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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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leben.«
    »Genau das gilt es aufzudecken«, sagte der Jurist. »Und zwar ebenso unvoreingenommen wie gründlich. Wenn Ihr wollt, biete ich Euch dazu gern meine Hilfe an.«
    Es wurde still im Raum.
    »Sollte es richtig sein, was Ihr behauptet«, begann die Herzogin nach einer Weile, »dann müsste auch Hella gerettet werden. Als Schwangere unschuldig im Loch auszuharren- das muss ein Albtraum sein. Also sagt uns auf der Stelle, was wir unternehmen können!«
    »Zum Beispiel mich für den anstehenden Prozess als offiziellen Verteidiger der sieben Angeklagten bestellen.« Merwais atmete tief aus. Jetzt war es endlich heraus!
    »Wozu?« Der Herzog schien skeptisch. »Läuft in einem solchen Prozess nicht ohnehin alles auf ein Bekenntnis hinaus?«
    »Nicht unbedingt, Euer Hoheit«, schaltetet sich nun Christian Turner ein, der bislang schweigend zugehört hatte. »Ein offizieller Verteidiger ist zwar in einem Inquisitionsprozess nicht zwingend vorgesehen, aber ebenso wenig untersagt. In Basel wie auch in Trier habe ich erlebt, wie so ein Mann durchaus Freisprüche erreicht hat.«
    »Außerdem kann ich als Verteidiger die Sichtung der Protokolle verlangen«, sagte Johannes Merwais. »Auf diese Weise sehe ich, welche Fragen der Inquisitor stellt, und kann dann sowohl seine Argumentation ergründen als auch gleichzeitig eine geschickte Gegenstrategie aufbauen. Sogar im Kirchenrecht schlummern mehr Möglichkeiten, als man gemeinhin glauben möchte.«
    Herzog Sigmund musterte ihn aufmunternd. Alles schien ihm recht, um von dem vorherigen Thema abzulenken.
    »Ich nehme an, Golser teilt Eure Meinung«, sagte er zu Turner.
    Der Theologe nickte. »Genau aus diesem Grund hat er mich ja geschickt«, sagte er. »Er wird sehr froh über diese Entwicklung sein.«
    »Ich fürchte, das allein reicht nicht aus.« Der Herzog klang plötzlich grimmig. »Nicht bei einem solchen Kaliber wie Institoris. Nicht bei dem Sturm, den er in meinem geliebten Innsbruck bereits entfacht hat.«
    Jetzt waren die Augen aller auf ihn gerichtet.
    »Was soll das heißen, Sigmund?«, ergriff Katharina als Erste das Wort.
    »Dass er sich gefälligst in persona herzubemühen hat, der Herr Bischof«, raunzte der Herzog.
    »Aber er ist doch leidend, Euer Hoheit«, wandte Turner ein. »Erst jüngst ein schwerer Anfall …«
    »Ach was!«, schnitt Sigmund ihm das Wort ab. »Ich muss auch Tag für Tag mit meinem Leiden zurechtkommen und unbeirrt weiterregieren!« Er wandte sich an Merwais. »Schickt ihm den schnellsten Boten und lasst ihm ausrichten, er müsse schleunigst anspannen lassen und sein geliebtes Brixen für eine Weile vergessen. Vielleicht gelingt es uns, mit seiner Unterstützung das Blatt noch zu wenden.«
    Johannes beeilte sich, den Befehl so schnell wie möglich auszuführen. Während er dem Boten das eilig aufgesetzte Schreiben übergab, der sich damit sogleich zum Aufbruch rüstete, wurde ihm plötzlich bewusst, wie sehr dem Herzog Els’ überraschende Enthüllung zugesetzt haben musste, auch wenn er es nach außen zu verbergen gewusst hatte.
    Den ganzen Morgen hatte Herzog Sigmund kein einziges Wort über jenen fatalen Brief aus Augsburg verloren.

     
    Es fühlte sich seltsam an, so ganz allein in dem Gasthof, der noch vor Kurzem von vielen Menschen bevölkert gewesen war. Mit einer Lampe in der Hand ging Johannes langsam von Raum zu Raum, betrat als Erstes die ordentlich geschrubbte Küche mit dem riesigen, nun erkalteten Herd und den vielen großen Töpfen, Sieben und Reinen, die nur auf Bibianas geschickte Hände zu warten schienen. Danach leuchtete er den leeren Wirtsraum aus, in dem der Kachelofen stand, Sebis Lieblingsplatz.
    Die Stiege nach oben führte zu den Schlafräumen. Tür für Tür öffnete er, bis er endlich in dem Zimmer angelangt war, das einmal Lena gehört haben musste. Ein schmales Bett, zwei Truhen für Kleider und Wäsche, ein wurmstichiger Tisch unter dem Fenster – hier also hatte sie früher geschlafen. Über dem Stuhl hing eines ihrer wollenen Umschlagtücher, mit dem sie bei schlechtem Wetter der Kälte getrotzt hatte, ein kratziges, unscheinbares Ding aus grauer Wolle, das er plötzlich an sich pressen musste und gar nicht mehr wieder loslassen wollte.
    Ein zarter, unwechselbarer Geruch nach Rosen und etwas Frischem, das er nicht näher benennen konnte, stieg in seine Nase und trieb ihm das Wasser in die Augen. Lena – wann würde er sie endlich wieder in seinen Armen halten können, ohne Angst und

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