Die Hexe und der Herzog
murmelte Leopold an ihrem Hals. »Mir wird ganz elend bei dem Gedanken, ohne dich sein zu müssen.«
»Das hast du aber einzig und allein dir zuzuschreiben.« Sie schob ihn ein Stückchen von sich und blinzelte ihn schelmisch an. Die Medizin hatte offenbar ihre Wirkung getan. Er schien ihr wieder ganz der Alte. »Es könnte nämlich auch ganz anders sein – wenn du nur wolltest.«
»Das, meine Schöne, liegt nun wahrlich nicht in meiner Hand. Du weißt doch, was ich dir ausführlich erklärt habe! Dass wir jetzt viele Tage hintereinander Hochzeit feiern werden. Fürsten und Herzöge sind von weit her mit ihrem Tross eingetroffen. Keiner wird unser schönes Innsbruck so schnell wieder verlassen wollen. Das bedeutet, dass ich Tag und Nacht in der Hofburg zu tun haben werde. Und wenn mein Weib erst einmal die Hofmeisterin der Herzogin …«
»Das meine ich doch gar nicht.« Hella zog eine Schnute. »Ist dir eigentlich noch nie aufgefallen, wie stark meine Arme sind?« Sie streifte die Ärmel nach oben, hielt ihm die Arme entgegen. »So fest wie die Äste eines jungen Baumes, sieht du? Und braucht ihr für die Hochzeitstafel nicht noch halbwegs ansehnliche Mädchen, die zudem ordentlich und schnell auftragen können?«
»Du willst bei Hof servieren?« Entgeistert starrte er sie an. »Ausgerechnet du? Aber meine Frau, die Hofmeisterin – was wird sie dazu sagen?«
»Gar nichts, denn sie wird ja nichts anderes sehen als eine neue Magd, die nach den Feierlichkeiten gleich wieder verschwunden sein wird. Bitte, Leopold, das musst du für mich einfädeln! Ich hab es gründlich satt, die ganze Zeit wie eine Gefangene herumzusitzen, während anderswo ausgelassen gefeiert wird. Und aufeinander verzichten müssen wir dann auch nicht. Es gibt in dieser riesigen Hofburg doch bestimmt ein paar lauschige Plätze, wo einen niemand stört, oder nicht?«
»Du bist wahnsinnig!«, flüsterte Leopold und drückte sie fester an sich. Seine Hände glitten über ihren Körper. Hella hörte, wie sein Atem sich beschleunigte. »Aber wie sehr ich genau diesen Wahnsinn an dir liebe!«
»Nicht das schöne Hemd zerreißen!«, wehrte sie ihn lachend ab. »Wo ich es doch extra für dich angezogen habe!«
»Du kannst auf der Stelle ein neues haben«, keuchte er. »Dutzende, wenn du nur willst!«
»Eines genügt vorerst.« Schon schwierig genug, dieses eine Prachtstück vor Andres’ misstrauischen Blicken dauerhaft zu verbergen.
Auch Hella spürte, wie ihre Erregung wuchs, während sie sich Leopolds immer kühneren Liebkosungen überließ. Ihr Körper reagierte wie gewohnt auf seine Küsse und Liebesbisse, ihr Kopf jedoch blieb dabei überraschend klar. Von den sorgsam gefalteten Kleidern in ihrer Aussteuertruhe kam für das anstehende Abenteuer nur ein einziges infrage: das grüne mit der breiten Borte, das ihr so gut stand.
Sie nickte anerkennend, als der Hofmeister schließlich voller Ungeduld seinen Hosenlatz aufriss.
Seine Schilderungen hatten sie erst auf die richtige Idee gebracht. Feine Damen in Sachsen und Brandenburg mussten die Nase nicht unbedingt vorn haben. Eine einfache Münzschreibersfrau aus Innsbruck würde ihnen bald schon Konkurrenz machen. Ein paar mutige Schnitte – viel mehr war dazu gar nicht nötig.
Der Herzog hatte es sich nicht nehmen lassen, seiner Braut am Tag vor der Hochzeit ein Stück entgegenzureiten. Überaus prächtig hatte er sich dafür ausstaffiert, trug einen grünen, goldbestickten Mantel, mit Hermelin verbrämt, sein blutrotes Barett, neue Stiefel aus Gämsenleder. Für morgen war die Trauung in Sankt Jakob angesetzt, wo die Hochzeitsgesellschaft sich mit allen Geladenen einfinden sollte. Heute begleiteten ihn zum westlichen Innufer lediglich Hofmeister Ritter von Spiess und dessen Frau Alma, der Marschall sowie zahlreiche Musikanten, die sich unter Niklas’ Führung angeschlossen hatten.
Sigmund grüßte artig, als die sächsische Gesandtschaft in Sicht kam. Noch immer war es schneidend kalt, obwohl die Februarsonne von einem wolkenlosen Himmel schien. In der Nacht waren dünne Flocken gefallen, die das Weiß der Bergriesen ringsumher aufgefrischt hatten. Die ganze Welt schien wie blank geputzt, als rüste auch sie sich zum fürstlichen Fest.
Alma von Spiess, dicht hinter dem Herzog auf einem falben Wallach, hielt den Atem an. Die nächsten Augenblicke würden über ihr künftiges Schicksal entscheiden. Würden sie sie mit einer Braut konfrontieren, die sie für immer in ihre Schranken
Weitere Kostenlose Bücher