Die Hexe und der Herzog
weiter? Es war so aufregend schön gewesen, dass sie kaum noch zu atmen wagte.
»Da bin aber froh! Gestern haben sich meine Musikanten nämlich schon herbe Kritik vom Herzog geholt, weil ich ganz und gar nicht bei der Sache war. Und sollte ich heute Abend wieder jedes zweite Lied verpatzen, kannst du dir abermals an die Nase fassen. Soll das wirklich auf Dauer so bleiben, Lena?«
Sie verspürte angesichts dieses ungelenken Geständnisses Lust zu lachen, so glücklich fühlte sie sich, und tatsächlich stieg es bereits in ihr auf, ein gelöstes, helles Glucksen, das sich nicht länger unterdrücken ließ.
»Du lachst mich doch nicht aus, weil du dir in Wirklichkeit nichts aus mir machst?« Er klang verletzt mit einem Mal, löste sich von ihr.
»Natürlich nicht …«
»Was habt ihr beide hier zu schaffen?« Weder Lena noch Niklas hatten Johannes Merwais kommen sehen, der plötzlich vor ihnen stand.
»Ich wollte nur Petersilie holen …« Sie verstummte, errötete. Wie die dümmste aller Ausreden musste das in den Ohren des Juristen klingen!
»Und ich hab die Jungfer begleitet«, sagte Niklas schnell. »Damit keiner der feinen Herren in der Hitze des Hochzeitsfestes womöglich zu übermütig wird und seine Grenzen vergisst. Aber jetzt seid ja Ihr zu ihrem Schutz erschienen, und ich werde mich besser wieder nach oben verziehen. Das Turnier geht zu Ende. Und bei Mahl und Tanz sind dann wieder wir Spielleute mit unseren launigen Versen gefragt.« Er deutete eine schlampige Verneigung an und entfernte sich rasch.
»Zählt Ihr jetzt schon die Kräuter des Herzogs?«, sagte Lena herausfordernd, der ganz und gar nicht gefiel, dass ausgerechnet der Jurist sie mit Niklas überrascht hatte. »Ich wusste gar nicht, dass das auch zu Euren Aufgaben gehört.«
Merwais verzog die Mundwinkel.
»Ich dachte, es würde dich freuen zu hören, dass Kassian aufgeflogen ist, mitsamt seinem Diebesgut, das man ihm abgenommen hat. Bereits vorgestern hab ich dafür gesorgt, dass man ihn hinausgeworfen hat. Er darf die Hofburg niemals wieder betreten.«
»Kassian?«, fragte Lena. »Weshalb habt Ihr das getan? Jetzt wird er mich für alle Zeiten hassen.«
»Wie sollte er darauf kommen, dass du mich auf seine Spur gebracht hast?«
»Das ist doch nicht weiter schwierig. Er weiß, dass wir seine heimlichen Vorräte gesehen haben, Sebi und ich. Wenn er nun dem Kleinen etwas antut...« Ihr Blick wurde streng. »Das würde ich Euch niemals verzeihen.«
»Der Herzog hat mich gerufen, damit ich Ordnung in all die Wirrnis bringe, die hier herrscht«, sagte Merwais. »Das betrifft nicht nur Erze und Münzen, sondern jede Kleinigkeit, schlichtweg alles, was sich in diesem Schloss abspielt. Daher werde ich keinen Diebstahl durchgehen lassen, denn ich hasse Falschheit, Betrug und Gier – von ganzem Herzen.«
»So seid Ihr ein echter Kämpfer für die Wahrheit«, sagte Lena. Es hatte spöttisch klingen sollen, doch der Doktor der Juristerei nahm ihre Antwort offenbar ernst und schien sich sogar über sie zu freuen.
»Ja, so könnte man es sagen.« Das kleine Lächeln machte ihn jünger. »Wenngleich ich meine Worte leider nicht in geschmiedeten Reimen zu verpacken verstehe wie manch anderer, der damit die Frauen betören kann.«
Warum ließ er Niklas nicht einfach in Ruhe? Und wie lange hatte er sie überhaupt belauscht?
Lena zog die Stirn kraus.
»Denn leider gehöre ich nicht zu des Herzogs Kegeln«, fuhr Merwais fort und sah sie aufmerksam dabei an. »So wie all diese Singbuben und auch ihr fescher Chorleiter, der Herr Spielmann, der sich deshalb wohl auch am Hof so vieles herausnehmen darf. Ich dagegen bin nur ein braver Jurist, der sein Brot mit klarem Kopf verdienen muss.«
Halt dein Herz fest!, dachte Lena, während seine Worte langsam in ihr Bewusstsein sickerten. So hatte Els sie immer gewarnt: »Die Frauen in unserer Familie haben kein großes Glück, was Männer betrifft.« Der Bastard des Herzogs und eine Küchenmagd. Wie sollte das jemals gehen?
Halt dein Herz fest! Jetzt dröhnte die Stimme der Tante geradezu in Lenas Ohren.
Aber war es dazu nicht längst zu spät?
Lena senkte den Kopf und lief zur Tür. Dabei rempelte sie aus Versehen den Juristen an, der einen erstaunten Laut von sich gab. Die Treppe hinauf nahm sie im Sauseschritt.
»Es muss heute auch ohne Petersilie gehen«, rief sie, als sie keuchend die Küche betrat und der Küchenmeister sie fragend ansah, als sie keuchend die Küche betrat. »Das verdorbene Zeug
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