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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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das einen verzaubert hatte, wenn man ihm gab, was es wollte, dann würde es einen vielleicht in Ruhe lassen. Es würde aufhören, einem nachzuspüren, keine Füchse mehr schicken und einen vielleicht sogar vergessen.
    Sophie verrenkte noch einmal ihren Hals, um etwas zu sehen, bevor man sie auf den Karren warf, den man vorsorglich mitgebracht hatte. Nirgends lag eine Leiche. Sie konnte auch keine verräterischen Blutspuren entdecken. Lieber Gott, lass Marx entkommen sein, betete sie still.

   ulius’ Heim war okkupiert worden. Spanier hatten sich in ihm breitgemacht. Da sein Haus das größte und bequemste in dem kleinen Dorf war, hatte sich bei ihm der sechsköpfige Offiziersstab einquartiert, während der Rest des etwa zweihundert Mann zählenden Trupps in den Bauernkaten und auf den beiden anderen größeren Höfen des Ortes herumlungerte.
    Die Dorfbewohner hatten Furcht, Julius wusste das. Wenn er ihnen auf den Wegen begegnete, sah er unterdrückte Wut in ihren Gesichtern. Die Tochter des Gerbers war vier Nächte zuvor aus ihrer Kammer entführt worden, und man hatte ihr auf der Wiese hinter dem Dorfanger Gewalt angetan, so schlimm, dass weder sie noch ihre Eltern darüber sprechen konnten. Dieses Ereignis hatte stattgefunden, kurz bevor Julius nach Hause zurückkehrte. Er hatte bei den Offizieren protestiert, ohne jedoch mehr als ein Schulterzucken zu ernten. Das war eben die Art der Söldner. Ein Haufen, den man so wenig bändigen konnte wie einem Hornissenschwarm. Es hatte doch noch keine Toten gegeben, oder?
    Die Offiziere – der ranghöchste hieß Antoni Genovés – saßen die meiste Zeit in Julius’ Salon und spielten vor dem Kamin, den sie verschwenderisch heizten, Karten. Im Pferdestall lungerte ihre Leibgarde herum, rohe, verwilderte, bärenstarke Männer, die sich, nach den Klagen der Köchin zu urteilen, durch sämtlich Vorräte fraßen. Sie waren nervös. Es hieß, dass die Schweden unter Wolf Heinrich von Baudissin gegen Köln zogen. Der Krieg war noch lange nicht entschieden – auch nach dem Tod des Königs nicht. Womöglich stand eine Schlacht bevor. Kämpfen verhieß Beute, üppige Zulagen zum Sold und vielleicht gar eine Beförderung. Es juckte sie in den Fingern loszuschlagen.
    Julius stand an dem Fenster, das zum Garten hinausging, und beobachtete die Männer. Sie hatten eine Zielscheibe an die Lehmmauer des Schweinestalls genagelt und schossen ihre Musketen darauf ab. Die Schweine in den Pferchen auf der anderen Seite der Mauer quiekten vor Angst. Eines so ausdauernd, als wäre es von einer durchgeschlagenen Kugel getroffen worden. Kurz erwog Julius, hinauszugehen und die Kerle zur Rede zu stellen, aber er ließ es bleiben. Obwohl er keine Erfahrung mit dieser Art Menschen hatte, spürte er die Aggression, die in der Luft lag. Das Warten machte sie verrückt und ein Menschenleben galt nichts. Ein Protest wäre selbstmörderisch gewesen.
    Stattdessen begann er die Armillarsphäre, die auf einem Tischchen seitlich vom Fenster stand, zu putzen. Seine Gedanken wanderten zu Conrad. Er hatte den Jungen nach dem aufwühlenden Vorfall, bei dem Marx verwundet worden war, nach Herbede zurückgeschickt. Dort schien er ihm sicherer aufgehoben zu sein. Als Julius nach der Gerichtsverhandlung aufging, dass Marx ihren Zögling aufsuchen und wer weiß was mit ihm anstellen würde, hatte er den Jungen durch einen Boten warnen lassen. Aber wer war schneller gewesen? Marx auf seinem verdammten Schimmel oder der bezahlte Mann, der womöglich Umwege in Kauf nahm, um den versprengten Truppen auszuweichen? Er hatte keine Ahnung, und die Sorge lastete auf ihm.
    Außerdem fragte er sich, wer wirklich für Heinrichs Tod verantwortlich sein mochte. Dass Conrad, mit dem er jahrelang die Ethik des Aristoteles studiert, mit dem er hitzige Debatten über das Wesen Gottes, den guten Tod des Menschen, die Reformation und sogar die von Augustin Lerchheimer herausgegebenen Bedenken von der Zauberey studiert hatte, seine Hand gegen den besten Freund erhoben haben sollte, kam ihm unmöglich vor. Heinrich und Conrad hatten zusammengehalten wie Zwillinge, das stand für ihn fest. Dass Edith in dem Folterkeller über Conrad gesprochen hatte, musste Marx sich eingebildet haben.
    Auch Sophie konnte er nicht aus seinem Kopf verbannen, obwohl er es gern getan hätte. Sie ist eine Frau, sagte er sich grimmig, und wie alle Frauen anfällig für das, was ihnen eingeflüstert wird. Dass Marx beredsamer flüsterte als er selbst,

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