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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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können, wem sich der lang gestreckte Seufzer entrang, der sich mit dem Ruf des Kuckucks mischte.

    Langsam lösten sie sich voneinander. Der See lag so ruhig und gelassen da wie zuvor, der Kuckuck war längst verstummt. Catharina betrachtete Christophs Brust, die sich immer noch unter schnellen Atemzügen hob und senkte. Erstaunt fragte sie sich, wieso sie davor, was eben geschehen war, jemals hatte Angst haben können. Wie ein glühender Feuerball hatte sich ihr Innerstes zusammengezogen, und auch jetzt noch verspürte sie das heftige Pochen, das nur langsam verebben wollte.
    Ihre Hände ineinander verschränkt, lagen sie lange Zeit schweigend in der Abendsonne. Wie leicht schien auf einmal das Leben, wie gering die Zwänge und Widrigkeiten der vergangenen Jahre. Sie richtete sich auf und strich Christoph das verschwitzte Haar aus der Stirn.
    «Jetzt ist alles gut. Es ist, als wären wir niemals getrennt gewesen.»
    Christoph lächelte beinahe schmerzvoll.
    «Wie konnte ich nur so lange warten. Was auch immer geschieht – ich will dich nie wieder verlassen.»
    Als von einem nahen Kirchturm das Sechs-Uhr-Läuten zu hören war, stand er auf. «Wir müssen los!»
    «Willst du denn heute Abend noch zu diesem Gewürzhändler?»
    «Nein, das hat Zeit.» Er betrachtete sie liebevoll. «Aber wir müssen noch ein Nachtquartier finden, das schönste, das es in Konstanz gibt.»
    Als sie die Stadt erreichten, wunderte sich Catharina, wie zielstrebig Christoph auf das alles überragende Münster zusteuerte und sich dann zum Obermarkt durchfragte. Vor einem stattlichen Haus blieb er stehen.
    «Hier muss es sein», murmelte er und schlug den schweren, mit einem Löwenkopf besetzten Eisenring an die Tür.
    «Das sieht nicht eben nach einer Herberge aus», sagte Catharina, doch bevor sie sich weitere Gedanken machen konnte, öffnete sich die Tür, und vor ihnen stand – Lene.

29
    Catharina war wie versteinert, als ihr bewusst wurde, wohin Christoph sie geführt hatte. Neugierig, wie ihr wart, kamt ihr gleich zur Tür gelaufen, und Catharina stand da, kreidebleich, stumm, und konnte den Blick nicht von dir abwenden. Seit deiner Geburt hatte sie dich nie wieder gesehen. Vielleicht kannst du sie verstehen, jetzt, wo du so vieles erfahren hast: Sie wollte dich nicht sehen, nicht, weil sie dich als ihr Kind nicht geliebt hätte, sondern eben, weil sie dich liebte. So sehr, Marthe-Marie, dass sie auf alles, was die Gefühle einer Mutter ausmacht, verzichtet hatte. Denn du solltest nicht bei Ordensfrauen oder im Findelhaus aufwachsen, sondern bei richtigen Eltern, in einer richtigen Familie. Und das wollte sie nicht zerstören.
    Bis tief in die Nacht saßen wir zusammen, so viel hatten wir uns zu erzählen. Leider war dein Vater, der Catharina brennend gern kennen gelernt hätte, für ein paar Tage unterwegs, und auch dein Bruder war nicht da. Matthias hatte damals ja gerade mit seiner Soldatenlaufbahn begonnen, und das kaiserliche Heer hatte ihn nach Innsbruck versetzt.
    Wie genau kannst du dich an jenen Abend noch erinnern? Du warst ja damals schon fünfzehn, und du und deine kleine Schwester, ihr hattet Catharina von Anfang an ins Herz geschlossen. Weder mit Zureden noch mit Drohungen wart ihr ins Bett zu bekommen. Irgendwann hast du gefragt, ob Catharina mit deinem Onkel verheiratet sei, und als Cathi mit dem Kopf schüttelte, sagtest du: «Dann dürft ihr auch nicht unter einer Decke schlafen.»
    Ich werde nie vergessen, wie Catharina vor Verlegenheit errötete und dich dabei anschaute. So viel Liebe war in ihrem Blick. Und als du dich neben sie auf die Bank setztest, den Kopf an ihre Schulter legtest und schließlich einschliefst, da erstrahlte in ihrem Gesicht eine Ruhe und ein Glück, wie ich es noch nie gesehen habe.
     
    Catharina konnte es nicht fassen. Der ganze Abend erschien ihr wie ein Traum. Sie hatte es sofort gesehen: Mit ihren schwarzen Haaren, den dunklen Augen und den feinen Gesichtszügen glich Marthe-Marie Catharinas Mutter, wie ihr Vater sie einst gemalt hatte. Dagegen war Franziska, die Jüngste, ein Abbild von Lene in jungen Jahren. Der vierzehnjährige Ferdinand schien nach seinem Vater zu kommen. Auch er hatte schwarze Haare, dabei jedoch helle Augen. Er wirkte schüchtern, während die beiden Mädchen die Gäste neugierig beobachteten und mit Fragen überschütteten. Als Marthe-Marie an ihrer Schulter einschlief, war Catharina selig.
    Sie bemerkte Lenes Blicke und lächelte. Lene schien verändert und doch

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