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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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und hörte aus dem Obergeschoss gedämpfte Männerstimmen, die ein erregtes Gespräch zu führen schienen. Marx und dieser Conrad? Zweifelnd schaute sie sich um. Sollte sie sich bemerkbar machen? Sie stieg eine Treppe mit engen Stufen hinauf und stand erneut in einem Flur. Was, wenn man sie für eine Diebin hielt? Noch während sie es dachte, trat eine Magd mit einem Packen Wäsche aus einer Tür. Die Frau stutzte und fasste die Wäsche fester, offenbar bereit, sie zur Rede zu stellen.
    »Ich suche Elisabeth«, kam Sophie ihr zuvor. Wie aufdringlich, den Vornamen der Hausherrin zu benutzen, aber Marx hatte ihr keinen anderen genannt. Doch gerade diese Vertraulichkeit schien die Magd zögern zu lassen. Ihr Blick schweifte zu einer der Türen, die vom Flur abgingen, und Sophie schritt mit einem gnädigen Kopfnicken darauf zu, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt.
    »Aber Ihr könnte da nicht rein«, protestierte die Frau. »Besuch muss klopfen, und … und die Herrin empfängt auch nicht, außer Herr Reinhard hat gesagt …«
    Was auch immer Herr Reinhard in solchen Fällen zu sagen pflegte – Sophie erfuhr es nicht, denn die Tür flog auch ohne ihr Zutun auf. Eine ältliche Dame trat ins Licht. Sie musste früher einmal wunderschön gewesen sein, mit ihrem ovalen Gesicht, dem anmutigen Kinn, den hohen Wangenknochen und dem Lockenhaar, das sich rötlich aus einer maiglöckchenblauen Haube stahl. Eigentlich war sie immer noch schön, aber es gab da etwas, das sich nicht gleich offenbarte – eine gewisse Zerfahrenheit –, die Sophie irritierte.
    »Was ist denn los, Sibille?« Die Frau nestelte an einem Ring. Alles an ihr schien ein wenig unordentlich zu sein, auch die Schleifen an ihrem Kleid, von denen sich etliche gelöst hatten.
    »Dies Weib …«
    »Ich sehe schon, Sibille.«
    »… ist hier eingedrungen. Wenn es recht ist – ich gebe Herrn Reinhard Bescheid.«
    »Er ist beschäftigt.«
    »Aber …«
    »Er hat Besuch.« Die Herrin und ihre Dienstmagd maßen einander mit Blicken. Seltsamerweise schien es einen Streit darüber zu geben schien, wer das Sagen hatte.
    »Herrin …«
    Resolut drehte die Frau, sicher Elisabeth, sich zu Sophie um. »Für wie ungastlich Ihr dieses Haus halten müsst. Bitte kommt doch herein!«
    »Aber Herrin, Ihr könnt doch nicht … Wartet. Ich muss erst nachfragen, ob …«
    Elisabeth ignorierte ihre Magd. Mit einer Bewegung voller Schwung und Selbstbewusstsein bat sie Sophie in den hinter ihr liegenden Raum. Es war ein bezauberndes, von einem Erker beherrschtes Zimmer. Ein Kamin verbreitete Wärme. Gepolsterte Armlehnstühle luden zum Sitzen ein. Auf einem Tisch lag ein Klöppelbuch, daneben Garne. Elisabeth schloss die Tür, legte den Finger auf die Lippen und flüsterte: »Ich verabscheue es, wie sie mir in alles dreinreden. Dies darf ich nicht, jenes nicht. Bin ich ein Kind? Setzt Euch doch, meine Liebe. Kennen wir uns eigentlich? Ich habe ein schlechtes Gedächtnis für Gesichter. Früher war das anders …«
    Der Kamin war mit einer dieser modernen gusseisernen Takenplatte versehen, die die Wärme des prasselnden Feuers auch in den Nebenraum abstrahlte. Und diese Platte, die die Zimmer verband, mochte der Grund dafür sein, dass Sophie wieder die Männerstimmen hörte. Jemand fluchte in einer quiekenden, hohen Stimmlage.
    »Darf ich Euch etwas anbieten?«, erkundigte sich die emsige Dame, ohne darauf zu achten. »Ich habe die Biskuits selbst gebacken, was Euch hoffentlich nicht schockiert, aber es tut mir so wohl, mich nützlich zu machen. Ihr glaubt nicht, wie langweilig es ist, Tag für Tag herumzusitzen, und die Küche ist ein wunderbarer Ort. So viele Gerüche. Interessiert Euch, was die Herren nebenan besprechen?« Sie setzte ein verschmitztes Lächeln auf, als Sophie errötete. »Ich lausche selbst oft, aber meist ist es langweilig. Sie reden ja doch nur über Zahlen. Wisst Ihr überhaupt, dass Marx zurückgekehrt ist? Gerade eben, ohne mir allerdings seine Aufwartung zu machen. Aber er hatte ja immer schon etwas Unhöfliches an sich. Und Reinhard schickte mich einfach hinaus.«
    »Ist Conrad ebenfalls da?«
    »Aber nein, meine Liebe. Wisst Ihr nicht, dass er nach Köln gezogen ist? Oder war es Dortmund? Er soll dort ein Studium aufnehmen, meine ich. Jura? Ich kann mich nicht entsinnen. Julius wüsste es sicher. Er kümmert sich mit so viel Liebe um den Jungen. Um Heinrich auch. Nur ist der leider ebenfalls fort. Tunkt die Biskuits in Milch, Liebste,

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