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Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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gekanntes Gefühl der Vertrautheit und Wärme. Nein,
an Schlaf war nicht mehr zu denken. Vielleicht war es das, was die Menschen Liebe
nannten.
    Um zumindest ansatzweise einen klaren Kopf zu bekommen, verbat sich
Lorenz jegliche weiteren Gedanken an den gestrigen Tag.
    Vorsichtig schob er die Decke beiseite und schlüpfte
aus dem Bett. In der Stube war es frostig. Lediglich die Reste der Glut versuchten
tapfer, die einfallende Kühle zu verdrängen. Die Hände schnell aneinander reibend,
entfachte Lorenz das Feuer erneut und warf sich eine Decke über. Ein Blick aus dem
Fenster verriet, dass der Schnee die Stadt erneut weiß getüncht hatte. Zentimeterhoch
lag er, und noch immer fielen Flocken geruhsam zu Boden.
    »Großartig«, murmelte Lorenz mit Sorgenfalten auf der Stirn.
    Schnell zog er seine ledernen Schuhe über und befeuerte
die Öfen in der Schmiede. Als er das Tor nach außen öffnete, wehte ihm die frische
Kühle des Morgens ins Gesicht. Er schloss die Augen und genoss die stille Ankunft
des herannahenden Tages. Minuten verharrte er in dieser Position, dann drehte er
sich um. Wie von Seilen gezogen, fiel sein Blick auf die Musterwaffen. Wie stumme
Zeugen vergangener Kriege hingen dort Musketen, Dolche und Schilder. Sogar ein paar
verstaubte Arkebusen und Hakenbüchsen hatte Vater aufgehängt. Still hingen sie an
der grauen Steinwand, Reih an Reih, Glied an Glied, genau wie die Soldaten, die
sie einmal vor sich getragen hatten. Lorenz konnte sich nur schwerlich vorstellen,
wie Männer über Meilen diese altertümlichen Büchsen mitschleppten und versuchten,
das 40 Pfund schwere Monstrum beim Schuss zu bändigen. Zur Übung hatte Vater sie
mit allen diesen Waffen schießen lassen. Als Lorenz vor dieser Wand aus Eisen und
Messing, aus Holz und Zink stand, erinnerte er sich zurück an den Tag, als er zum
ersten Mal den Rückstoß der riesigen Waffen gespürt hatte. Er konnte seinen Oberkörper
mehrere Stunden nur unter Schmerzen bewegen und die blauviolette Stelle an seiner
Brust verschwand erst nach einigen Tagen. Doch Vater ließ sie weiter schießen, immer
und immer wieder, bis sie gelernt hatten, dass die Büchse immer eng an der Schulter
geführt werden muss, wie es sich anfühlt, zu schießen, und das Gewicht zu bändigen.
    »Wer eine Waffe fertigen will, muss sie kennen«, hatte er gesagt.
    Ob der Hauptmann sie in den heutigen Abendstunden ebenfalls so eine
Tortur durchmachen ließ?
    Seine Überlegungen wurden durch das Quietschen
der Tür zum Haus unterbrochen, als Maximilian schlaftrunken und in eine Decke gehüllt
die Schmiede betrat. Die Brüder begrüßten sich kurz, dann blickten sie einige Momente
gemeinsam auf das winterliche Kempen. Würde der dunkle Schleier des Krieges nicht
unheilvoll über der Stadt und ihren Menschen hängen, hätte dieser Morgen beinahe
etwas Idyllisches, Ruhiges, sogar Zauberhaftes.
    »Wir müssen unser Handwerk heute zügig erledigen«, sagte Maximilian
mit Blick in die Vorratskammer. Auch Lorenz sah zu dem angebauten Raum. Es brachte
ihm Gewissheit, dass sie heute viel Arbeit vor sich hatten. Sie würden schnell arbeiten
müssen, um noch rechtzeitig zu ihrer Ausbildung zu erscheinen, und gründlich, um
Vater nicht zu verärgern. Dies würde ein langer Tag werden, ein sehr langer.
     
    Die Glut spritzte auf seine gegerbte Schürze, als
er auf rotes Eisen einschlug. Spitz schrie es auf, die Funken tanzten, nur um im
nächsten Moment erneut zu verstummen. Seine Pupillen glänzten im roten Schein der
Feuerstelle. Dann holte Lorenz aus und ließ seinen Hammer erneut auf den Amboss
fallen. Sein verschwitzter, nackter Oberkörper glänzte im Schein des Feuers, und
wieder fiel der Hammer und ließ das Metall jauchzen. Dann nahm er das glühende Eisen
und kühlte es im Wasser ab. Das Feuerrot des Werkstücks wandelte sich innerhalb
von Sekunden in ein tiefes Schwarz. Heißer Wasserdampf spie ihm zischend ins Gesicht.
Er gönnte sich einen Moment der Ruhe, atmete die vom Schweiß geschwängerte Luft,
bis sein Bruder Maximilian ihm auf die Schulter klopfte und ihn zur Arbeit anhielt.
Seine schwarzen Haare klebten in seinem Gesicht und lagen glänzend in seinem Nacken.
Mit der großen Zange nahm er das Eisen aus dem Wasser, nur um es in der Feuerstelle
ein weiteres Mal zu erhitzen und die roten Funken springen zu lassen. Feuer und
Wasser, Hammer und Amboss, dazwischen nur glühendes Eisen, das geformt werden wollte.
     
    Dunkelheit, die den Abend ankündigte, umhüllte die kleine

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