Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
Vom Netzwerk:
ihre Reihen und bildeten
Linien. Sie schienen gar nicht auf ihre Hauptkampfgruppe zu warten, so schnell,
wie sie sich bewegten. Hunderte Fuß entfernt, erkannte Lorenz, dass die rechte Flanke
des Feindes mehr verstärkt wurde als die linke. Beinahe alle berittenen Soldaten
wurden auf diese Seite beordert. Er hatte keine Zeit mehr, sich darüber den Kopf
zu zerbrechen, denn schon stürzten sie auf die Landwehr zu, die ihnen einen trügerischen
Schutz zu bieten schien. Während immer mehr Soldaten Guébriants ihre Position fanden,
hetzte die Flanke auf die nur leicht befestigte Artillerie los. Die Kanonen spuckten
ihre eisernen Kugeln gegen die Angreifer, doch durch die aufgewirbelte Erde und
den Nebel schienen immer mehr Soldaten durch die Landwehr zu brechen. Dann prallten
die Truppen aufeinander. Die spitzen Schreie waren über die gesamte Heide zu hören,
und das Grollen der Kanonen spielte eine dumpfe Symphonie dazu. Hektisch versuchten
die Kaiserlichen Offiziere mehr Männer auf die linke Flanke zu ziehen, doch es war
zu spät. Die Reiterei des Feindes hatte die Kaiserlichen Formationen aufgewühlt,
so war es ein leichtes Spiel für die hinterher eilende Infanterie. Die Pferde wieherten
panisch und trampelten alles nieder, was ihnen unter die Hufe kam. Getrieben von
ihren Reitern, die mit gezogenem Säbel erbarmungslos in die Reihen pflügten. Nach
und nach fielen die riesigen Körper der Tiere. Ihre Schreie waren über das ganze
Feld zu hören, doch sie hatten ihren Dienst getan. Die geschlossene Infanterie konnte
nun in die wirren Reihen der Kaiserlichen Armee vordringen. Sie hatte kein Erbarmen.
Damit hatten die Generäle der Kaiserlichen Armee nicht gerechnet.
    Innerhalb von wenigen Minuten war die kleine Anhöhe genommen und bildete
eine Front. Die Freunde beobachteten das traurige Schauspiel, das sich ihnen darbot,
mit Schrecken. Lamboy hatte sich auf eine mehrere Tage währende Schlacht eingestellt,
den schnellen, unnachgiebigen Vorstoß hatte er nicht erwartet. Nicht nur, dass die
Feinde jetzt ohne Probleme die Landwehr überqueren konnten, viel schlimmer wog die
Tatsache, dass die Kaiserliche Artillerie nun in den Händen von Guébriants Truppen
lag. Unsere rechte Flanke ist einfach überrannt worden, dachte Lorenz. Mit weit
aufgerissenen Augen starrte er auf die Wand aus Feinden, die sich schnell hinter
der Landwehr postierte. Per Flaggen wurde ihrem Regiment mitgeteilt, sich für den
Kampf vorzubereiten. Das Gebrüll der Offiziere peitschte ihm entgegen. Nur allmählich
bildeten sich Reihen, die die Feinde aufhalten sollten. Zwischen ihnen lagen die
Verwundeten und Toten beider Seiten. Einige waren nur wenige Ellen entfernt, und
doch konnte Lorenz nicht ausbrechen und ihnen zu Hilfe eilen. Die Linie musste auf
jeden Fall gehalten werden. Er versuchte sich nicht mehr auf die schmerzverzerrten
Gesichter zu konzentrieren, die ihn ansahen und bettelten, sondern auf die Feinde,
die sich ebenfalls kampfbereit machten. Die Freunde standen in der ersten Linie.
Als Lorenz sah, dass die beiden Heere ihre Vorbereitungen abgeschlossen hatten und
sie nur auf den Befehl zum Marsch warteten, wurden seine Hände schwitzig. Ein Schauer
lief ihm über den Rücken, und jeder schöne Gedanke wurde fortgerissen. Zurück blieb
nur die Angst. Sein Atem beschleunigte sich, und kalter Schweiß rann seine Stirn
hinab. Der Drang, einfach wegzulaufen, wurde mit jeder Sekunde stärker. Er blickte
auf den frisch gefallenen Schnee, auf das Glitzern, und spürte den Wind auf seiner
Hand. Sie zitterte. Auf einmal wurde es still. Hilfe suchend blickte er seinen Bruder
an. Zuversicht sprach aus dessen Augen. Dann begann es.

Kapitel 10
     
    - Der Schimmer des Mondlichts -
     
    Es waren nicht die
Sonnenstrahlen des Morgens, die Antonella aus ihrem Schlaf rissen und hochschrecken
ließen, sondern ein dunkler Traum, der sich tief in sie hineingefressen hatte. Schweißgebadet
saß sie in ihrem Bett und versuchte, ihre zitternden Hände unter Kontrolle zu bringen.
Nur mühsam schaffte sie es, aufzustehen, ihr weißes Nachtgewand zu richten und einen
Blick aus dem Fenster zu werfen. Genauso dunkel, wie der Traum der vergangenen Nacht
war, genauso hell schien der Tag sie begrüßen zu wollen. Endlich. Nach sieben Tagen
der Finsternis, des grauen, ständigen Regens und der immer selben Aussicht am Morgen
wurde es nun tatsächlich hell. Die Uhr am Kirchturm zeigte acht Uhr an, als sie
auf die Straßen hinunterblickte. Sieben Tage war Lorenz nun

Weitere Kostenlose Bücher