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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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    Aber was waren das für nichtige Probleme angesichts des Hauptübels, gegen das er wie ein Drachentöter zu kämpfen hatte? Die hiesigen Hexenweiber wollten nicht gestehen, kniffen die Lippen zusammen, sobald es brenzlig wurde, oder starrten blicklos vor sich hin, wenn er sie mit bewährten Methoden unter Druck zu setzen versuchte. Nicht einmal durch das Vorführen der Folterinstrumente hatten sie sich bislang dazu bewegen lassen, den Mund aufzumachen und ihre Seelen von den begangenen Todsünden zu reinigen.
    Wer hatte ihnen diese unerwartete Standfestigkeit eingegeben? Satan höchstpersönlich, davon war Kramer überzeugt, auch wenn sie es leugneten.
    Eine nicht unwesentliche Rolle mochte dabei allerdings auch spielen, wie provisorisch, je geradezu mangelhaft die Innsbrucker Fragstatt eingerichtet war. Weder gab es eine Halsgeige, dazu erdacht, sich in den Nacken des Sünders zu bohren und ihn gefügig zu machen, noch eine Judaswiege, mit der man den Delinquenten steil hochzog und dann mit dem Hinterteil auf die Spitze einer hölzernen Pyramide setzte, was bisher noch jeden zum Reden gebracht hatte. Nicht einmal eine ordentliche Ketzergabel hatte er vorgefunden, deren eiserne Spitzen unter Kiefer, Kinn oder Brustbein gerammt wurden, von der hochwirksamen Birne, deren grausame Wirksamkeit alles übertraf, ganz zu schweigen. Stattdessen musste er mit halb verrotteten Daumenschrauben, mit einer quietschenden Seilwinde und einer altertümlichen Streckleiter vorliebnehmen, so ziemlich das Minderwertigste an Folterwerkzeugen, das ihm bislang untergekommen war.
    Dazu kam, dass dieser Christian Turner, den Bischof Golser ihm auf den Hals gehetzt hatte, in allem und jedem hinderlich war. War es Kramer gerade noch gelungen, im letzten Moment eine Hinzuziehung weltlicher Räte bei den Verhören, wozu ihn Golsers Schreiben aufgefordert hatte, abzuwenden, so genügte dieser eine Theologe, um ihm das Leben zu vergällen. Misstrauisch und kleinkrämerisch berief der Generalvikar sich auf eine Fülle von Vorschriften und Statuten, um die der Inquisitor sich bisher kaum gekümmert hatte, überwachte jedes einzelne Verhör so peinlich genau, als hinge sein persönliches Seelenheil davon ab, und besaß sogar die Frechheit, ihm zwischendrin ins Wort zu fallen.
    Abermals flog Kramers Blick über diese nichtssagenden Protokolle, die er nach nächtelanger Quälerei am liebsten auf der Stelle zerfetzt und in den Boden gestampft hätte. Was nützen dreißig und mehr Zeugenaussagen, wenn die Hexenweiber bestenfalls Kleinigkeiten einräumten und sonst beharrlich schwiegen?
    Wilbeth Selachin – für ihn nichts anderes als eine schäbige, alte Zauberin: Von Liebeszauber wisse sie nichts und habe auch niemals einen derartigen verkauft. Bisweilen gebe sie aus Barmherzigkeit ihre Kräuter an Bedürftige weiter und wehre sich nicht immer dagegen, dafür mit ein paar Münzen entlohnt zu werden, da sie eine alte Frau sei, die für ihr Leben allein aufkommen müsse …
    Rosin Hochwart – für ihn war sie eine Diebin und Hexe: Niemals im Leben habe sie jemanden verf lucht. Das weise sie hiermit in aller Entschiedenheit von sich. Sie friste ihr Leben als Totenwäscherin, habe alle dafür notwendigen Tätigkeiten von ihrer verstorbenen Tante Gertrud erlernt und übernommen. Selbstredend habe sie nirgendwo und zu keiner Zeit Geld oder Schmuck von Verstorbenen an sich genommen. Was mit jenem überraschend verschwundenen Ring geschehen sei, vermöge sie leider nicht zu sagen …
    Barbara Pflüglin – für ihn Engelmacherin und Hexenweib in einer Person: Stets habe sie werdendes Leben geschützt und geachtet. Deshalb habe sie sich auch dagegen verwehrt, als die junge Baderin sie um gewisse Abtreibungsmittel angegangen sei. Später habe sie auch deren Wunsch ablehnen müssen, das Kind länger im Leib zu behalten, da dies wider die Gesetze der Natur sei. Letztlich wisse sie nicht, wie diese Schwangerschaft verlaufen sei, da die Baderin eine andere Wehmutter zu Rate gezogen habe, allerdings eine mit üblem Ruf …
    Els Hufeysen – für Kramer eines der verderbtesten Hexenweiber, das vor nichts zurückschreckte: Wie die Geschwister Geyer zu der vergrabenen Haube gekommen seien, sei ihr gänzlich unbekannt. Sie habe das betreffende gewisse Stoffstück vor langer Zeit verloren, möglicherweise sei es ihr auch im Waschhaus entwendet worden. Knöchelchen, Wachs und andere Widerlichkeiten habe sie niemals berührt, geschweige denn in diese

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