Die Hexe und der Herzog
erwartet?« Er nestelte an seiner Tasche und zog sein Medizinfläschchen heraus. »Schließlich bist du ja verheiratet. Und ich bin es auch. Siehst du nicht, wie mitgenommen ich ohnehin schon bin? Meine Dosis an Theriak hab ich bereits verdoppeln müssen, so sehr regt mich das alles auf.«
»Ein wenig Unterstützung vielleicht. Mitgefühl, wenn du so willst. Oder sogar Freude?« Hella kam ihm so nah, dass er den betörenden Duft riechen konnte, der aus ihrem Mieder aufstieg. Wegen der Hitze hatte sie es aufgeschnürt, und der Anblick ihrer vollen, rosigen Brüste ließ ihn schwerer atmen. »Gepaart mit einer gewissen Großzügigkeit, auch wenn ich dabei nicht einmal an Samt oder kostbares Geschmeide gedacht habe. Sicherlich aber mehr als ein einziges Seidenhemd, das noch dazu eher zu deiner Lust als zu meiner Ergötzung getaugt hat. Wieso dieser hässliche Geiz deiner Geliebten gegenüber? Woher auf einmal diese plötzliche Feigheit, Leopold?«
Er setzte das Fläschchen an und trank. Die Medizin schien so bitter zu sein, dass er sich schütteln musste.
»Dass ich nicht ganz gesund bin, war dir bekannt«, sagte er. »Und dass mein hohes Amt gewisse Einschränkungen mit sich bringt, nicht minder.«
»Dein Herzog hat Dutzende von Kegeln gezeugt«, rief Hella. »Hocherhobenen Hauptes laufen sie überall in der Stadt herum oder singen sogar an seinem Hof – vor den Augen seiner blutjungen Gemahlin. Sollte er da seinen engsten und wichtigsten Vertrauten wegen eines einzigen Kindes verdammen? Das vermag ich nicht recht zu glauben.«
»Du willst damit zum Herzog laufen?« Seine Augen waren übergroß. »Aber das darfst du nicht tun!«
»Weil er mich nur allzu gern in seiner Nähe weiß, Leopold? Würde dich das eifersüchtig machen? Sieh dich vor, mein Lieber, es soll ja Männer geben, die liebend gern mit Schwangeren verkehren wollen und gar nicht genug von üppigen Brüsten und dicken Bäuchen bekommen können …«
Er hatte seine Hand drohend erhoben, als wolle er im nächsten Augenblick zuschlagen. Hella rührte sich nicht. Ihre Augen waren schmal und gleißend hell.
»Besser, wenn du jetzt gehst«, sagte sie mit fester Stimme. »Und an ein Wiederkommen solltest du auch nicht mehr denken!«
»Hella, ich...« Er ließ die Schultern sinken und klang plötzlich kläglich. »Du warst es doch, die mich eben so weit gebracht hat. Ich hätte dich doch niemals …«
»Lebwohl, Leopold. Der Weg zur Tür ist dir ja bestens bekannt.«
»Stell den Topf hin und dreh dich zu mir um! Was in aller Welt pantscht du da zusammen? Antworte gefälligst!« Die Hofmeisterin hielt Lenas Arm so fest gepackt, dass diese aufschrie.
»Lasst mich los! Ihr tut mir weh! Ich bereite doch nur den Tee für die Herzogin zu!«
»Ich weiß von keinem Tee.« Die hellen Augen der Spiessin blickten argwöhnisch. »Aber ich werde nicht zulassen, dass in der Küche des Frauenzimmers Hexenkräuter aufgebrüht werden, jedenfalls nicht, solange ich als Hofmeisterin hier die Verantwortung trage.«
»Ich wollte …«
»Schweig! Du wirst erst reden, wenn ich den passenden Zeugen neben mir habe.« Blitzschnell drehte sie sich um. Ihr Blick fiel auf Vily. »Lauf und hol den Medicus her!«, befahl sie. »Beeil dich!«
Lena hatte sich inzwischen losmachen können und rieb ihr Handgelenk.
»Und nun zu dir«, sagte die Spiessin. »Unangenehm aufgefallen bist du mir schon eine ganze Weile. Du steckst hier nicht in deinem Wirtshaus, wo Trunkenheit, Lügen und Raufereien vermutlich zur Tagesordnung gehören. Wenn es dir nicht gelingen will, dich höfischen Sitten anzupassen, hast du hier ohnehin nichts verloren. Sollte sich jetzt auch noch der Verdacht auf widernatürliche Zauberkräfte erhärten, so …«
Schnaubend betrat van Halen die Küche.
»Was ist geschehen?«, fragte er. »Doch nicht etwa wieder Ihre Hoheit …«
»Das konnte ich womöglich gerade noch verhindern, der gütigen Madonna sei Dank!« Die Spiessin hielt ihm den Topf unter die Nase, in dem die Kräuter zogen. »Das wollte sie Ihrer Hoheit hinter meinem Rücken einflößen, stellt Euch das nur vor! Und das nach dem schlimmen Verlust, den die Herzogin gerade erst erleiden musste!«
Er roch daran, fischte mit einem Löffel eine kleine Probe heraus und nickte anerkennend.
»Genau wie besprochen«, sagte er. »Hirtentäschel, das blutstillend wirkt. Silberweide, um das Fieber zu senken. Frauenmantel mit der Kraft des Zusammenziehens.« Er lächelte Lena freundlich an. »Hast du
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