Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Freiburg komme, besuche ich Euch», versprach der Fuhrmann und nahm Catharina und Christoph herzlich in den Arm. «Ihr wart die angenehmste Reisebegleitung seit langem. Gott sei mit Euch.»
«Gott sei mit Euch, Sommerer, und behüte Euch auf Euren Reisen.»
Die wenigen Meter zum Gasthaus hinauf, das Sommerer ihnen empfohlen hatte, gingen sie zu Fuß. Der schmale Fachwerkbau besaß eine gemütliche kleine Schankstube und zwei einfache, aber saubere Schlafsäle – der eine für Männer, der andere für Frauen.
«Schade», sagte Christoph. «Ich hatte mich schon daran gewöhnt, neben dir zu schlafen.»
Nachdem sie dem Wirt ihr Gepäck in Obhut gegeben hatten, kauften sie sich auf dem Marktplatz heiße Pfannkuchen und schlenderten zur Anlegestelle. Bis in die Abendstunden sahen sie dem geschäftigen Treiben der Bootsleute und Lastträger zu. Catharina war restlos glücklich.
«Und morgen sind wir am See! Ich kann es kaum erwarten.»
Am nächsten Tag weckte Christoph sie in aller Herrgottsfrühe. Wie Sommerer ihnen geraten hatte, begaben sie sich zur Rheinbrücke, über die die Landstraße nach Stein und Konstanz führte. Auf dem Weg dorthin kam ihnen ein Menschenstrom entgegen, an dessen Spitze, bewacht von schwer bewaffneten Bütteln, drei zerlumpte Gestalten stolperten. Bei ihrem Anblick fuhr Christoph der Schreck in die Glieder – wurden nun überall im Land Hexen und Zauberer verbrannt? Die Männer, alle drei in seinem Alter, waren an Fußknöcheln und Handgelenken aneinander gefesselt, ganz offensichtlich waren sie verwundet, denn ihre Kittel waren blutverschmiert, und einer von ihnen trug einen schmutzigen Verband am Kopf. Wütend bewarfen die Menschen am Straßenrand sie mit faulem Obst und Pferdeäpfeln.
«Hängt sie auf, diese Quacksalber», riefen sie. «Ans Rad mit ihnen!»
«Was wirft man den Männern vor?», fragte Christoph einen der Umstehenden.
«Diese Hundsfötte haben gestern auf dem Markt Gelbe Rüben für Alraunen verkauft. Dafür werden sie jetzt an den Galgen geknüpft.»
«Lass uns schnell weitergehen», flüsterte Catharina.
Gegen einen, wie Christoph fand, unverschämt hohen Preis fand sich ein Krämer bereit, sie mit nach Steckborn zu nehmen. Auf seinem Karren saß es sich alles andere als bequem, und die Sonne trieb ihnen den Schweiß auf die Stirn. Doch als linker Hand das Städtchen Stein auftauchte, erhob sich eine angenehm frische Brise. Schließlich hielten sie in Steckborn, und Catharina und Christoph kletterten vom Wagen.
«Sieh mal, Christoph, der Rhein wird immer breiter.»
Der Krämer beobachtete Catharina, und ein Anflug von einem Lächeln breitete sich über sein mürrisches Gesicht. «Dachte ich es mir doch, dass Ihr Fremde seid», sagte er und spuckte aus. «Was Ihr hier seht, ist der Untersee. Die Türme da drüben gehören zu den Klosterkirchen von Reichenau, einer großen Insel, der waldige Bergrücken dahinter ist der Bodanrück. Wartet ab, bis Ihr in Konstanz seid, dort fängt der See erst richtig an.»
Trotz der Hitze machten sie sich gleich auf den Weg.
Christoph genoss es, neben Catharina den schmalen Uferweg entlangzuwandern, vorbei an üppigen Gemüsegärten und fetten Viehweiden, an schilfbesetzten Buchten, in denen flache Holzkähne schaukelten, und Kiesstränden mit glasklarem Wasser. Als sie schließlich das Wasserschloss der Konstanzer Bischöfe erreichten, runzelte er die Stirn. Hier war der See eindeutig zu Ende, und vor ihnen erhoben sich die Türme und das Münster der österreichischen Garnisonstadt. Er war verwirrt.
«Führt dieser Weg in die Stadt?», fragte er einen Fischer, der im Schatten seiner Hütte Netze ausbesserte. Der nickte.
«Immer am Rhein entlang.»
Also waren sie wieder am Rhein angekommen. Christoph warf einen verstohlenen Seitenblick auf Catharina – ob sie wohl sehr enttäuscht vom Bodensee war? Sei’s drum, es wartete ja noch eine Überraschung, eine Überraschung, mit der sie sicherlich nicht rechnete. Unwillkürlich lächelte er und beschleunigte den Schritt.
«Nun renn doch nicht so», schalt Catharina. «Und das bei dieser Hitze.» Dann blieb sie stehen.
«Sieh mal, dort, hinter der Brücke. Siehst du die Masten und Segel? Da ist ja noch ein See!»
Sie rannten los, bis sie das steinerne Geländer der Rheinbrücke erreicht hatten. Christoph traute seinen Augen nicht: Eine silbrig glitzernde Wasserfläche von unvorstellbarer Weite. Vor sich konnte er zwar noch schemenhaft eine Hügelkette ausmachen, doch wenn man
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