Die Hexe und der Herzog
ganz, wie du willst, während ich schreibe. Würdest du das für mich tun?«
»Sehr gern, Euer Hoheit.«
»Dann komm mit nach nebenan!«
Auf dem kleinen Tisch am Fenster lagen Papier und Schreibgerät schon bereit. Katharina nahm die Feder und tauchte sie in das silberne Tintenfass. Lange zu überlegen brauchte sie nicht mehr, denn in ihrem Kopf waren die Zeilen an Herzog Albrecht bereits fertig formuliert.
… freue ich mich, Dir mitzuteilen, dass unsere Gebete erhört wurden, lieber Vater. Ich bin schwanger und werde im Dezember niederkommen, so der gütige Gott es nicht anders bestimmt hat. Sigmund ist außer sich vor Freude, hofft natürlich auf einen Sohn, wie ich auch, und überhäuft mich mit Geschenken. Ich bin guten Mutes, dass er sich diese kostbaren Gaben auch leisten kann, jetzt, da Du meinen dringlichsten Wunsch erfüllt und mir den klugen Magister und Alchemisten Gaudenz Stein aus Annaberg so rasch in unser schönes Tirol entsandt hast. Dank seiner wissensreichen Unterstützung und Gottes unendlicher Güte werden wir nun wohl auch die anstehende Inspektion der Fugger halbwegs günstig ...
Sie schaute auf. »Ja?«, sagte sie ungehalten.
»Es hat geklopft, Euer Hoheit«, sagte Hella.
»Dann geh zur Tür und lass Lena herein!«
Aber es war nicht Lena, die Einlass begehrte, sondern die Hofmeisterin mit zwei Tellern dampfender Suppe auf einem Tablett.
»Ich stecke noch mitten in meiner Korrespondenz«, sagte die Herzogin. »Hat das nicht Zeit bis später?«
»Ganz, wie Ihr wünscht. Medicus van Halen meinte zwar...«
»Schon gut, schon gut!« Katharina legte die Feder beiseite und erhob sich. »Willst du nicht mit mir essen?«, fragte sie Hella. »Es sind zwei volle Teller.«
»Verzeiht – aber mir ist gerade nicht besonders wohl«, sagte Hella und sprang auf. »Und dann auch noch dicke Suppe mit Kräutern...wenn Ihr mich bitte ganz schnell entschuldigt …«
»Lauf nur!« Mit einem Lächeln schaute die Herzogin ihr nach. »Wie hab ich mich die ersten Wochen selbst plagen müssen, aber jetzt fühle ich mich zum Glück die meiste Zeit sehr wohl.« Sie beugte sich tiefer über den Teller und schnupperte. »Und das hat wirklich Lena gekocht?«, fragte sie mit hörbarer Skepsis.
»Streng nach den Vorgaben des Medicus, der all Eure Gerichte überwacht: Mangold, Kerbel, Brennnessel, Spitzwegerich, Borretsch und vieles mehr«, zählte die Spiessin blitzschnell auf. »Van Halen meinte, speziell diese Mischung sei …«
»Und was ist das Dickliche da drin?« Katharina fischte mit dem silbernen Löffel nach der Einlage.
»Buchweizen. Der soll Kinder groß und ganz besonders schlau machen.«
»Überredet!« Die Herzogin begann zu löffeln, verzog allerdings sehr schnell angewidert das Gesicht. »Das schmeckt ja bitter wie die Hölle!«
»Medicus van Halen …«
»Wenn Ihr bis heute Abend diesen Namen noch ein einziges Mal in den Mund nehmt, lasse ich Euch auf der Stelle in den Schandturm werfen. Ich werde es ja essen, aber niemand kann mich zwingen, es auch zu mögen.«
Die Spiessin blieb eisern stehen, bis alles aufgegessen war. Dann nahm sie den leeren Teller der Herzogin und den vollen, den Hella nicht angerührt hatte, und trug beide hinaus.
Vor der Küchentür kippte sie den inzwischen erkalteten Tellerinhalt in einen Eimer, den sie gleich anschließend unauffällig verschwinden lassen würde. Danach betrat sie mit einem kleinen Lächeln Lenas Reich.
Eigentlich hatte Johannes Merwais mit zwei Inspektoren gerechnet, aber die Fugger hatten zu seiner Überraschung nur einen Mann geschickt. Er war ebenso lang wie griesgrämig und stellte sich als Himlin Walter aus Augsburg vor. Der Sand der anstrengenden Reise schien noch in seinen Schuhen zu stecken und auf den knochigen Schultern zu liegen, und der Geruch, den er verströmte, erinnerte Johannes an verfaulende Blüten. Dabei schien er bei aller zur Schau gestellten üblen Laune durchaus eine Ahnung von Erzgewinnung zu haben, wenngleich es dauerte, bis er endlich mit ein paar Brocken herausrückte. In den Salzburger Schieferalpen habe er gelernt, sei dort Jakob Fugger begegnet und seitdem in seinen Diensten.
Das Schicksal hatte Merwais ganz überraschend eine Trumpfkarte für seine Pläne zugespielt – wenngleich diese das düstere Antlitz des Schwarzen Reiters trug. Als sie vor der Zeche zu Schwaz angelangt waren, wurden gerade die schlichten Holzsärge herausgetragen, in denen die Toten lagen.
»Grubenwasser«, sagte Johannes
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