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Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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lautstark.
Der kleine Schatten des Mannes hob drohend den Finger in die Höhe.
    Der Sekretär lachte leise. Es war ein ekelhaftes, hohes Lachen. »…
und Hexen! Schon morgen werde ich einen Gesetzentwurf dem Amtmann übergeben, der
um die Bewilligung dieser Ausnahmeregelung über Euren Kopf hinweg entscheidet.«
    »Wie könnt Ihr es wagen?«, brüllte Dannen. »Dies darf nur der Bürgermeister
und das bin ich«, sagte er mit fester Stimme. »Wir haben dringendere Probleme, als
uns einem Hirngespinst hinzugeben. Es ist nur eine Vermutung. Ein Irrglaube. «
    »Dem Irrglauben unterliegt Ihr!«, fauchte Baier.
    Die Schatten waren jetzt nicht mehr voneinander zu unterscheiden, so
nah standen sie beisammen. Die Luft schien zu brennen und das Zucken der Flammen
in jeder Sekunde zuzunehmen.
    »Früher nannte man so etwas Ketzer«, giftete der Sekretär ruhig.
    Sekunden der Stille vergingen. Antonella wollte das Atmen einstellen,
es kam ihr unendlich laut vor. Sie presste sich eine Hand vor den Mund.
    »Ihr solltet vorsichtig mit Eurer Wortwahl sein, Baier.«
    »Aber das seid Ihr! Ein Ketzer! Dies wart Ihr
schon immer und werdet es immer sein! Die Leute haben recht! Ihr habt dieses Unheil
über uns gebracht. Ihr zieht den Zorn Gottes auf uns! Ihr mit Eurer Ketzerei und
Eurer Hexenbrut.«
    »GENUG!« Die Worte des Bürgermeisters durchzogen das ganze Haus. Als
wollten die Flammen seinen Schrei bestätigen, loderten sie erst auf, dann erloschen
einige von ihnen. Es wurde dunkler.
    »Ihr werdet nichts dergleichen tun. Ich enthebe Euch hiermit Eures
Amtes als erster Sekretär der Stadt.«
    Die Sätze sprach er ruhig und überlegt aus. Langsam entfernte sich
der kleine Schatten und setzte sich hinter den breiten Schreibtisch. »Ihr habt nun
keine Befugnisse mehr, Baier. Und wie ich schon sagte, ein Gesetzentwurf kann nur
vom Bürgermeister oder seinen Vertretern übergeben werden.« Seine Stimme war sachlich,
beinahe monoton. »Verlasst mein Haus.«
    Der größere Schatten bewegte sich einige Sekunden nicht. Dann griff
er nach irgendetwas. Es wurde dunkler. Antonella konnte nur schwerlich die Umrisse
der beiden Männer erkennen.
    »Ihr habt recht, Dannen«, flüsterte Baier kaum hörbar. »… oder seinen
Vertretern«, wiederholte er die Worte monoton.
    Antonellas Kehle war wie zugeschnürt, als sie einen
dumpfen Schlag vernahm. Sie wollte schreien, weglaufen, in das Zimmer stürmen. Doch
die Angst hatte sie in ihrem festen Würgegriff. Die Schatten zuckten wild auf dem
Boden des Flures. Anschließend noch ein Schlag, dann noch einer. Bevor sie realisierte,
was geschehen war, erstarb das Licht in dem Büro. Nach einem metallischen Klirren
wurde es ruhig, sehr ruhig. Lediglich ein gepresstes Atmen war nur mehr zu vernehmen.
Panisch fiel ihr Blick auf die letzte brennende Kerze in ihrer Hand, die aus ihrem
Ständer herausragte und ruhig den Flur erhellte.
    »Wer ist da?«, brüllte Baier.
    Mit festen, stampfenden Schritten trat er durch den Türrahmen. Sie
blickte in das hasserfüllte Gesicht des Sekretärs. Das weiße Hemd des Mannes war
von Blutspritzern übersät und aus seinen Augen loderte Zorn.
    »Die Hexe«, zischte er.
    Antonella hatte das Gefühl, dass ihre Beine sie nicht mehr tragen wollten.
Der Mann griff nach ihr, erwischte nur eine Strähne und zog sie mit fester Hand
und einem schnellen Ruck zu sich. Instinktiv ließ sie den Kerzenleuchter fallen
und riss sich los. Der Schmerz an ihrem Kopf zwang sie kurz in die Knie und ihr
heller Schrei erfüllte das gesamte Haus. Nur mit Mühe konnte sie sich aufrichten
und flüchten. Ihre Augen füllten sich ein weiteres Mal mit Tränen, sodass sie Probleme
hatte, sich in der Dunkelheit zurechtzufinden. Ihre Umgebung schien zu verschwimmen.
Panik ergriff ihren Körper, als sie sich an der Wand des dunklen Hauses entlangtastete.
Sie hörte die Schritte des Mannes im Flur hallen. Bald wird er mich erreicht haben
und dann ist mir dasselbe Schicksal gewiss, dachte sie.
    »Wo bist du?«, sagte Baier erst ruhig, dann etwas lauter.
    Antonella verkroch sich hinter dem großen Regal am Ende des Flures,
verbat sich zu atmen und versuchte zu hören, wo sich Baier nun befand. Erst jetzt
bemerkte sie eine Flüssigkeit, die ihr ins Auge lief. Mit der Hand strich sie sie
sich aus dem Auge und verrieb sie zwischen den Fingern. Auch ohne Licht erkannte
sie, dass ein dickes Rinnsaal Blut ihre Stirn herunterlief.
    »Wo bist du, Hexe?«, schrie er nun. Seine Stimme
klang heiser und war so hoch wie

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