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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Schwäche eingeschlafen zu sein. Vielleicht gelingt es ihr, sich wieder zu erholen.«
    Die Freundinnen umarmten sich, wobei Lena spürte, dass Hella sich zurückzog.
    »Ich wollte dich retten!«, sagte Lena. »Und bin doch selbst hier gelandet. Wer hat uns das nur angetan?«
    »Der Pater mit den eisigen Augen«, sagte Hella. »Und eine ganze Stadt hilft ihm dabei.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich war es doch, die all die Fehler gemacht hat! Und jetzt seid ihr alle hier, ihr, die ihr mir nur geholfen habt – das ist nicht gerecht!«
    Lena kniete sich neben das armselige Lager, auf dem Els lag. »Ich bin es«, sagte sie. »Lena.«
    Els schlug die Augen auf, schien sie zuerst gar nicht zu erkennen. »Mein Mädchen!«, sagte sie dann. »Mein liebes, liebes Mädchen!«
    Wieder waren Schritte zu hören, dann eine klare, feste Männerstimme.
    »Ich muss zu den Gefangenen Lena Schätzlin und Els Hufeysen. Hier – das Siegel des Herzogs. Oder seid ihr alle taub und blind?« Das war Johannes Merwais.
    Sie ließen ihn ein, doch eine Spur von Misstrauen konnte er offenbar nicht ausräumen. Die Zelle blieb verschlossen. Das Gitter zu öffnen, wie sie es soeben getan hatten, weigerten sie sich.
    Es ging auch so, sie konnten miteinander reden, wenngleich er Lena am liebsten als Erstes fest in seine Arme geschlossen hätte.
    »Liebste!« Seine Stimme versagte beinahe. »Ich hole dich heraus – versprochen! Und wenn ich das ganze verdammte Loch in Brand stecken muss.«
    »Dann werden wir alle jämmerlich ersticken«, sagte Lena, der Tränen über die Wangen rannen, so erleichtert war sie, ihn hier zu sehen. »Johannes, du musst …«
    »Warte, Lena!« Els hatte sich mühsam erhoben, humpelte zum Eisengitter. »Jetzt bin erst einmal ich an der Reihe!« Sie griff durch die Stäbe, bekam Merwais’ Arm zu fassen. »Holt mir de Caballis her!«, sagte sie. »So schnell wie möglich!«
    »Den Münzintendanten?«, fragte er verblüfft. »Weshalb ausgerechnet ihn?«
    »Fragt nicht! Tut es einfach!« Sie zerrte das Beutelchen aus ihrem Mieder. »Hier! Vielleicht kann das gute Dienste leisten.«
    »Wollt Ihr mich beleidigen?« Er reichte es ihr zurück. »Aber wozu …«
    »Damit Lena nicht auf dem Scheiterhaufen landet. Ist Euch das Antwort genug?«

     
    Es wurde später Abend, bis de Caballis in dem Verließ eintraf. Auf welche Weise er es geschafft hatte, die Kette der Bewacher zu durchdringen, blieb sein Geheimnis. Doch jetzt stand er wirklich und wahrhaftig vor dem Gitter und schaute erschüttert auf das zitternde, geschwächte Geschöpf, das noch vor Kurzem seine schöne, strahlende Geliebte gewesen war.
    » Bella mora – was haben sie nur mit dir gemacht?«, sagte er.
    Eine wegwerfende Geste. »Komm näher!«, flüsterte sie. »Ganz nah, damit ich durch das Gitter meinen Mund an dein Ohr legen kann.«
    Er gehorchte.
    Sie drehte sich noch einmal um zu der Pritsche, auf der wohl Lena lag, doch dort hinten in dem feuchten Verließ war es zu dunkel, um auch nur ihre Umrisse erkennen zu können.
    Els atmete tief aus, wandte sich erneut Antonio zu. Er hatte die Wahrheit verdient. Seit Langem schon. Auch wenn sie sie selbst jetzt kaum über die Lippen brachte.
    Aber sie musste ihr Kind retten.
    Und deshalb begann Els zu reden.

Zehn
     

     
    D as Schreiben aus Augsburg trug die Unterschrift von Jakob Fugger und hätte in all seiner Freundlichkeit hinterhältiger kaum sein können. In blumigen Worten bedankte der Handelsherr sich zunächst bei Herzog Sigmund für die unvergesslichen Gespräche mit Magister Gaudenz Stein, die ihn gleichermaßen erfreut wie bereichert hätten, da sie für ihn die einmalige Möglichkeit boten, in die Zukunft einer Silberverhüttung zu blicken, die mit vielerlei Missständen der Gegenwart nicht länger zu kämpfen habe.
    Im nächsten Absatz kam er jedoch zur Sache – klar und kompromisslos, wie es seine Art war. Da die Silberlieferungen in den vergangenen Monaten um einiges hinter den vereinbarten Chargen zurückgeblieben seien, sehe er sich zu seinem Leidwesen gezwungen, die Laufzeit des bestehenden Vertrags so lange zu perpetuieren, bis dieses Defizit vollständig ausgeglichen sei. Anderenfalls bleibe ihm leider nur die Möglichkeit, die ausstehende Summe auf einen Schlag zurückzufordern.
    Johannes Merwais ließ das Pergament sinken.
    Der Briefschreiber wusste ebenso gut wie sein fürstlicher Adressat, dass dies schlichtweg unmöglich war. Es wurde also eng – für Herzog Sigmund und seinen heiß

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