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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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dann sind sie am schmackhaftesten. Ist Euch nicht gut?«
    Sophie nahm hastig ein Gebäck aus einer Silberschale.
    »Wenn Ihr etwas hören wollt, müssen wir es anders anstellen«, erklärte die Hausherrin, und dieses Mal war ihr Lächeln ausgesprochen listig. Sie ging zu einem Bild, nahm es vorsichtig von der Wand und öffnete ein verborgenes Schränkchen, das sich dahinter fand. Sofort wurden die Stimmen lauter.
    »… ihm und Conrad?«, hörte Sophie Marx’ Stimme. Er befand sich also tatsächlich im Nebenzimmer.
    »Die Jungen liebten einander – das sag ich doch«, meinte eine zweite, gequält klingende Stimme.
    »Das ist Reinhard«, flüsterte die Dame. Sie kicherte, als wären sie beide Kinder, die heimlich an der Türe lauschten. »Er ist mein Bruder, aber … pssst.«
    »… undenkbar, Conrad könnte ihm etwas antun. Wirklich. Ihr habt doch selbst gesehen, wie innig die beiden aneinander …« Ein Fluch beendete den Satz.
    Dann ertönte Marx’ kalte Stimme: »Wie heißt das Mädchen?«
    »Ihr brecht mir den Rücken.«
    »Mit Freude. Also wie?«
    Ein Jammerlaut ertönte. »… sag doch, dass ich es nicht weiß. Heinrich redete nicht viel. … hat mir gegenüber niemals … Namen … Conrad heiratet selbst und ist mit … eigenen Braut beschäftigt, in die er vernarrt ist … Mädchen aus Hagen, reizendes Geschöpft, aus einer wohlhabenden … Verflucht, ich muss mich setzen, lasst mich los!« Ein Scharren war zu hören, als würde ein Stuhl verrückt. Marx schien seinen Gesprächspartner freigegeben zu haben.
    »Streiten Sie?«, erkundigte Sophies Gastgeberin sich beunruhigt.
    Sophie schüttelte den Kopf.
    Elisabeth legte den Finger über die Lippen. »Reinhard schwindelt«, flüsterte sie. »Conrad kann seine Braut nicht leiden. Er findet sie herrisch und ihre Daumen zu platt. Ich weiß gar nicht, warum Reinhard ihn zu der Hochzeit drängt. Er könnte den Jungen doch in den geistlichen Stand schicken, wo Conrad so gerne redet. Obwohl … für meinen Geschmack ist der Junge ein bisschen trocken. Er zitiert .«
    Sophie konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
    »… sein, sie hieß Martha«, hörten sie Reinhards leicht panische Stimme von nebenan. »Ja, Martha. Oder Marie? … weiß es nicht. Ein Bauernkind, ganz sicher … hätte Heinrich sie doch vorgestellt. Wer merkt sich den Namen einer Liebelei? … gewöhnlicher Name. Maria, … sicher Maria.«
    »Sprechen sie jetzt von Heinrich?«, wisperte die Dame.
    Sophie nickte.
    »Von seiner Liebsten?«
    »Ich denke.«
    »Da irren sie aber. Das Kind heißt Valerie. Und es wohnt … Wo wohnt sie nur? Ich habe Schwierigkeiten, mir Dinge zu merken. Das ist lästig, wisst Ihr? Man wird so seltsam angeschaut. Wir sollten Heinrich fragen, wenn er heimkommt.«
    »… zu kompliziert, Marx … ich versteh das nicht. O Herrgott, ich brauch ein Kissen.«
    »Hatte Conrad etwas mit Jesuiten zu tun?« Marx’ Stimme klang wütend, das Gespräch verlief anders, als er erwartet hatte.
    Die Pause, die den Worten folgte, war lang. Vermutlich stopfte sein Gesprächspartner sich das besagte Kissen ins Kreuz. »Was soll das! Ich bitt Euch! Conrad und Politik? … ist mein Sohn … sag ich mit Stolz … hält sich tunlichst raus, wenn es um es Politik geht. Wisst Ihr doch selbst.«
    Was Marx antwortete, war nicht zu verstehen.
    »Intrige? Wer würde ihn denn einweihen? … so arglos … weltfremd …«
    »Warum ist Heinrich dann gestorben?«
    Sophie sah, wie Elisabeth bei der zornigen Frage erstarrte. Sie schüttelte verwirrt den Kopf und zuckte zusammen, als Marx böse auflachte. »Wovon reden sie denn jetzt?«, hauchte sie ängstlich.
    Sophie konnte nicht mehr antworten, denn in diesem Moment flog die Tür auf. Elisabeths Magd trat mit einem bulligen Mann im Schlepptau ins Zimmer. Beide knicksten, und der Mann zog die Mütze vom Kopf, aber sie sahen zu allem entschlossen aus. »Herrin, die Dame will jetzt gehen«, erklärte der Domestik grimmig.
    Elisabeth schob mit einer beiläufigen Bewegung, die auf eine erstaunliche Durchtriebenheit schließen ließ, das Schränkchen zu, so dass die Stimmen kaum noch hörbar waren. »Tatsächlich? Welch ein Jammer.« Heinrich war offenbar vergessen – der Kleinkrieg mit den Dienstboten hatte ihn aus ihrem Kopf verdrängt. »Ihr werdet aber sicher bald wiederkommen, meine Liebe, nicht wahr? Es ist so angenehm, jemanden zum Plaudern zu haben.«
    Sophie nickte und griff noch rasch ein Biskuit vom Teller – süße

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