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Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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sein Magen mit einem Knurren zu bestätigen wusste. Mit dieser Überlegung
kamen andere Gedanken in sein Bewusstsein zurück.
    »Die Meldung zum Partisanen! Das Feuerholz!« Erschrocken fuhr er hoch.
    »Antonella, ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich Euch für den heutigen
Tag danke. Eure Worte hatten so viel Schönheit …«
    Verlegen kicherte sie in ihre Hand und wiederholte seine letzten Worte
glucksend. »… Schönheit.«
    Verdutzt sah er sie an. »Ich meine das auch so.«
    Einige Sekunden vergingen wortlos, bis sie schließlich »Danke schön«
hauchte.
    Lorenz wusste nicht, ob er zu weit ging, doch diese Gedanken konnten
nicht unausgesprochen bleiben.
    »Und«, er holte tief Luft, »nicht nur Eure Worte sind voll von Schönheit.
Ihr seid es auch.«
    Sichtlich überrascht von seinen Worten, schwieg sie einige Sekunden.
Dann nahm sie seine Hände.
    »Ihr wisst, dass dies nicht wahr ist. Schönheit liegt im Auge des Betrachters
und ich denke, dass andere Leute nicht über mich sagen würden, dass ich schön bin.«
    »Es tut mir leid, dass ich Euch widersprechen muss, doch Schönheit
ist keine Ansichtssache.«
    Erneut schwieg sie einen Moment. »Trefft mich morgen um Mitternacht
vor dem Kuhtor.«
    Bevor er etwas entgegnen konnte, raffte sie ihre Habseligkeiten zusammen
und lief in Richtung des stattlichen Hauses.
    »Und lasst Euch nicht von den Wachen erwischen«, rief sie ihm freudestrahlend
hinterher. Dann war sie weg und mit ihr der Traum eines Tages.
     
    Ein paar Sekunden verharrte er noch im tiefen Dickicht, dann trafen
ihn die Gedanken und Sorgen der letzten Tage wie ein Schlag. Sofort setzte er zum
Spurt an, rannte um das Haus in die offene Eingangstür des Bürgermeisters. Darauf
bedacht, kein Geräusch von sich zu geben, sah er sich um. Das Letzte, was er brauchte,
war eine weitere unliebsame Begegnung mit Elisabeth, oder noch schlimmer, mit ihrem
Vater, dem sie sicherlich davon berichtet hatte. Vorsichtig schlich er zum Büro
des Sekretärs und klopfte zaghaft an die Tür.
    »Herein«, erklang es selbstgefällig von innen.
    Lorenz war erleichtert, auch dann noch, als er eintrat und ein weiteres
Mal von Baier von oben bis unten abfällig gemustert wurde. Durch die verhangenen
Fenster fiel kaum Licht in den kleinen Raum. Mit übereinandergeschlagenen Beinen
saß Baier da. Sein Mundwinkel zuckte nach oben, als er Lorenz erblickte.
    »Was willst du, Bursche?«
    »Mich melden für die Partisanengruppe, mein Herr.«
    Sein Scheitel schien heute noch ein wenig strenger gezogen, als Baier
ihn aus kühlen Augen fixierte.
    »Du bist zu spät«, raunzte Baier.
    »Ich bitte Euch, Herr, mein Gesuch trotzdem noch anzunehmen.«
    Der Sekretär ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Sichtlich die Situation
genießend, knirschte er mit den Zähnen. Seine Wangenknochen hüpften auf und ab,
während sich sein Oberlippenbart gleichmäßig dazu bewegte. »Willst wohl den Helden
spielen? Irgend so eine Göre beeindrucken, richtig?«
    Lorenz verschränkte die Arme hinter dem Rücken und ballte seine Hände
zu Fäusten. »Ja, Herr, genau so ist es«, kam es widerwillig aus ihm heraus.
    Abfällig grunzend, erhob sich Baier, ging zum
Fenster und schob mit dem Zeigefinger den Vorhang zur Seite.
    »Ach, ihr Tunichtgute seid alle gleich«, sagte er laut, während er
seinen Blick schweifen ließ. »Drückt euch vor jeder Arbeit, aber kaum gibt es Geld
zu holen, steht ihr alle Gewehr bei Fuß und haltet die Hand auf. Dein nichtsnutziger
Bruder war heute schon hier.«
    Lorenz fühlte, wie seine Wangen erröteten und ihm das Blut in den Kopf
schoss. Die Fäuste presste er so hart zusammen, dass es ihn schmerzte.
    »Ja, Herr«, waren die einzigen Worte, die er jetzt noch sagen konnte.
    Baier drehte sich langsam zu ihm um. »Ihr Gesindel sucht doch alle
nur das eine: ein schnelles Abenteuer und Geld, ist es nicht so?«
    Lorenz hob seinen Blick vom Boden und fixierte den Mann. »Ja, Herr.«
    »Nun«, schnaubte Baier, als er sich in den großen Sessel fallen ließ.
»Dann will ich mal Gnade vor Recht ergehen lassen.«
    In geschwungener Schrift notierte er Lorenz’ Namen auf einem Blatt
Papier. »Die Ausbildung durch den Hauptmann beginnt morgen um sieben Uhr abends
hinter den Mauern der Stadt an der Turmmühle. Du weißt, was dir blüht, solltest
du Fahnenflucht begehen.«
    Die letzten Worte sprach er breit grinsend mit einer nicht zu fassenden
Genugtuung.
    »Ja, Herr.«
    »Gut, dann verschwinde.«
    Gerade als Lorenz die Türklinke nach

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