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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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anrührt, wird es zu büßen haben!«
    Sie wurden unsicher, schauten sich an, schienen plötzlich nicht zu wissen, was sie tun sollten.
    »Er hat recht«, pflichtete Johannes dem Spielmann bei, »mit jedem Wort, das er sagt. Ich bin Doktor Merwais, Jurist Seiner Hoheit, und kann alles bestätigen.«
    »Dann kommt, Leute!« Dem ältesten Büttel erschien die Angelegenheit inzwischen zu heiß. »Wir haben ja, was wir wollten. Wir gehen!«
    »Passt gut auf ihn auf!«, flüsterte Bibiana, als sie sie mit sich zerrten. »Alle beide. Das müsst Ihr mir schwören!«
    Es war sehr still, nachdem der lärmende Tross das Gasthaus verlassen hatte.
    »Ich hab noch immer keine Ahnung, was Euch wirklich hierher geführt hat«, sagte Johannes. »Aber wenigstens habt Ihr einmal Eure Abstammung eingesetzt, um etwas Sinnvolles zu tun. Was soll nun mit dem Kleinen geschehen? Allein hierlassen können wir ihn ja wohl kaum.«
    »Ich nehme ihn mit«, sagte Niklas. Niemals sollte sein Konkurrent von ihm erfahren, welch ein Sturm der Gefühle ihn quälte. Aus Schwäche und Angst hatte er Lena verraten – und würde nun alles versuchen, um dieses Unrecht wieder einigermaßen gutzumachen. »Bei mir ist er am sichersten aufgehoben.«
    »Der Sohn und Vetter zweier Hexen?«
    »Sebi sagt kaum etwas. Er wird sich also nicht verraten. Ich weiß keine bessere Lösung. Ihr vielleicht?«
    Niklas kniete sich vor die Bank. »Du kannst jetzt rauskommen, Sebi«, sagte er sanft. »Sie sind weg. Keiner wird dir etwas tun.«
    Keinerlei Reaktion.
    »Ich bin es, Niklas«, versuchte er erneut sein Glück. »Du kennst mich doch. Ich bin der Mann mit der Laute. Meine Königin – du hast doch selbst auf ihr gespielt, weißt du noch?«
    Nicht ein Laut.
    »So kriegen wir ihn niemals raus«, sagte Johannes. »Vielleicht müsste man die Bank abbauen …«
    »Wartet!« Niklas zog einen Kamm aus der Tasche und begann auf ihm zu blasen. Es waren keine besonders wohlklingenden Töne, aber im Ganzen gesehen, entstand doch eine schiefe, kleine Melodie.
    Erst geschah noch immer nichts. Dann aber tauchte auf einmal ein dünner Fuß unter der Bank auf, danach der zweite. Ein Arm war zu sehen, dann unter wirren blonden Haaren das schmutzige, verängstigte Gesicht.
    Schließlich kroch Sebi heraus, sein unvermeidliches Kästchen fest gegen die magere Brust gepresst.

     
    Der Basilisk kommt auf sie zu, größer und greller als damals im Winter, keine hölzerne Schlittenfigur, sondern ein Wesen aus Fleisch und Blut. Lena duckt sich, um seinem scharfen Schnabel auszuweichen, der wütend nach ihr hackt. Sie darf ihn nicht ansehen, das weiß sie, nicht ein einziges Mal. Sonst wäre sie blind und verloren. Doch er ist so groß, so wild, so mächtig, dass sie … Mit einem Schrei fuhr sie hoch.
    »Du hast schlecht geträumt«, sagte Wilbeth und strich ihr das verschwitzte Haar aus der Stirn. »Kein Wunder, Lena. Uns alle plagen hier die hässlichsten Albträume.«
    »Ich wünschte, es wäre nur ein Traum.« Lena griff nach dem Krug und zwang sich, nur einen kleinen Schluck zu nehmen, weil er beinahe leer war und erst am Abend wieder neu gefüllt wurde.
    »Ich höre etwas.« Barbara setzte sich auf der harten Pritsche so aufrecht hin, wie es die Eisenkugel an ihrem Knöchel erlaubte. »Sie kommen. Hoffentlich nicht schon wieder mit einer neuen Gefangenen!«
    Schritte, Stimmen, dann stießen sie Bibiana ins Loch. Die alte Frau taumelte, versuchte sich an das fahle Dämmerlicht zu gewöhnen.
    »Els!«, rief sie. »Wo bist du, mein Mädchen? Ich wollte doch auf alles achtgeben, auf dein Kind und deinen Gasthof, aber …«
    »Halt das Maul, alte Vettel!«, rief einer der Büttel. »Sonst werden wir Mittel und Wege finden, es dir zu stopfen.«
    »Sie hat keinen Platz mehr«, war ein anderer zu vernehmen. »Es sind schon zu viele. Eine von ihnen muss nach drüben.« Die Erste, die er zu packen bekam, war Lena. »Komm schon!«, sagte er und sperrte das Trenngitter auf. »Oder willst du, dass die Großmutter schweben muss?«
    Die Männer lachten.
    Lena wehrte sich nicht, ließ es zu, dass sie sie in die Nachbarzelle zerrten, obwohl sie so unsanft vorgingen, dass die offene Stelle an ihrem Knöchel erneut zu bluten begann.
    Drüben wartete sie ab, bis die Peiniger fort waren, dann kroch sie langsam zur Pritsche.
    »Els geht es nicht gut«, hörte sie Hella sagen. »Sie hat gespuckt. Den ganzen Morgen schon. Man könnte beinahe denken, sie sei die Schwangere und nicht ich. Jetzt scheint sie vor

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