Die Hexe von Freiburg (German Edition)
nach rechts sah, dehnte sich der See in die Unendlichkeit, verschmolz mit dem dunstigen Sommerhimmel. So gewaltig hatte er sich den See nicht vorgestellt. Er sah hinüber zum Hafen, einem Gewirr von Masten und Segeln, von Tauen und bunten Wimpeln, und inmitten der hin und her schaukelnden Takelage Schwärme von kreischenden Möwen. Da spürte er Catharinas Arm um seine Hüften, ihren erhitzten Körper, der sich an seine Seite schmiegte.
«Danke, Christoph.»
Er sah sie an, sah die Strähnen, die sich aus ihrem hochgesteckten Haar gelöst hatten, ihre vom Laufen immer noch geröteten Wangen und die tiefschwarzen, mit Tränen gefüllten Augen. Gütiger Gott im Himmel, wie sehr er diese Frau doch liebte!
«Weißt du, was ich jetzt möchte?», sagte Catharina nach einer Weile. «Dort drüben auf der anderen Seite des Rheins, wo es so grün ist, am Seeufer sitzen und aufs Wasser schauen. Mir ist jetzt nicht nach den engen Gassen und dem Lärm einer Stadt.»
«Gut, wenn du meinst. Aber hast du noch keinen Hunger?»
«Wie sollte ich in so einem Moment Hunger haben? Komm.»
Sie überquerten die Brücke und schlenderten an einfachen Häuschen und Fischerhütten vorbei, bis der Weg endete und nur noch ein schmaler Trampelpfad durch schilfiges Gelände führte. Schließlich erreichten sie eine einsame Bucht mit einer kleinen Wiese und einem Erlengehölz, das seine langen Schatten auf den kiesbedeckten Strand warf. Catharina, die schon den ganzen Weg über die Schuhe in der Hand getragen hatte, warf sie nun mitsamt ihrem Beutel auf die Wiese und watete mit gerafftem Rock durch das flache Wasser auf einen umgestürzten Baumstamm zu.
«Das tut gut!» Sie war auf den Stamm geklettert und ließ die Füße ins kühle Wasser hängen, während die Sonne ihr den Rücken wärmte. Im Licht des späten Nachmittags hatte der See eine tiefblaue Farbe.
«Was meinst du, Christoph, wie unendlich weit weg mag das Ufer dort sein, wenn man es nicht sehen kann.»
«Wenn du genau hinschaust, kannst du Berge erkennen. Ich sehe sogar Schneefelder.»
Während sie angestrengt über das Wasser starrte, zog Christoph sich blitzschnell aus.
«Und jetzt gehe ich baden» rief er, stürzte sich bäuchlings ins Wasser und spritzte und tobte wie ein kleiner Junge.
«Cathi, komm, es ist herrlich!»
«Um Himmels willen, ich kann nicht schwimmen, und außerdem tun die Steine meinen armen Füßen weh.»
Er richtete sich auf. «Schau her, hier kannst du stehen. Und der Boden ist aus feinstem Sand.»
Sie zögerte, dann streifte sie ihre Kleidung bis aufs Hemd ab. Mit vorsichtigen Schritten tastete sie sich über die Kiesel auf Christoph zu, der sie übermütig nass spritzte.
«Na warte», rief sie und stürzte auf ihn zu. Sie packte Christophs Knie und versuchte, ihn umzuwerfen. Dabei fielen sie beide der Länge nach ins Wasser. Prustend kam Catharina wieder hoch. Ihre runden Brüste zeichneten sich unter dem nassen Hemd ab, auf ihren Armen und Schultern glitzerten die Wassertropfen in der Sonne wie Diamanten. Christoph betrachtete sie ungläubig. Er holte tief Luft und ließ sich rücklings ins Wasser fallen.
«Christoph, wo bist du?»
Hinter ihrem Rücken tauchte er auf und umarmte sie.
«Du wirst mich nie wieder los», flüsterte er ihr ins Ohr. Er spürte, wie ihre Abwehr in sich zusammenfiel wie eine brüchige Mauer, und sie küsste ihn mit einer Leidenschaft, die er niemals erwartet hätte. Er führte sie ans Ufer, ins weiche Gras, und zog sie an sich. Zitterte sie?
«Wenn du wüsstest», sagte er leise, «wie viel Angst ich davor habe, alles falsch zu machen. Außer mit Sofie war ich nie mit einer Frau zusammen.»
«Vergiss nicht die Magd aus Lehen.» Catharina legte ihm die Hand über die Augen. «Weißt du, was ich möchte? Dass du die Augen schließt und mich nicht anschaust. Versprichst du das?»
«Ich mache alles, was du willst.»
Während seine Hand jeden Zoll ihres Körpers ertastete, nahm er wahr, wie sie weich und anschmiegsam wurde und erst langsam, dann immer forscher seine Zärtlichkeiten erwiderte. Aus dem Erlenbruch drang der herbe Duft von Bärlauch, ein Kuckuck begann zu rufen. Das Rauschen der Blätter im Wind über ihnen, das sanfte Hin und Her des Sees zu ihren Füßen, die Bewegungen ihrer feuchten Leiber: Es wurde alles eins, kein Oben und Unten, kein Innen und Außen gab es mehr, nur noch ein Gefühl von Wärme und Nähe, das sich steigerte und wie eine Feuersbrunst von ihm Besitz ergriff. Er hätte nicht sagen
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