andere Richtung. »Das wollte ich nicht. Aber Ihr habt die Speisepläne noch nicht durchgesehen, und da meinte Meister Chunrat, ich sollte sie Euch …«
»Schon gut, Lena!« Die Herzogin winkte sie näher. »Gib her! Das kann ich erledigen, während deine Freundin mich frisiert.«
»Wenn Ihr wollt, werde ich mich darum kümmern.« Die Hofmeisterin hatte sich auf einmal wie ein dünner Schatten dicht neben ihr aufgebaut.
»Damit ich dann wieder tagaus, tagein nichts anderes als Forellen, Karpfen oder Flusskrebse vorgesetzt bekomme? Ich kann dieses widerliche Fischzeug nicht mehr riechen, seit ich schwanger bin – und die scheußlichen Suppen auch nicht mehr!«
»Aber Ihr wisst, was der Medicus gesagt hat«, widersprach Alma von Spiess. »Ihr solltet die nächsten Monate über abwechslungsreich essen, damit das Kind ausreichend …«
»Schon gut, schon gut! Ich will ja alles tun, was van Halen verlangt«, rief die Herzogin. »Meinetwegen auch wieder Suppe, wenn es denn unbedingt sein muss – aber nur, wenn ich dazu auch ein paar fein gebratene Wachtelchen bekomme. Ich lechze nach zartem Wildgeschmack.«
»Mit Zitrone und Honig?«, fragte Lena.
»Mit allem, was du nur willst – vorausgesetzt, sie schmecken wieder so betörend gut wie beim letzten Mal. Und deine torta della nonna …«
»Wird in der Küche des herzoglichen Frauenzimmers zu Innsbruck gewiss niemals mehr ausgehen, Euer Hoheit«, sagte Lena. »Versprochen!«
Sie schien zu zögern, als wolle sie noch etwas hinzufügen, schaute kurz zu Niklas, der noch immer hartnäckig den Kopf gesenkt hielt, als ziehe ihn etwas mit aller Kraft hinunter, dann zu Hella, die ihr unverbindlichstes Lächeln aufgesetzt hatte, und verließ schließlich das Zimmer.
»Ihr könnt euch bis zum Nachtmahl zurückziehen«, sagte die Herzogin zu ihren Hofdamen. »Und Ihr ebenfalls, werte Alma. Niklas soll noch ein wenig weiter für uns spielen.«
»Aber Eure Zwischenmahlzeit!«, rief die Spiessin. »Medicus van Halen meinte …«
»Die bringt Ihr mir dann einfach herauf!« Katharinas Tonfall verriet Ungeduld. »Machen wir jetzt endlich weiter, Hella?«
Niklas schien die Lust am Singen fürs Erste vergangen zu sein. Er beschränkte sich auf leichte heitere Weisen, die er auf seiner Laute erklingen ließ und die das Zimmer wie zarte Sonnenstrahlen erfüllten. Die Herzogin hatte sich ganz versunken den geschickten Händen von Hella überlassen, die sich die allergrößte Mühe gab, sie auch zufriedenzustellen. Schließlich trat sie einen Schritt zurück und begutachtete ihr Werk aus einiger Entfernung.
»Ich glaube, so könnte es Euch gefallen, Hoheit«, sagte Hella. »Soll ich Euer Hoheit jetzt den Spiegel reichen, damit Ihr Euch selbst überzeugen könnt?«
»Ist nicht das Auge eines jungen Mannes der allerbeste Garant für solch ein Gelingen?« Katharina schien über ihre eigene Kühnheit überrascht, denn sie errötete erneut, fuhr aber dennoch mutig weiter. »Nun denn, Niklas – sei du ausnahmsweise mein Spiegel: Wie gefalle ich dir?«
»Mein fürstlicher Vater könnte keine bessere Wahl getroffen haben«, erwiderte er, wandte seinen Blick aber sehr schnell wieder Hella zu. »Eine Göttin aus Gold und Marmor!«
»Du unverschämter Schmeichler!«, rief Katharina entzückt.
»Bei meinem Leben.« Er verneigte sich tief. »Jedes einzelne Wort, das ich sage, ist wahr.«
Als er sich aufrichtete, zwinkerte er Hella verstohlen zu.
»Dann will ich dir heute ausnahmsweise einmal Glauben schenken«, sagte die Herzogin. »Und weil ich so ungemein guter Laune bin, möchte ich endlich den Brief an meinen Vater verfassen, den ich ihm schon so lange schuldig bin.«
»Ich darf mich also entfernen?« Niklas war schon halb an der Tür.
»Geh nur! Aber wenn du vielleicht noch bleiben magst, Hella?« Es klang fast bittend. »Einfach nur dasitzen und vor dich hinträumen,
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