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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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seid meine Zeugen. Ihr alle habt es gehört …« Dietz und ein paar anderen gelang es schließlich, Purgl in den »Schwarzen Adler« zu ziehen.

     
    Das Fenster im zweiten Stock des »Goldenen Engel« schloss sich erst, nachdem die Menge vor dem Gasthof sich zerstreut hatte. Nachdenklich kehrte Kramer zu seinen Aufzeichnungen zurück, griff erneut zum Rötelstift und kritzelte ein paar Worte in das kleine Büchlein, in das er alle seine Notizen eintrug, bevor sie später ins Reine übertragen wurden.
    Zauber, um andere krank zu machen. Mensch und Vieh. Eingenäht in eine Haube, die die Beschuldigte wiedererkannt hat. Knöchelchen von Kindern. Haare . Er musste überlegen. Was war es gleich noch einmal alles gewesen? Jetzt fiel es ihm wieder ein. Wachs. Kalk. Ein totes Pferd. Husten bei einem Mann, der nicht heilen will seit dem Tag der heiligen Barbara … Der Rötel flog über das Papier.
    Das waren sie, die untrüglichen Anzeichen des Bösen!
    Sie aufs Penibelste zusammenzutragen, bis sie schließlich im Prozess verwendet werden konnten, hatte sich als wichtig erwiesen, denn die Angeklagten waren ausnahmslos verstockt, leugneten und logen, was das Zeug hielt. Nur ein beschämendes Übermaß an Beweisen konnte sie schließlich überführen, gemeinsam mit den segensreichen Werkzeugen der Fragstatt, die meist ein Übriges vollbrachten.
    Bischof Golser und seine halbherzigen Ausführungen kamen Kramer wieder in den Sinn, und das Gesicht des Inquisitors verdüsterte sich. Dass von jenem keinerlei aktive Mithilfe erfolgen würde, stand für ihn fest. Andererseits verpflichtete die päpstliche Bulle den Bischof von Brixen zur Unterstützung – auf Dauer würde ihm Golser also nicht auskommen. Das betraf auch Erzherzog Sigmund, dessen ausufernde Hochzeitsfeierlichkeiten offenbar noch immer andauerten. Jedenfalls war Kramers schriftliches Gesuch nach einer Audienz bislang unbeantwortet geblieben, es war wohl wichtiger, ein junges Weib zu begatten, als den Forderungen eines päpstlichen Legaten nachzukommen. Diese Niederungen des Fleisches – selbst bei Adeligen und Gekrönten waren sie ihm widerwärtig.
    Plötzlich hielt es den Dominikaner nicht länger in der engen Kammer. Er musste hinaus, in die frische Luft, seine Glieder regen, die vom langen Sitzen ganz steif geworden waren.
    Am Fuß der Treppe traf er auf Els.
    »Ihr seid ungewöhnlich blass.« Er fasste sie scharf ins Auge. »Ist Euch nicht wohl, Wirtin?«
    »Habt Ihr das hässliche Getöse draußen mitbekommen?«, fragte sie.
    Er nickte schweigend.
    »Ich entschuldige mich, sollte es Euch bei Euren Studien gestört haben. Hoffentlich zum ersten und letzten Mal.«
    »Jene Frau … sie schien sich sehr sicher zu sein in ihren Anwürfen, was Euch betrifft.«
    »Ist es nicht schrecklich, was im Kopf eines Menschen entstehen kann? Dabei war Purgl früher ein liebes, freundliches Mädchen. Doch seitdem ihr Verlobter sich aus dem Staub gemacht hat, ist nichts mehr davon übrig geblieben.« Els versuchte zu lächeln, aber es misslang. »Seitdem ist der Neid ihr Bräutigam geworden und der Hass ihr Pate. Ich fürchte, nicht einmal meine Ohrfeige hat sie davon kuriert. Wir müssen uns wohl oder übel damit abfinden.«
    »Was wollt Ihr nun tun? Die Beichte ablegen? Ihr wisst, dass Ihr Euch immer an mich wenden könnt.«
    Sie wich einen Schritt zurück. »Ihr glaubt doch nicht etwa, was sie da an krudem Zeug zusammenfantasiert, Pater Institoris? Für den Wahn einer Verschmähten kann ich nichts.«
    »Keiner von uns ist ohne Fehl«, entgegnete er streng. »Wir sind als Sünder geboren, und Einkehr, Reue und Buße sind die einzigen Mittel, um Gottes Zorn von uns abzuhalten.«
    Ihr Gesicht veränderte sich. »Gottes Zorn?«, wiederholte sie. »Seltsam, dass Ihr gerade das sagt. Ich hab mich stets in der Liebe Gottes gefühlt, sogar in den dunkelsten Zeiten.« Irgendetwas in ihr zwang sie, weiterzusprechen, vielleicht die kalte, abschätzige Art, mit der Kramer sie musterte. »Und wusste ich einmal nicht mehr ein oder aus, dann hab ich mich eben an sie gewandt.«
    Seine Brauen schnellten fragend nach oben.
    Els spürte, wie ihr heiß wurde. Sein Blick war noch schneidender geworden. Jetzt kam es auf die richtige Antwort an.
    »An Maria«, sagte sie, »die Mutter des Herrn«, und hoffte, dass er ihr glauben würde. Gemeint hatte sie freilich die drei Bethen. Jene, die immer waren. Die stets sein würden, auch wenn wir alle längst zu Staub zerfallen sind. Sie ging an ihm

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