Die Hexe und der Herzog
sich besser.«
»Keinen Fuß setze ich jemals wieder über diese Schwelle. Und ihr anderen hoffentlich auch nicht mehr – nachdem sie uns das angetan hat!« Purgl war nicht allein gekommen. Hinter ihr stand ein Häuflein von Frauen und Männern, die ebenfalls grimmig dreinschauten. »Aber jetzt ist damit Schluss. Du wirst uns keinen Schaden mehr anhängen!«
»Ich weiß immer noch nicht, wovon du redest.« Es gelang Els, gelassen zu bleiben, obwohl ihr Herz stärker klopfte. Zum Glück kam als Verstärkung Bibiana aus der Küche, gefolgt von Ennli, dem jungen Mädchen, das beim Bedienen aushelfen sollte, um Lena zu ersetzen. »Und wenn du die Gäste meinst, die lieber zu uns kommen, so hat das ganz andere Gründe – und das weißt du sehr genau.«
»Jetzt tut sie wieder einmal, als könne sie kein Wässerchen trüben!« Purgl spuckte beim Reden, so aufgebracht war sie. »Dabei schleicht sie nachts heimlich durch die Gassen und legt Schadenszauber aus, der ehrlichen Leuten nichts als Leid und Unheil bringt.«
»Nachts schlafe ich«, sagte Els. »Sobald der letzte Gast gegangen ist …«
»Halts Maul, Hexenweib!« Purgl drehte sich halb um. »Zeig ihr, was wir beim Ausmisten im Stall gefunden haben, Dietz! Und dann soll sie uns frech ins Gesicht sagen, dass sie nichts damit zu tun hat!«
Auf einem Blechteller lag ein zerknittertes Stück Stoff, in das Verschiedenes gewickelt war. Die Leute wichen zurück, als Purgl darauf deutete und unter Schaudern die einzelnen Gegenstände benannte.
»Haare. Kinderknöchelchen.« Die Stimme schien ihr zu versagen. »Sauborsten. Kalk. Wachs. Krank und elend soll uns das machen. Und musste nicht unser bester Gaul erst letzte Woche vom Abdecker geholt werden? Quält nicht schon seit dem Barbaratag ein bockiger Husten meinen armen Bruder? Erkennst du diese grüne Borte wieder, Els, genau dieselbe, die deinen Ausschnitt ziert? Und jetzt behaupte noch, all dies Teufelszeug sei nicht in deine Haube eingeschlagen gewesen!«
»Es scheint tatsächlich die meine zu sein«, sagte Els überrascht. Laurin hatte ihr die auffallende Borte geschenkt, die von einem Händler aus Venedig stammte, und sie hatte den Zierrat eigenhändig aufgenäht. »Aber getragen hab ich sie schon lange nicht mehr. Ich muss sie wohl auf dem Weg vom oder zum Waschhaus verloren haben.«
»Verloren! Auf dem Weg zum Waschhaus – dass ich nicht lache! So gibst du es also zu?«
»Die Haube ist mir irgendwann abhanden gekommen, das ja. Doch diese Sachen darin sind mir gänzlich fremd.«
»Lass sie gefälligst in Ruhe!«, rief Bibiana. »Mein Mädchen weiß nichts davon. Hast du nicht verstanden? Wir arbeiten hart. Unsere Gaststube ist voll, Abend für Abend. Wir brauchen keine Hauben in fremde Ställe zu legen.«
»Die Walsche soll still sein!« Purgl begann noch lauter zu krakeelen. »Wer nicht von hier ist, der hat bei uns auch nichts zu melden!«
»Ganz richtig!«, rief ein Mann. »Eines Tages werde sie uns noch überrennen, diese verfluchten Ladiner – wie Ungeziefer verbreiten sie sich in unserer Stadt.«
Die lauten Stimmen hatten Sebi aus seinem Winkel gelockt. In der Regel versteckte er sich, sobald Zwist und Streit ausbrachen, dieses Mal aber lief er zu seiner Mutter und drückte sein Gesicht schutzsuchend in ihren Schoß.
Sein Anblick schien die Geyerin noch mehr in Rage zu versetzen. »Reicht es noch nicht, dass Gott dich mit einem kleinen Tölpel gestraft und schon in jungen Jahren zur Witwe gemacht hat? Andere an deiner Stelle würden Umkehr und Reue zeigen, du aber fährst fort in deinem gottlosen Tun: Versammelst übel beleumdete Weiber um dich, betörst die Männer mit deinem schwarzen Schlangenhaar, hurst ungeniert herum, als wärst du eine der Hübschlerinnen aus der Schlossergass, legst heimlich Hexenzauber aus …«
Els schob den Kleinen weiter zu Bibiana, die sich schützend vor ihn stellte, holte aus und versetzte Purgl eine schallende Ohrfeige.
»Noch ein Wort über meinen Sebi«, rief sie, »und du wirst keinen einzigen guten Tag mehr auf Erden haben, das schwöre ich bei allem, was mir heilig ist!« Ihre Augen funkelten. »Und jetzt wirf den Unrat weg und geh heim! Ich hab mit diesem Unsinn nichts zu schaffen, hast du das endlich kapiert?«
Sie packte das Kind, zog Bibiana am Ärmel mit und verschwand in der Gaststube. Ennli folgte mit gesenktem Haupt. Ihren ersten Arbeitstag hatte sie sich wohl anders vorgestellt.
»Geschlagen hat sie mich – und öffentlich verwünscht! Ihr
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