Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Tochter Susanna, eine quirlige, etwas oberflächliche Frau, zog ungeniert einen Liebhaber nach dem anderen an Land, während Susannas Ehemann Schulden über Schulden anhäufte und deswegen immer wieder im Turm landete. Dies alles wäre schon für eine gewöhnliche Familie anstößig genug, doch für einen Mann in der Stellung, wie sie Jacob Baur innehatte, war es schier unerträglich. Er hatte das erreicht, was Michaels Ziel aller Träume war: Er gehörte zu den Zwölf Beständigen und war Obristmeister – höher konnte ein Bürgerlicher nicht aufsteigen.
So hatte Margaretha die undankbare Aufgabe, die ärgsten Vorkommnisse vor der Öffentlichkeit zu verbergen und eine Familie zusammenzuhalten, deren Mitglieder besser alle ihrer eigenen Wege gegangen wären.
«Werft doch die Susanna samt ihrem Mann aus dem Haus. Da wärt Ihr einen ganzen Sack voll Sorgen los», schlug Catharina vor.
«Nein, das würde Jacob das Herz brechen. Die Familie ist sein Ein und Alles.»
Die beiden Frauen saßen bei heißer Milch und frischem Zimtstrudel in Bantzers Esszimmer. Draußen tobten die ersten Winterstürme, und der Kachelofen verbreitete behagliche Wärme. Catharina war nur zweimal bei Margaretha drüben gewesen und hatte kaum ihren Augen getraut, so prachtvoll und kostbar war deren Haus eingerichtet. Die Zimmer waren voll gestopft mit fein geschnitzten Möbeln und erlesenem Geschirr, und fünf Bedienstete kümmerten sich um den Haushalt. Da aber so gut wie immer Zank und Streit zwischen Phillip, Susanna und deren Mann herrschte, zogen sie es vor, sich bei Bantzers zu treffen.
Michael konnte es inzwischen kaum mehr ertragen, wenn Catharina selbständig ihrer Wege ging. Am liebsten hätte er ihr den Umgang mit ihren Bekannten verboten. Doch bei Margaretha lagen die Dinge anders: Sie war die Gattin eines der angesehensten Bürger Freiburgs, und es erfüllte ihn fast mit Stolz, dass seine Frau im Hause Baur aus und ein ging. Catharina war es einerlei, was Michael dachte, sie war nur froh, dass er sich nicht, wie so oft bei ihren Verabredungen, einmischte oder ihr irgendwelche Steine in den Weg legte. Die Begegnungen mit Margaretha Mößmerin gaben ihr in diesen trüben Zeiten Auftrieb, und sie wusste, dass sie der Beginn einer neuen Freundschaft waren.
«Bist du dir ganz sicher, dass er dich nicht hintergeht?»
Catharina sah ihren Mann herausfordernd an.
«Hör endlich auf, Catharina. Ich habe mehr von der Welt gesehen als du und besitze deshalb auch ein bisschen mehr Menschenkenntnis. Seit Jahrzehnten arbeitet Siferlin an meiner Seite, und er hat mein Vertrauen nie missbraucht. Und du siehst doch, das Geschäft floriert.»
«Vielleicht könnte es noch besser laufen. Michael, früher hast du die Bücher noch regelmäßig kontrolliert – wann hast du denn das letzte Mal hineingeschaut?»
«Himmel, was geht dich das an?» Michael wurde ärgerlich. «Willst du mir etwa darüber Vorschriften machen, wie ich meine Werkstatt zu leiten habe?»
«Darum geht es doch nicht. Ich frage mich nur, wie Siferlin so plötzlich zu diesem Wohlstand gekommen ist.»
«Vielleicht hat er geerbt», murmelte Michael, doch es klang nicht sehr überzeugt.
Catharina, die sich schon seit langem darüber wunderte, dass Siferlin so viel Geld für Kleidung ausgab und sich inzwischen wie ein Edelmann herausputzte, hatte tags zuvor in einem Gespräch mit der Köchin erfahren, dass Siferlin in einem Stall in der Vorstadt Pferd und Wagen untergestellt hatte, genauer gesagt: einen nagelneuen leichten Einspänner, der ein Vermögen gekostet haben musste.
«Michael, glaub mir, er macht sich auf deine Kosten, auf unsere Kosten ein schönes Leben.»
«Jetzt hör mir mal gut zu.» Auf Michaels Stirn erschien eine Zornesfalte, und seine Stimme wurde lauter. «Das Geschäftliche ist meine Sache, das geht dich nichts, aber auch gar nichts an. Sieh du lieber zu, dass du mein Geld nicht für so unnütze Dinge wie zum Beispiel diese dämliche Briefeschreiberei verschleuderst.»
«Aber –»
«Halt endlich das Maul», schrie er sie an und verließ das Zimmer.
An diesem Abend kam er früher als gewöhnlich nach Hause. Catharina hatte bereits gegessen und saß plaudernd mit Barbara und Elsbeth am Esszimmertisch. Sie sah sofort, dass Michael betrunken war, als er eintrat. Mit einem wütenden Blick auf die beiden Frauen brüllte er los.
«Raus mit euch, in die Küche, wo ihr hingehört!»
Erschrocken zogen sich Barbara und Elsbeth zurück. In diesem Ton hatte ihr
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