Die Hexe und der Herzog
Braut, der ihr Vater bereits aus dem Sattel geholfen hatte, und saß nun auch selbst ab. Dann reichte er Katharina die Hand, um sie in die Kirche zu geleiten. Da ließ wütendes Kläffen ihn zurückschrecken.
»Was zum Teufel soll das sein?«, entfuhr es Sigmund.
Aus der Mantelöffnung der Braut schoss ein aufgerissenes Hundemaul mit spitzen, weißen Zähnen.
»Fee, mein kleines Hündchen.« Katharinas Stimme klang weinerlich. »Ohne es hätte ich die beschwerliche Reise sicherlich nicht lebend überstanden.«
»Ihr wollt dieses … animale mit in die Kirche nehmen?« Sigmund schien fassungslos. »Das ist nicht Euer Ernst!«
»Sie begleitet mich seit ihrem ersten Atemzug. Ohne Fee werde ich nicht einen Schritt machen, damit Ihr es nur wisst!« Jetzt klang Katharina trotzig.
»Ihr müsst mein armes Kind verstehen«, schaltete sich nun Herzog Albrecht ein. »Das schöne Zuhause, das sie für Euch aufgegeben hat. Euer beträchtliches Alter. Und nun dieses raue, kalte Land, in dem sie ab jetzt leben wird – sie braucht doch wenigstens etwas, das sie an ihr geliebtes Meißen erinnert!«
Bischof Golser, der ihnen im festlichen Ornat entgegengeschritten war, enthob Sigmund einer Antwort.
»Himmel und Erde jubeln«, sagte er, »weil Herzog Sigmund seine Braut nach Hause führt. Morgen werde ich Euren Bund vor dem Allmächtigen segnen, doch schon heute begrüße ich Euch im heiligen Haus Gottes.«
Die Ministranten hinter ihm schwenkten die Weihrauchfässer. Katharina kniff die Augen zusammen und schien auf einmal zu taumeln, während ihr Vater noch angespannter als bisher wirkte.
»›Schön bist du meine Freundin, ja du bist schön‹«, fuhr der Bischof fort. »›Hinter dem Schleier deine Augen wie Tauben. Dein Haar gleicht einer Herde von Ziegen, die herabzieht von Gileads Bergen …‹«
Jetzt erst schien er das Hündchen wahrzunehmen, das nun ganz still mit seiner frechen Schnauze aus dem Mantel lugte, doch er ließ sich davon nicht beeindrucken.
»›Stört die Liebe nicht auf‹, so steht es im Hohen Lied geschrieben. ›Weckt sie nicht, bis es ihr selbst gefällt.‹ Jetzt aber, da sie wach ist, will ich die junge Braut segnen und den Mann, der sie morgen zu seiner Frau machen wird. Folgt mir zum Altar!«
Vor den Stufen ließ er die beiden innehalten, hob seine Rechte und schlug das Zeichen des Kreuzes.
» In nomine patris et filii et spiritus sancti . Der Herr sei mit Euch, der Herr segne und schütze Euch! Seid herzlich willkommen in Eurer neuen Heimat Tirol, edle Katharina von Sachsen!«
Lena hatte die Hechte sorgfältig ausgenommen und anschließend gesäubert. Mit dem scharfen Messer, das Matthias Rainer ihr am Morgen wortlos hingelegt hatte, war es ganz einfach, den Fisch von den Gräten zu lösen, von der Haut zu befreien und zu zerteilen. Sie wusste genau, dass sie keinen Fehler machen durfte, wollte sie nicht den Rest ihrer Tage mit Schälen und Putzen verbringen. Der Küchenmeister, der zwischen den verschiedenen Kochstellen geschäftig hin und her sprang, um ja nichts aus dem Auge zu lassen, hatte ihr das mit Miene und Gesten unmissverständlich klargemacht.
Auf dem Herd siedeten Gräten, Fischköpfe und Flossen in zwei großen Kesseln mit in Scheiben geschnittenen Zwiebeln, Lorbeerblättern, Suppengemüse, Salz und den kostbaren Pfefferkörnern, mit denen Lena zum ersten Mal in ihrem Leben verschwenderisch umgehen durfte. Schließlich wurde die Brühe durch ein feines Sieb geseiht. Jetzt war die helle Schwitze an der Reihe, die sie aus Butter und Mehl bereitete und in die der Fischsud untergerührt wurde. Vier Ave Maria lang musste die Hechtsuppe nun ziehen. Lena wischte sich die Hände an der Schürze ab. Sie hätte gern Vily aus der Gesindeküche um sich gehabt, dessen Frechheiten und Lachen ihr fehlten. Vielleicht ergab sich ja nach den Feierlichkeiten eine Möglichkeit, dass er wieder in ihrer Nähe arbeiten durfte.
Neben der Hechtsuppe brutzelte Huhn mit getrockneten Früchten, ein Stück weiter wurden gedämpfter Kapaun in Speck und Schweinebäckchen mit Safranfäden langsam gar. Zum Glück war Lena vorerst nur für die Suppe verantwortlich, während die Mehrzahl der anderen Köche sich an den größeren Herd verzogen hatte, an dem weitere Köstlichkeiten gebraten und gesotten wurden. Im Burghof hatte man zwei große Zelte errichtet, wo eine ganze Reihe zusätzlicher, provisorischer Kochstellen eingerichtet worden war, um die vielen Menschen standesgemäß zu bewirten. An
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