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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sind unsere Mütter«, sagte sie. »Ambeth, Borbeth und Wilbeth, mit deren Namen ich gesegnet bin. Wir verehren sie als Heilige, und sie helfen uns Frauen – im Leben wie auch an der Schwelle des Todes.«
    Eine Weile blieb Lena stumm, dann drehte sie sich zu der Älteren um.
    »Das ist es, was ihr einige Male im Jahr tut, nicht wahr?«, fragte sie. »Das sind die Nächte, in denen ihr zusammenkommt, die Nächte, in denen selbst der ›Goldene Engel‹ zugesperrt bleibt. Els ist dabei und Bibiana und du, und wohl auch Barbara …«
    »Nur noch ein wenig Geduld. Du wirst bald alles verstehen.«
    Wilbeth zündete drei große weiße Kerzen an, dann kniete sie nieder und sprach ein stummes Gebet. Lena beobachtete sie aufgeregt.
    »Lass uns gehen!«, sagte die ältere Frau. »Das Feuer erwartet uns bereits.«
    »Du bringst mich zu ihnen?«
    Wilbeth nickte. »Das hätte ich längst tun sollen.«

     
    Sie hatten eine geschützte Stelle gewählt, um den Holzstoß aufzurichten, und doch verriet sie das Licht, das durch die Bäume drang. Beim Näherkommen erkannte Lena die Gestalten, die Frauen, die ihr Leben begleitet und bestimmt hatten, seit sie ein kleines Mädchen gewesen war: Barbara, die Hebamme, Rosin, die Totenwäscherin, Bibiana, die ihr zur Großmutter geworden war, Els, die Mutterstelle an ihr vertreten hatte, Wilbeth, ihre Führerin durch die Rotnacht – und Hella.
    »Du?« Lenas Augen weiteten sich vor Erstaunen. »Du gehörst auch zu ihnen?«
    »Das tut sie, Lena«, erwiderte Rosin. »Schon eine ganze Weile. Und jetzt, da sie ein Kind unter dem Herzen trägt, mehr denn je. Aber auch dich begrüßen wir, Tochter der Ewigen Bethen: Sei willkommen bei ihren Kindern!«
    »Aber wo ist Sebi? Doch nicht ganz allein zu Hause?«
    »Er hat einen Schlafmohntrunk bekommen«, sagte Els, »und schwelgt jetzt in den süßesten Träumen.«
    »Jetzt, da wir endlich die vollkommene Zahl wieder erreicht haben, fasst euch an den Händen und schließt den Kreis!«, befahl Bibiana als Älteste.
    Was dann geschah, erschien Lena später wie ein Traum oder ein heiliger Rausch, von dem sie nur noch Bruchstücke erinnerte. Sie war über das Feuer gesprungen, mutig, ohne auch nur einen Anflug von Angst, Hand in Hand mit Hella, die ihre Narbe wie ein Siegeszeichen hochgereckt hatte. Sie hatte aus dem tiefblauen Krug getrunken, den Bibiana ihr mehrmals an die Lippen gesetzt hatte, und hatte auch die Frauen nacheinander geküsst, auf eine neue, tief verbundene Art und Weise, die sich wie ein Versprechen oder sogar ein heiliges Verlöbnis angefühlt hatte.
    Waren irgendwann nicht auch sanfte Lautenklänge wie aus weiter, weiter Ferne ertönt? Lena hätte es nicht sagen können, denn Himmel und Erde verbanden sich in ihrer Erinnerung zu einem strahlenden, bunten Wirbel, der sie immer tiefer nach innen zog und nicht mehr loslassen wollte, bis sie irgendwann ohnmächtig zu Boden sank.

     
    Erst als auch die Letzte der Frauen die sorgfältig gelöschte Feuerstelle verlassen hatte, löste sich der Mann aus dem Schatten der Bäume. Sein Schädel dröhnte, als hätte er zu viel Bier und Met erwischt, seine Füße waren schwer.
    Weiber kommen schon mit dem Teufel zwischen den Beinen zur Welt. Wen nur hatte er diese Weisheit letzthin öffentlich sagen hören? So sehr er sich auch den Kopf zermarterte, es wollte ihm nicht mehr in den Sinn kommen.
    Er wandte sich ein letztes Mal um, umschweifte den verlassenen Kultplatz mit einem letzten, verächtlichen Blick. Dann stapfte er den weiten Weg zur Stadt zurück. Die Rotnacht war vorbei. Für heute hatte er genug gesehen. Für seinen Geschmack sogar mehr als genug.

Sieben
     

     
    W ie schön Ihr seid, Euer Hoheit! Wie eine kostbare Perle, aus dem Meer geborgen, die nun im warmen Sonnenlicht schimmert.« Mit einem tiefen Knicks versank Hella vor dem Sessel der Herzogin.
    Katharinas rundliches Gesicht erglühte in mädchenhaftem Rot. Das raschelnde Seidenkleid mit den geschlitzten Ärmeln, unter denen weißer Batist hervorblitzte, schmiegte sich an ihren Körper und betonte die schon voller gewordenen Brüste. Unwillkürlich fuhr ihre Hand zum Perlencollier, das sie umgelegt hatte und an dem ein schmales Rubinkreuz baumelte.
    »Du schmeichelst mir«, sagte sie und konnte doch nicht verbergen, wie sehr das Kompliment ihr gefiel. »Und das von einer Frau, die uns alle mit ihrer Schönheit beschämt!«
    Fee bellte, als wolle sie Katharinas Worte bestätigen.
    »Wie könnte ich das, Euer Hoheit?« Hella

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