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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Euch ein?«, bellte Kramer. »Es liegt bei mir, wie ich den Prozess führe!«
    »Ich fürchte, da irrt Ihr leider, Pater Institoris«, entgegnete Johannes ruhig. »Denn dieses Gericht ist auch deshalb zusammengetreten, um ein objektives Gegengewicht zu Eurer Art der Befragung zu bilden. Von mir, dem offiziell bestellten Verteidiger der Angeklagten, werdet Ihr Euch daher solche und andere Einwände sehr wohl gefallen lassen müssen.«
    Über die Lippen Golsers flog ein feines Lächeln. Er räkelte sich auf seinem Sessel, als fühle er sich plötzlich wohler. Der Inquisitor dagegen wirkte wie vor den Kopf geschlagen. Er starrte auf die Schriftstücke, die vor ihm lagen, begann unruhig in ihnen zu blättern, als suche er vergeblich nach etwas, schien sich aber schließlich wieder zu fassen.
    »Wir gehen noch einmal zurück zum Tag des Todes des Ritters von Spiess. Die Scheuberin hat bereits gestanden, dass er sich zu unziemlicher Zeit im Haus ihres Ehemanns aufgehalten hat.« Er nahm Hella scharf ins Visier. »Hast du ihn auch an jenem Tag mit Händen und Lippen auf sündige Weise gereizt, bis er schließlich die Kontrolle verlor und…«
    »Einspruch!«, rief Johannes abermals. »Bitte haltet Euch an das, was ich Euch vorhin gesagt habe! Diese Art von Fragen steht in keinerlei Zusammenhang mit den bisher vorliegenden Anklagepunkten.«
    »Das allerdings sehe ich vollkommen anders!«, donnerte Kramer. »Die Scheuberin ist ein Hexenweib, das sich teuflischer Mittel bedient hat, um den Tod dieses armen Mannes herbeizuführen und ihn …«
    »Einspruch!«
    Jetzt wurde es so still im Saal, als hätten alle den Atem angehalten.
    »Das ist eine Behauptung, Pater Institoris, und kein Beweis. Ich dagegen habe hier etwas sehr Konkretes mitgebracht, das Licht in diese düstere Angelegenheit bringen könnte.«
    Er griff in seine Schecke und zog das blaue Fläschchen mit den goldenen Linien heraus.
    »Erkennt Ihr das wieder, Hella Scheuber?«, fragte er. »Nehmt Euch genügend Zeit, um nachzudenken.«
    Hella starrte auf den Gegenstand in seiner Hand.
    »Und ob!«, rief sie. »Das ist das Fläschchen, aus dem Leopold an jenem Abend bei mir seine Medizin getrunken hat. Er hat es beinahe bis zur Neige geleert, sich dann aber so unwohl gefühlt, dass er zu Boden stürzte und …«
    »Weiter!«, forderte Merwais sie auf. »Frank und frei heraus mit der ganzen Wahrheit!«
    »Er hat sich beschmutzt«, flüsterte Hella. »Hat alles unter sich gelassen – es hat so widerlich gestunken …«
    »Müsst Ihr in Eurer absurden Verteidigung jetzt schon so weit gehen, dass Ihr das Andenken eines Toten besudelt?«, rief Kramer.
    Auch die anderen Theologen am Tisch runzelten bedenklich die Stirn.
    »Muss ich. Leider.« Eine kurze Verneigung in Richtung Bischof. »Euer Exzellenz – ich bitte die Anhörung eines neuen Zeugen zu eben diesem Punkt.«
    »Die Zeugenvernehmung ist längst abgeschlossen«, entrüstete sich Kramer. »Wo kämen wir hin, wenn der Herr Jurist jetzt lauter neue Regeln in einem Kirchenprozess einführte?«
    »Bitte, Euer Exzellenz«, wiederholte Johannes, dessen Wangenknochen vor innerer Anspannung schärfer als sonst hervortraten, »gewisse Umstände haben dazu geführt, dass dieser Zeuge erst jetzt zur Verfügung steht. Ein Mann von großem Wissen und hoher Gelehrsamkeit, wie ich Euch versichere. Cornelius van Halen, Medicus Seiner Hoheit. Er wartet bereits draußen.«
    »Ich denke, wir sollten dieser ungewöhnlichen Bitte ausnahmsweise entsprechen, Bruder Heinrich«, sagte der Bischof nach einer kleinen Weile. »Das Gut der Wahrheit ist zu kostbar, um es nicht von allen Seiten ausgiebig zu beleuchten. Lasst also den Mann eintreten, Merwais! Ich bin gespannt, was er uns zu sagen hat.«
    Der Jurist ging selbst zur Tür und führte van Halen herein. Dessen gewaltiger Leibesumfang schien den großen Saal mit einem Mal noch voller zu machen. Das kluge Gesicht unter dem schütteren rehbraunen Haar war ruhig und gelassen.
    »Ihr seid Cornelius van Halen, Leibmedicus Seiner Hoheit, des Erzherzogs von Tirol?«, fragte Johannes.
    »Der bin ich.«
    »Und behandelt den Herzog bereits seit einiger Zeit wegen schmerzhafter Podagraanfälle mit einer gewissen Medizin?«
    Van Halen nickte. »Eine spezielle Mischung, die ich selbst zusammenstelle. Unter anderem enthält sie auch Colchizin, das Gift der Herbstzeitlosen.« Vom Sessel des Bischofs kam ein erstickter Ton. »Ein äußerst gefährliches Gift, das nur in winziger Dosis verabreicht

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