Die Hexe von Freiburg (German Edition)
dieser Größe gesehen und wäre gern ausgestiegen, um diese fremde Welt der Schifffahrt genauer kennen zu lernen. Doch Sommerer drängte zur Weiterfahrt.
«Ihr werdet auf dieser Reise mehr als genug Wasser und Boote besichtigen können.»
Bis zum frühen Vormittag war vom nächtlichen Regen keine Pfütze mehr zu sehen, und die Sonne brannte heiß auf sie herunter. Sie ließen das Rheintal hinter sich, da Sommerer drei Ballen Leinen in Lörrach abzuliefern hatte. Dort, in einem Wäldchen unterhalb der Burg Rötteln, holten sie ihr Frühstück nach.
«Wir haben zwei Möglichkeiten zur Weiterfahrt», sagte Sommerer und nahm seinen Pferden den Hafersack ab. «Entweder nehmen wir den etwas längeren Weg südlich des Dinkelbergs nach Rheinfelden oder die Straße durch das Wiesental. Die ist zwar etwas bergiger und anstrengender für die Tiere, aber dafür schattiger. Ja, ich denke, wir fahren oben herum, früh genug dran sind wir, und der Wagen ist bereits halb leer.»
Dann bat er seine beiden Fahrgäste, für alle Fälle ihre Messer bereitzuhalten, da diese Strecke nicht ganz so sicher sei. Etwas beunruhigt rückte Catharina näher an Christoph. Wollte der Fuhrmann sie nur hochnehmen, oder lauerten jetzt tatsächlich Gefahren?
Ohne Zwischenfälle stießen sie kurz vor Säckingen auf den Hochrhein. Catharina konnte kaum glauben, dass dies derselbe Fluss sein sollte, dessen riesige Wasserfläche sie am Morgen bewundert hatte. Viel schmaler war er geworden, seine Trägheit hatte er verloren. Aus dem gekrümmten Lauf erhoben sich felsige Inseln und hier und da die Schaumkronen von Stromschnellen. Die Berge und Hügel des Hotzenwalds schoben sich so dicht ans Ufer, dass gerade noch Platz für die Landstraße und den Leinpfad blieb, auf dem kräftige Pferde und Ochsen ihre Schiffslast stromaufwärts zogen.
Sommerer trieb seine erschöpften Braunen an. Ohne Halt zu machen, fuhren sie an der Befestigung von Säckingen vorbei, denn die Sonne stand bereits tief.
«Wir haben zwar in Laufenburg einen sicheren Schlafplatz», wandte sich Sommerer nach hinten, «aber nach Einbruch der Nacht werden keine Wagen mehr in die Stadt gelassen.»
Gerade noch rechtzeitig erreichten sie die Tore der Habsburgerstadt. In einem Gässchen hinter der Pfarrkirche wohnte der Kaufmann, für den die restliche Fuhre bestimmt war und der Sommerer eine Schlafkammer zur Verfügung stellte. Als der Fuhrmann seine Begleiter vorstellte, ließ der dicke, gemütliche Mann unverzüglich zwei weitere Strohsäcke in die Kammer bringen.
«Es tut mir Leid, dass ich kein weiteres Bett mehr frei habe», entschuldigte er sich bei Catharina. Die lachte.
«Wenn Ihr wüsstet, was ich für eine Nacht hinter mir habe. Da erscheint mir der Strohsack in Eurer Kammer wie ein Fürstenbett.»
Christoph nahm die Einladung zum Abendessen freudig an, doch Catharina war von der langen Fahrt völlig erschöpft und zog sich zurück. Kaum hatte sie sich auf ihrem Lager ausgestreckt, fiel sie auch schon in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Am dritten Tag ihrer Reise wurde Catharina das ewige Sitzen auf dem rumpelnden Wagen zu viel.
«Am liebsten würde ich wieder zu Fuß gehen», sagte sie leise zu Christoph.
«Sag so was nicht», gab er zurück. «Wenn wir Pech haben und keinen Wagen nach Konstanz finden, müssen wir morgen den ganzen Tag marschieren.»
Hinter Waldshut verließen sie den Rhein und fuhren durch die fruchtbare Hügellandschaft des Klettgaus. Die Festung von Schaffhausen war schon in Sichtweite, als Sommerer sein Gefährt in einen schmalen Hohlweg lenkte, der bald auf ein kleines felsiges Plateau mündete.
«Euch zuliebe», wandte er sich lächelnd an Catharina, «mache ich einen Umweg. Ich will Euch etwas zeigen, das Ihr nie vergessen werdet. Steigt aus und schaut Euch den Rhein einmal von oben an.»
Neugierig traten Christoph und Catharina an den Rand des Felsrückens und sahen nur einen Steinwurf weit entfernt den Fluss zu ihren Füßen.
«Was ist denn das?»
Eine weiße Wand von der Breite einer kleinen Stadt versperrte das Flusstal. Erst auf den zweiten Blick erkannten sie, dass da ungeheure Wassermassen, die Gischt und Nebel versprühten, in die Tiefe stürzten. Sprachlos betrachtete Catharina das Schauspiel, lauschte dem dumpfen Grollen des Wasserfalls und spürte die Feuchtigkeit auf ihrer Haut.
Eine halbe Stunde später standen sie vor dem Rathaus von Schaffhausen. Der Abschied von Sommerer fiel ihnen schwer.
«Wenn ich wieder einmal nach
Weitere Kostenlose Bücher