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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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aus, die Bewohner wirkten heiter. Ob hier dieser grausame Verfolgungswahn auch schon eingesetzt hatte?
    Sommerer kam mit einem großen Krug und drei Bechern zurück. Feuchte Spuren im Bart verrieten, dass er von dem Wein schon eine Probe genommen hatte.
    «So, jetzt können wir es uns gut gehen lassen.» Er begann zu erzählen. Von seinem Leben als selbständiger Fuhrmann, seinen Fahrten bei Wind und Wetter, von den Städten und Ländern, die er schon gesehen hatte.
    «Seid Ihr noch nie überfallen worden?»
    «Doch, einmal. Dabei hatte ich doppeltes Pech. Zuerst hielt mir ein Kerl, der wohl auf der Flucht war, ein Messer an den Hals und verlangte mein Pferd. Damals hatte ich noch einen Einspänner. Da saß ich nun mit meiner Wagenladung, es begann zu dämmern, und niemand kam mir zur Hilfe. Dann, als es stockdunkel war, schlichen drei Gestalten heran, zogen mir eins über den Schädel und nahmen mit, was sie nur tragen konnten. Mein Pferd habe ich übrigens am nächsten Morgen ganz in der Nähe wieder gefunden – es war keinen Reiter gewohnt und hatte seine unangenehme Last einfach abgeworfen. Aber, wie gesagt, in den ganzen zehn Jahren, die ich schon herumkutschiere, ist mir so etwas nur ein einziges Mal vorgekommen, und das war kurz vor Köln. Ihr könnt also beruhigt sein, hier am Oberrhein ist die Straße sicher und zudem gut in Schuss. Dafür sorgen sowohl die Markgräfler als auch die Vorderösterreicher. Natürlich nicht umsonst – ich lasse hier jedes Mal Unsummen an Brücken- und Wegezoll zurück.»
    «Was transportiert Ihr in der Regel?»
    «Alles, was auf meinen Wagen passt. Den höchsten Gewinn bringen Gewürze, denn sie sind sehr wertvoll, beanspruchen aber nur wenig Platz, und ich kann noch andere Waren zuladen.»
    Christoph hatte aufgehorcht. «Kennt Ihr den Gewürzhändler Stöckli aus Konstanz?»
    «Ja, für den habe ich hin und wieder Ware transportiert. Aber inzwischen habe ich genug Auftraggeber am Hochrhein, da lohnt es sich nicht mehr, bis nach Konstanz zu fahren.»
    «Ist er ein zuverlässiger Mann?»
    Sommerer zuckte die Achseln. «Nun ja, Händler sind immer Schlitzohren, das gehört zum Beruf. Ich jedenfalls hatte nie Unstimmigkeiten mit ihm. Auch von anderen hab ich nichts Nachteiliges über ihn gehört.»
    Catharina verteilte die verführerisch duftenden Pfannkuchen. «So stelle ich mir das Morgenland vor», sagte sie verträumt. «Ein Duft von Honig, Zimt und Muskat hängt in der Luft, sommers wie winters ist es warm, alles wächst und gedeiht. Allein schon der Klang der Namen: Damaskus, Kairo, Bagdad, Indien, Persien, China – und Leute wie Stöckli haben all diese Paradiese bereist.»
    «Täuscht Euch da nicht», lachte Sommerer. «Die Länder und Orte, die Ihr da eben aufgezählt habt, werden nicht von kleinen Gewürzhändlern besucht, sondern von den Karawanen der großen Handelsgesellschaften, und besonders paradiesisch geht es bei den Mohren und Heiden auch nicht gerade zu. Stöckli ist allenfalls bis Venedig oder Marseille gekommen, wo die großen Märkte für Waren aus dem Orient stattfinden.»
    «Wart Ihr schon einmal in Venedig?»
    «Nein, und es zieht mich auch nicht dorthin, selbst wenn man von den italienischen Städten so Unglaubliches hört, wie beispielsweise, dass alle Straßen mit polierten Steinplatten gepflastert und die Brunnen aus weißem Marmor gehauen sind, dass Männer wie Frauen nach Rosenöl riechen und mit Gabeln, diesen zinkenbesetzten Dingern, essen. Die Welschen sind mir nicht recht geheuer, sie sind anders als wir. Außerdem verstehe ich kein Wort ihrer Sprachen.»
    Sommerer wischte sich die honigverschmierten Finger an der Hose ab und nahm noch einen Schluck Wein.
    «Wie weit kommen wir heute noch?», fragte Christoph.
    «Ich denke, bis nach Bellingen, einem kleinen Badeort. Aber wenn wir das schaffen wollen, müssen wir jetzt aufbrechen – so angenehm es ist, mit Euch hier zu sitzen und zu plaudern.»

28
    Sie erreichten Bellingen am frühen Abend, und da ein feiner, aber stetiger Landregen eingesetzt hatte, der Glieder und Kleidung klamm werden ließ, trieb Sommerer seine Braunen in Trab und hielt schließlich vor einem kleinen, abgewirtschaftet wirkenden Gasthof. Im Schutz des Vordaches an der Längsseite des Hauses drängten sich einige Pferde im Matsch, vier, fünf Karren standen dicht nebeneinander.
    «Ich weiß ja, dass Ihr Wirtsleute seid», sagte der Fuhrunternehmer reichlich verlegen. «Umso unangenehmer ist es mir, Euch hierher zu führen.

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