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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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Gesicht. »Ich suche einen Verbündeten.«
    »Weiter, los!« Er schien im Dunkeln sehen zu können, denn er drückte ihren Kopf herab, als sich die Decke plötzlich senkte. Wieder schlitterte sie. Ein Felsscharte ratschte ihre Wange, und sie presste die Hand gegen das Blut, während sie hervorstieß: »Mir ist egal, was Ihr seid. Werwolf oder …«
    » Mir ist egal sind große Worte.«
    »Ich mein’s aber so. Ich will mein Kind zurück, und dafür …« Sie kreischte auf. Der Gang endete im Nichts. Panisch fuhr sie herum und klammerte sich an Marx. Unter ihnen lag eine Höhle, in der Feuer flackerten und schwarzes Wasser schimmerte. Es war ein gespenstischer Ort. Die Hölle – genau so stellte sie sich die Hölle vor. Sie sah Gestalten, die auffuhren und zu ihnen hinaufstarrten.
    »Jetzt gilt’s, Hänfling.«
    Bevor sie begriff, was er meinte, gab Marx ihr einen Stoß. Sie taumelte ins Nichts. Der Aufprall kam überraschend, war aber seidenweich im Gegensatz zu dem, was sie erwartet hatte. Sie platschte in eiskaltes Wasser. Glücklicherweise war es nicht allzu tief. Ihre Füße erreichten fast sofort felsigen Grund, von dem sie sich panisch wieder abstieß. Wenn Vater ihr nicht das Schwimmen beigebracht hätte, wäre sie wahrscheinlich ertrunken, und auch so war es schwer, in den vollgesogenen Kleidern an die Wasseroberfläche zu gelangen, aber sie schaffte es und erreichte das Ufer.
    Marx, der sich bereits ins Trockene gerettet hatte, beugte sich über einen gefesselten Mann und durchschnitt seine Stricke. Sie sah, wie der Befreite entgeistert in ihre Richtung starrte. Es war Julius Drach. Sie war sicher, obwohl sein Gesicht im Fackelschein nur schemenhaft zu erkennen war. Was tat er in dieser Höhle? Sie kam sich vor wie in einem Alptraum, in dem sich Gestalten, die nichts miteinander zu tun hatten, in einem beängstigenden Chaos zusammenfanden. Gehetzt wrang sie das Wasser aus ihren Kleidern, während die Männer sie umringten.
    »Wenn sie nicht komplett dämlich sind, sind sie in ein paar Minuten hier – etwa zehn Mann.« Marx streifte Jacke, Hemd und Hose ab. Nackt, wie er war, blickte er zu einer Öffnung im Fels, die wohl den regulären Zugang in die Höhle bildete. »Nein«, widersprach er einem bärtigen Rotschopf, der seinen Degen zog, »hat keinen Zweck. Wir verschwinden. Alles bleibt zurück, bis auf die Waffen.« Er fing Kleider auf, die ihm jemand zuwarf.
    »Wohin wollen wir?«, brachte Sophie hervor.
    »Nicht wir. «
    »Auf gar keinen Fall wir! « Julius Drach, der hektisch die tauben Arme bewegte, kam auf sie zu. »Um Himmels willen, Sophie! Was … Wie hat der Kerl es geschafft, sich an Euch heranzumachen?« Empört fuhr er Marx an: »Hast du keinen Funken Moral? Erst ein halbwüchsiges Kind und nun eine hilflose Frau, die …«
    »Schnür deine Stiefel!« Marx zog sich die Hose über den Hintern.
    »… und nun dieses bedauernswerte Geschöpf, das vor Angst nicht weiß …«
    »Sonst fällst du auf die Schnauze. Im Ernst.«
    Sophie packte Marx am Ärmel. »Ich folge Euch. Habt Ihr mir nicht zugehört?«
    Marx schnappte sich eine Pistole, die ihm jemand hinhielt. Er goss mit fliegenden Fingern Schwarzpulver in den Lauf und stopfte eine mit Stoff umwickelte Bleikugel hinterdrein. »Tut mir leid, ich kann dich nicht brauchen, Hänfling.«
    »Ich habe dir das Leben gerettet!«
    »Und dafür danke ich dir.«
    »Warum hast du sie hierher gebracht?« Julius packte Marx’ Handgelenk.
    »Sie ist mir wie ein Krümel vor die Füße gefallen. Herrgott, kapierst du’s nicht?«
    »Wir müssen weg!«, drängte der Rotschopf.
    »Und wir zwei bleiben!« Julius ließ Marx los und drehte sich zu Sophie. »Was auch immer geschehen ist – wir werden selbst nach dem Ausgang suchen, und ich werde dafür sorgen …«
    »Falsch. Das Mädel bleibt – aber du kommst mit.«
    »Bist du des Teufels?«, fragte Julius entgeistert.
    »Man wird sie schon auflesen.« Marx spannte die Lunte in die Zündvorrichtung.
    »Ihr könnt mich nicht zurücklassen«, brauste Sophie auf. »Ich folge Euch und mache einen Lärm …«
    »Sie kommen!«, warnte der Rotschopf.
    »Herrgott!« Marx warf einen resignierten Blick in die Runde.
    Sophie hätte mit den Männern – insgesamt waren es sechs – nicht mithalten können, wäre Julius nicht gewesen. Er blieb hinter ihr, und da Marx ihn nicht zurücklassen wollte, musste sich der Trupp ihrem Tempo anpassen. Sie meinte zu hören, wie die Gauner sie stumm verfluchten.
    Der Berg

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